Seewölfe Paket 26. Roy Palmer

Seewölfe Paket 26 - Roy Palmer


Скачать книгу
den eindeutigen Auftrag, am Strand einen Brückenkopf zu bilden. Den Auftrag haben sie nicht ausgeführt. Das ist ein klarer Fall. Sabado gehörte dazu. Also muß er bestraft werden. Die anderen sind für ihre Dämlichkeit ja schon vom Feind bestraft worden.“ Acosta wollte zu einer seiner Pistolen greifen, doch sein Arm erstarrte mitten in der Bewegung.

      Prado hatte sich mit einem halben Seitwärtsschritt aus dem Halbkreis gelöst, und seine drohende Haltung war unmißverständlich.

      „Hier wird niemand mehr abgeknallt“, sagte er eisig. „Ab sofort reden wir ein Wörtchen mit. Wir sehen nämlich beim besten Willen nicht mehr ein, daß einer nach dem anderen wegen irgendwelcher dämlicher Kleinigkeiten krepieren muß. Wir waren mal zweiundzwanzig Leute. Jetzt sind wir nur noch fünfzehn. Die sieben, die tot sind, könnten noch am Leben sein. Deshalb haben wir jetzt endgültig genug, Acosta.“

      Der Schwarzbärtige nickte, grinste jovial und legte die Hände auf den Rücken, als hätte er nie eine andere Bewegung als diese vorgehabt.

      „Natürlich wird Sabado nicht zum Tode verurteilt“, sagte er in gönnerhaftem Ton. „Seine Strafe besteht lediglich in einer ernsten Verwarnung. Durch den Schreck hat er schließlich schon genug gelitten. Wenden wir uns also den vordringlichen Dingen zu.“ Er deutete mit einer knappen Kopfbewegung zum Strand. „Diese verdammten Bastarde haben uns ganz schön hereingelegt. Wenn sie uns nicht die beiden großen Jollen geklaut hätten, säßen wir jetzt nicht in der Klemme.“

      „Wenn, wenn, wenn!“ rief Prado angriffslustig. „Es war eben alles falsch.“

      Einen Moment hatte es den Anschein, als brause Acosta erneut auf. Doch er beherrschte sich und blieb ruhig.

      „Dann machen wir eben ab sofort alles richtig“, sagte er mit einem überlegenen Grinsen. „Ich habe schon alles im Kopf. Es wird folgendermaßen ablaufen …“ Er legte eine bedeutungsschwere Pause ein.

      Die Kerle starrten ihn an.

      „Wir haben kein einziges Boot mehr. Davon müssen wir ausgehen, das läßt sich nicht ändern. Wir wollen aber zur Insel, weil wir unser Gold zurückholen wollen. Soweit gut?“

      Die Kerle nickten – gereizt, jedoch zustimmend.

      „Also gut“, sagte Acosta. „Unsere Möglichkeiten sind natürlich begrenzt. Schwimmen scheidet aus, weil wir unser Pulver nicht trockenhalten könnten. Ohne Musketen und Pistolen können wir aber nichts ausrichten, weil die Bastarde da drüben sämtliche Waffen und sämtliche Munitionsvorräte von der ‚Viento Este‘ haben.“

      „Genau das ist es“, sagte Prado wütend. „Die schießen uns zusammen, bevor wir das Ufer erreichen. Wenn es nicht so wäre, hätten sie auch die kleine Jolle nicht auf Grund geschickt.“

      „Mein neuer Plan hat so ein Risiko nicht“, sagte Acosta prahlerisch. „Es gibt da nämlich eine hervorragende Möglichkeit, auf die man nur kommen muß: Wir bauen Flöße als Ersatz! Holz genug haben wir an Bord. Außerdem hat so ein Floß noch den Vorteil, daß es mit Musketenfeuer nicht versenkt werden kann.“ Beifallheischend blickte er in die Runde.

      Prado und die anderen sahen ihn an und kriegten den Mund nicht wieder zu. Selbst Sabado vergaß sein Zittern und Frieren und konnte nur noch ungläubig blinzeln.

      Prado gewann seine Fassung als erster wieder.

      „Hast du noch alle Mucks im Schapp, Acosta?“ rief er höhnisch. „Fein, wenn Flöße mit Musketenkugeln nicht versenkt werden können. Wirklich fein. Aber es gibt ja wohl einen Haken an der Sache, einen winzigen kleinen Haken – für dich wohl nicht der Rede wert.“

      „So?“ schnappte Acosta. „Was für einen Haken?“

      Die Kerle starrten ihren Anführer jetzt an, als hätten sie einen Irren vor sich.

