SONNENBRAND. Peter Mathys

SONNENBRAND - Peter Mathys


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ihnen entdeckte Marnie auch Roman. Er begrüßte sie mit einem freundschaftlichen Kuss.

      Die Ameise hielt noch eine Nachricht für Marnie und Roman bereit. »Passt auf, um halb neun erscheint Tschechoff mit einer Gruppe seiner Anhänger. Sie wollen zunächst bloß das Areal inspizieren, erklären sie. Aber sie werden zu Fuß, mit Fahrzeugen und mit Drohnen erscheinen. Wenn es zu Auseinandersetzungen kommen sollte, können wir auch helfen.«

      Dieser letzte Satz war das erste Anzeichen dafür, dass die Ameisen im Bedarfsfall auch einer tätlichen Auseinandersetzung nicht ausweichen würden.

      Roman wurde wie selbstverständlich als Anführer der Gruppe anerkannt, die den Ameisen wohlgewogen war. Etliche trugen Schlagstöcke mit sich. Er bildete vier Teams: eines hatte den Haupteingang zu bewachen, zwei weitere wurden zu kleinen Nebenausgängen am hinteren Ende des Exerzierplatzes delegiert, und das vierte Team hatte sich beim Ameisenhaufen zur Abwehr von Eindringlingen bereitzuhalten. Marnie hielt sich bei einem der Eingänge zum Hauptgebäude auf. Sie hatte Angst vor dem, was geschehen konnte. Ameisen krabbelten emsig an ihr vorbei und schleppten Baumaterial zum großen Haufen; alles musste bereit sein, wenn die Königin eintraf. Roman ging von Team zu Team und erteilte letzte Anordnungen. Als er Marnie entdeckte, blieb er bei ihr stehen. Sie blickte ihn an, und er sah, dass sie sich unwohl fühlte. Er legte ihr einen Arm um die Schulter und sagte:

      »Geh’ hier ins Haus, wenn es allzu heftig zugehen sollte. Da bist du geschützter. Versuche dich ein wenig zu erholen.«

      »Danke, Roman«, erwiderte sie.

      Jetzt erschien ein Meldeläufer bei Roman. Es war die Rothaarige vom Vorabend. Sie grinste und berichtete: »Die ersten Idioten sind mit zwei Wohngleitern eingetroffen, darunter natürlich Tschechoff, das Mondgesicht.«

      Roman drehte sich um und musterte den Eingang.

      Er sah die beiden Fahrzeuge. Tschechoff stieg als Erster aus; insgesamt versammelten sich zwölf Personen um den Aufseher. Die Holos, sechzehn an der Zahl, hatten sofort eine enge Mauer gebildet, welche den Zugang zum Kasernenareal versperrte. Einige Angreifer versuchten, die Mauer zu durchbrechen, es gab erste Rempeleien, aber der Widerstand war stärker. Dies änderte sich, als zwei weitere Wohngleiter mit zehn Angreifern mit Schlagstöcken eintrafen. Sie durchbrachen die menschliche Zufahrtssperre und marschierten direkt auf den Ameisenhaufen zu. Die Ameisen gingen ihren Verrichtungen nach, als wenn nichts wäre. Die Abwehrgruppe, die Roman bereitgestellt hatte, bestand aus zehn Holos und vier Originalen. Er rief eines der beiden Teams von einem der Nebenausgänge zur Verstärkung herbei. Sie verfügten nun über sechs Verteidiger mit Schlagstöcken. Damit stellten sie sich den Angreifern entgegen, und sofort brach eine handfeste Schlägerei aus. Ein Mitglied von Romans Truppe, eine Homo, wurde so schwer verletzt, dass sie mit einem Wohngleiter als Notfall heimgeschickt werden musste.

      Marnie hatte sich im Hauptgebäude in ein Zimmer zurückgezogen, das Sicht auf den Platz gewährte. Sie schaute aus dem Fenster. Auf dem Exerzierplatz war der Ameisenhaufen plötzlich von mehreren Hundert Ameisen umgeben; sie waren aufgeregt und hatten aufgehört, Bauteile, Äste und Zweige hinzutragen. Aufseher Tschechoff marschierte energisch auf den Ameisenhaufen zu, in der rechten Hand einen Schlagstock schwingend. Drei Ameisen stellten sich ihm in den Weg. Er schickte sich an, eine von ihnen mit einem Fußtritt weg zu befördern, da geschah etwas Merkwürdiges. Sein rechtes Bein, zum Tritt erhoben, und sein ganzer Körper, verharrten auf einmal reglos ohne jede Bewegung. Zwei seiner Adlaten erlitten dasselbe Schicksal, als sie versuchten, zwei Ameisen wegzukicken. Stattdessen empfingen Marnie und Roman eine Gedankenbotschaft: »Wir haben ihnen allen befohlen, sich nicht mehr zu bewegen. So können wir ungestört unsere Königin empfangen, die im Lauf der nächsten Stunde hier eintreffen wird.«

