Frausein zur Ehre Gottes. Hanna-Maria Schmalenbach

Frausein zur Ehre Gottes - Hanna-Maria Schmalenbach


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Frauen in innere Konflikte brachte zwischen ihrem kulturellen Empfinden und ihrem Wunsch, Gottes Willen zu erkennen und zu tun.

      Nach meiner Rückkehr aus Mexiko wurde mir bewusst, dass eine ähnliche Problematik auch viele Christen in Deutschland beschäftigt: Die Gesellschaft hat sich die Gleichberechtigung von Mann und Frau zum Ziel gesetzt, und unter jüngeren Menschen scheint diese auch selbstverständlich im kulturellen Empfinden verankert zu sein. Während viele christliche Kirchen und Gemeinden diese Entwicklung als evangeliumsgemäß begrüßen, bedeutet sie für manche eine besondere Herausforderung. Entsprechend ihrem Verständnis der Heiligen Schrift sehen sie in dieser Entwicklung eine nicht akzeptable Abweichung von der göttlichen Schöpfungsordnung, der sie sich verweigern müssen. Sich in dieser Frage der Heiligen Schrift noch einmal offen zuzuwenden, um das eigene Verständnis des biblischen Frauenbildes erneut an den biblischen Aussagen zu überprüfen, fällt oft schwer. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob eine hierarchische Geschlechterordnung in der Tat der göttlichen Schöpfungsordnung entspricht und deshalb um jeden Preis verteidigt werden muss, oder ob sie als Ausdruck kultureller und sündiger Strukturen verändert werden kann und gar sollte, ohne dem Willen Gottes zuwider zu handeln. Die Klärung dieser Frage greift tief in das evangelische Schriftverständnis konservativer Prägung hinein und wird unter anderem deshalb so kontrovers und leidenschaftlich diskutiert.1

      An dieser Stelle möchte ich all den engagierten Männern und Frauen danken, die mir in zahllosen Gesprächen den Blick für die Komplexität, Reichweite und auch Emotionalität dieser Thematik geschärft haben und mich mit ihrem großen Interesse zu dieser Arbeit ermutigt haben, obwohl mich die Schwere und Vielschichtigkeit des Themas sowie die eigene Betroffenheit manchmal fast erdrücken wollten.

      Meinen Dozenten an der Akademie für Weltmission in Korntal (jetzt European School of Culture and Theology) bin ich von Herzen dankbar für das vielseitige Handwerkszeug, das sie mir während meines Studiums für diese Arbeit in die Hand gegeben haben, und für ihre engagierte Begleitung während der Verfassung dieser Arbeit durch ermutigende Gespräche, Literaturhinweise und nicht zuletzt durch ihr anschauliches Vorbild einer natürlichen, partnerschaftlichen Geschlechterbeziehung unter Geschwistern in Christus.

      Mein besonderer Dank gilt meinem geliebten Mann, der mir in vielen Gesprächen bei jedem Schritt dieser Arbeit Mut machend zur Seite stand und sie so zu einem wichtigen Stück unseres gemeinsamen Weges werden ließ.

      Die erste Auflage dieses Buches wurde mit großem Interesse, ja vielfach mit Begeisterung und Erleichterung aufgenommen und hat vor allem Frauen Mut gemacht, ihre Gaben mit neuer Zuversicht und Gewissheit im Dienst für Gott einzusetzen.

      Seither sind 14 Jahre vergangen, und man sollte meinen, dass die Themen um die Stellung und den Dienst der Frau in Ehe und Gemeinde einer neuen Selbstverständlichkeit des gemeinsamen und partnerschaftlichen Dienstes von Mann und Frau Platz gemacht hätten. Leider ist das nicht überall der Fall. Vielmehr taucht die grundsätzliche Frage nach der göttlichen Geschlechterordnung und ihren Konsequenzen für Mann und Frau in Ehe und Gemeinde immer wieder auf und führt in christlichen Gemeinden zu tiefen Konflikten und Spaltungen. Dass diese Frage vielfach mit der Stellung eines Christen zur Autorität der Heiligen Schrift und mit Begriffen wie „Gehorsam Gottes Ordnung gegenüber“ und „Bibeltreue“ verbunden wird, gibt ihr ein großes Gewicht.

      Diese Entwicklung hat mich bewogen, eine zweite Auflage des inzwischen vergriffenen Buches anzustreben. Ich danke dem Neufeld Verlag von ganzem Herzen, dass das möglich wurde.

      Dazu habe ich das ganze Buch nochmals durchgesehen, inzwischen erschienene Literatur eingearbeitet und entsprechend dem heutigen Sprachgebrauch auch manche sprachlichen Änderungen vorgenommen.

      Die ersten beiden Kapitel sind nach wie vor eher von wissenschaftlichem (theologischem, kulturwissenschaftlichem und entwicklungsbiologischem) Interesse. Wer ein solches Interesse nicht hat, sondern vor allem die biblische Argumentation zum Thema verfolgen möchte, sei dazu ermutigt, ohne Verlust bei Kapitel 3 zu beginnen!