      „So eine Floßbesatzung“, sagte Prado mit beißendem Spott, „besteht bekanntlich nicht aus Holz und ist daher höchst verwundbar. Selbst wenn wir unser Pulver trocken hinüberbringen, nutzt uns das herzlich wenig, weil sie uns nämlich vorher von dem Floß putzen wie bei einem Vergnügungsschießen für hochwohlgeborene Señores.“

      „Was willst du damit sagen?“ fragte Acosta scharf.

      Der Bootsmann der „Viento Este“ grinste verächtlich.

      „Brauchst du noch eine Extraerklärung? Die Leute auf deinen feinen Flößen hätten keinerlei Deckung und nicht den geringsten Schutz. Ich denke jedenfalls nicht daran, Selbstmord zu begehen. Als Leiche hätte ich nämlich nichts von dem Gold.“

      Die Kerle brüllten lauthals Beifall. Selbst Sabado, der vor zwei Minuten noch um sein Leben gefürchtet hatte, stimmte mit ein.

      „Das ist Meuterei!“ schrie Acosta.

      „Nenne es, wie du willst!“ schrie ein dürrer Kerl zurück, dessen Name Morro war. „Wir spielen jedenfalls nicht mit.“

      Der Schwarzbärtige sperrte den Mund auf und schnappte nach Luft. Dabei sah er aus wie ein Fisch auf dem Trockenen. Er brachte keinen Ton mehr hervor.

      Die Meute bedachte die Worte des Dürren mit grimmig geäußerter Zustimmung. Prado nickte ihm aufmunternd zu.

      „Im übrigen“, fuhr Morro fort, nachdem die anderen ruhiger geworden waren, „lassen wir unserem sehr verehrten Kapitän beim Landen herzlich gern den Vortritt. Ich habe mal von Kapitänen und Offizieren gehört, die von ihren Leuten nichts verlangen, was sie ihnen nicht selbst vorexerziert haben. Aber wir haben ja so ein Musterexemplar von Kapitän, das es vorzieht, an Bord zu bleiben und die Crew loszuschicken, damit sie für ihn die Kastanien aus dem Feuer holt.“

      „Sehr richtig!“ grölte einer aus dem Halbkreis.

      Sofort setzte erneuter gejohlter Beifall ein.

      Morro brachte die Kerle mit einer Handbewegung zur Ruhe, sah Acostas Fassungslosigkeit und war nun erst richtig in seinem Element.

      „Und wem diese Prozedur nicht paßt“, schrie er, „dem jagt unser sehr verehrter Kapitän eine Kugel in den Bauch und schickt ihn zu den Fischen! Allerdings schneidet er sich ins eigene Fleisch, dieser blitzgescheite Capitán. Wenn er nämlich einen nach dem anderen von uns abschießt“, der Dürre hielt inne und kicherte höhnisch, „dann ist schon jetzt der Zeitpunkt absehbar, an dem er überhaupt keine Mannschaft mehr hat. Und was tut er dann, unser schlauer Kapitän? Ja, dann wird er wohl allein zusehen müssen, wie er sich das Gold holt.“

      Abermals johlte die Horde lautstark Beifall.

      Morro sorgte erneut mit einer energischen Handbewegung für Ruhe. Dann wandte er sich wieder dem Schwarzbärtigen zu.

      „So geht das also beim besten Willen nicht, Acosta“, sagte er gelassen. „Als Kapitän mußt du dir schon was anderes einfallen lassen, als bloß deine Crew zu verheizen. Wohin das führt, mußt du wohl langsam einsehen.“

      Julio Acosta schluckte, und sein Adamsapfel ruckte dabei heftig auf und ab. Er mußte begreifen, daß er dieses Mal rein gar nichts tun konnte, obwohl es ihm mächtig in den Fingern juckte. Aber es hatte keinen Sinn. Denn die Strolche waren samt und sonders bewaffnet. Und sie lauerten nur darauf, daß er seine Pistole herausriß.

      Sicherlich hätte er sich Geltung verschaffen können, indem er beispielsweise Prado über den Haufen knallte.

      Oder etwa nicht?

      Er sah die Kerle an, und Zweifel keimten in ihm auf. Verdammt, ja, sie warteten nur darauf, daß er ihnen einen Grund gab, ihre Waffen zu ziehen. Prado und Morro, diese Aufwiegler, hatten ihren einfältigen Hirnen den richtigen Weg gewiesen. Wenn sie ihn töteten, dann war es eben einer weniger, mit dem sie das Gold teilen mußten. Von der Seite konnte man die Sache zweifellos auch betrachten.

      Acosta sah die grinsenden Gesichter von Prado und Morro und hatte das Gefühl, an seiner Wut ersticken zu müssen. Er wußte jedoch, daß er innerhalb von Sekunden ein toter Mann sein würde, wenn er jetzt falsch reagierte. Deshalb beschloß er, einzulenken, wenngleich es ihm höllisch schwerfiel.

      „Vielleicht


Скачать книгу