      Außerdem empfing Roman noch eine andere Botschaft: »Soeben ist eine Gruppe von sechs Drohnen von Heimland ge-startet. Unternehmt nichts. Wir werden uns darum kümmern.«

      Es war ein eigentümlicher Anblick, über zwanzig streitsüchtige Personen, die in ihren jeweiligen Stellungen erstarrt waren. Roman rief seine Mitstreiter zu sich und informierte sie über die Mitteilung der Ameisen. Marnie erschien ebenfalls. Sie sagte:

      »Wir haben die Ameisen massiv unterschätzt. Mit ihren psychischen Fähigkeiten können sie es mit jedem Gegner aufnehmen.«

      Sofort empfing sie eine Antwort. »Du hast das richtig erkannt. Ihr werdet es nicht bereuen, mit uns zusammenzuarbeiten.«

      Ein Dröhnen in der Luft, das immer näher kam, unterbrach alle Gespräche und Gedankenbotschaften. Eine halbe Minute später erschien die erste Drohne und flog eine Linkskurve in Richtung Kasernenareal. Roman und seine Truppe verhielten sich still, wie die Ameisen ihnen geraten hatten. Die Drohne hatte noch etwa zweihundert Meter zurückzulegen. Sie flog so tief, dass Roman die Köpfe des Piloten und seines Copiloten erkennen konnte. Hinten folgte die zweite Drohne und nach ihr, mit kleinem Abstand, weitere vier.

      Roman und Marnie standen in einem Eingang zum Kasernengebäude, als eine weitere Gedankenbotschaft sie erreichte. »Passt jetzt auf, was geschieht.«

      Sie hoben die Köpfe und blickten nach oben. Die erste Drohne stand in der Luft still; ihr Rotor bewegte sich so, dass sie in allen Richtungen auf Null stand. Hinter ihr geschah mit der zweiten Drohne und den folgenden dasselbe. Marnie und Roman und ihre Mitstreiter staunten fassungslos zum Himmel. Sie sahen ein reglos in der Luft hängendes Drohnenballett, ihre Rotoren drehten fast gemütlich und gaben ein hohes, summendes Geräusch von sich. Plötzlich änderte sich die Tonlage der ersten Drohne. Aus dem Summen wurde ein Zischen, und aus dem Flugkörper fuhr ein breiter Feuerstrahl zum Boden. Er verpasste den Ameisenhaufen um wenige Zentimeter, vier Ameisen fielen dem Angriff zum Opfer. Nun folgte die zweite Drohne; ihre Flamme traf das Bauwerk der Ameisen und schnitt auf der linken Seite eine breite Schneise hinein; mehr Ameisen starben.

      Roman erwachte aus seiner Starre und rief: »Flammenwerfer. Die Hunde setzen Flammenwerfer ein!«

      Noch während er über den sinnlosen Angriff schimpfte, drehten alle sechs Drohnen auf ein unsichtbares Kommando ab und flogen zur großen Exerzierwiese nebenan, die zur Militäranlage gehörte und früher als Übungsplatz gedient hatte. Sie setzten auf dem Grasboden auf. Sekunden später explodierten sie eine nach der anderen, dann herrschte Ruhe.

      Marnie fasste sich und fragte: »Was ist mit den Piloten geschehen?«

      »Wir haben sie leben lassen«, kam sofort die Antwort der Ameisen, »wie auch diejenigen hier auf dem Kasernenplatz. Wir haben sie alle so programmiert, dass sie uns lieben und uns begrüßen, wenn wir einander begegnen.«

      »Und wie geht es nun weiter?«, fragte Marnie.

      »In einer Viertelstunde kommt unsere Königin. Wir werden sie begrüßen, und danach zu dem Nest führen, das wir für sie vorbereitet haben. Sie wird uns viele Eier schenken.«

      »Wie viel ist viele?«

      »Sehr viele!«

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