      Nun ist es mein Gebet, dass auch diese zweite Auflage zur Orientierungshilfe wird für diejenigen, die nach Gottes Willen im Blick auf das Geschlechterverhältnis und die Stellung der Frau suchen. Das gilt in besonderer Weise auch für die, die sich mit dieser Frage in einem Kulturkontext beschäftigen, der nicht ihr eigener ist.

       Hanna-Maria Schmalenbach

      1 Ebenfalls heftig und leidenschaftlich findet eine ähnliche Diskussion auch unter Katholiken statt (Berger 2012, 11; Lobo Gajiwala 2012; Wendel 2016, 41).

       EINLEITUNG

      Die Frage nach dem höchsten Lebensziel eines Christen beantwortet der Apostel Paulus so: „… dass wir etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit…“ (Eph 1,12). Das Leben des Christen darf und soll die Größe, Heiligkeit und den unbeschreiblichen Wert Gottes auf dieser Welt zum Ausdruck bringen. Das geschieht mitten im Leben in den vielfältigen Bezügen des Alltags in einer spezifischen kulturellen und gesellschaftlichen Situation mit ihren Pflichten und Erwartungen.

      „Nun führt euer Leben würdig des Evangeliums von Christus…“ (Phil 1,27), ermahnte Paulus dementsprechend die Gläubigen der christlichen Gemeinde in Philippi und erinnerte sie an ihre wegweisende Funktion als „Lichter in der Welt“ (Phil 2,15). Für die jungen Christen aus einer polytheistischen Gesellschaft war es eine große Herausforderung, als „untadelige Kinder Gottes inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts“ (Phil 2,15) nach völlig anderen Maßstäben zu leben, als sie es bisher gewohnt waren, und dabei gleichzeitig nach dem Vorbild des Apostels „in allen Stücken allen zu Gefallen zu leben…, damit sie gerettet werden“ (1Kor 10,33).

      Beim Übergang des Evangeliums aus dem vorwiegend jüdischen Kontext in den multikulturell-hellenistischen der verschiedenen Orte im Römischen Reich durchdachte der Apostel im Blick auf die jeweiligen spezifischen Situationen der neuen Gemeinden die praktischen Implikationen des Evangeliums und suchte gemeinsam mit den Gläubigen vor Ort nach Lösungen für ihren Lebensvollzug. Diese sollten einerseits dem Evangelium ganz entsprechen, gleichzeitig aber in ihrem kulturellen Umfeld verstanden werden und keine unnötigen Hindernisse für die Ausbreitung des Evangeliums bedeuten. Dabei musste Paulus langfristig auch die Konsequenzen für die sozialen Ordnungen des öffentlichen Lebens im Blick haben (Marshall 1981, 21; Neill 1981, 7; Westfall 2016, 160–161). In den Briefen des Apostels, besonders deutlich in 1. Korinther 8–10, werden wir Zeugen dieses Ringens.

      Menschen, die heute im interkulturellen Kontext die Botschaft des Evangeliums weitergeben, sehen sich vor ähnliche Aufgaben gestellt, wenn junge Christen aus einer anderen Kultur sie in ihre eigenen Fragestellungen an dieser Stelle einbeziehen und nach Lösungen fragen für die Umsetzung des Evangeliums in ihrem spezifischen Kontext. Das Vorgehen des Apostels Paulus ist dabei ihre wichtigste Orientierungshilfe.

      Mitarbeiter im interkulturellen Dienst müssen sich allerdings dabei mit zwei Hindernissen auseinandersetzen: zum einen mit dem historisch-kulturellen Abstand der Kultur ihrer Gegenüber zur Welt des Hellenismus im ersten Jahrhundert, in die der Apostel hineinsprach, und zum anderen mit ihrer eigenen kulturellen Prägung, die nicht zum Maßstab werden darf, nach dem die Menschen anderer Kulturen „des Evangeliums würdig“ leben sollen. Hier ist viel Feingefühl und Demut gefragt, deren Fehlen christlichen Mitarbeitern aus westlichen Kulturen von einheimischen Christen und Theologen vielfach und zunehmend angekreidet wird (Stott 1981, vii).2 Dieser Prozess des Ringens um eine angemessene „Übersetzung“ (Nicholls 1979, 65) des Evangeliums in verschiedene Kulturen spielt seit dem Lausanner Kongress (1974) in der evangelischen Missiologie eine wichtige Rolle (Beyerhaus et al. 1974, 15). Für diesen Vorgang wurde der Begriff Kontextualisierung eingeführt, der allerdings bisher nicht in allen christlichen Kreisen eine uneingeschränkt positive Aufnahme gefunden hat (Nicholls 1979, 21; Conn 1984, 163).3

      Die Beziehung zwischen Evangelium und Kultur ist in den letzten Jahrzehnten, vor allem auf Anregung nichtwestlicher Theologen, vielfach thematisiert worden, besonders intensiv auf einer vom Lausanner Komitee für Weltevangelisation


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