Seewölfe - Piraten der Weltmeere 146. Kelly Kevin

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 146 - Kelly Kevin


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drei Wagen bestehende Konvoi blieb schlagartig stehen.

      Philip Hasard Killigrew gab einen Fluch von sich, der selbst für einen ehrlichen Seemann ziemlich lästerlich war.

      Mit verzweifelter Hast versuchte er, auch seine Fußfesseln loszuknüpfen. Er hatte keine Chance und wußte genau, daß er es nicht schnell genug schaffen würde. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, blindlings gegen die Fesseln zu kämpfen, vielleicht hätte er warten sollen, bis auch Sam, Al und die beiden Geusen aus der Bewußtlosigkeit erwachten. Jetzt nutzten diese Überlegungen nichts mehr. Seine Gegner rückten heran, noch bevor er sich von den Stricken befreit hatte. Ihm blieb nur übrig, Al Conroy mit den gefesselten Füßen kräftig in die Rippen zu stoßen, um ihn möglicherweise doch noch zu wecken.

      „Verdammter Bastard!“ fluchte einer der Basken auf Spanisch.

      „Mistkerl!“ knirschte Hasard böse.

      Dabei zog er die Beine an, streckte die Knie – und schnellte sich mit aller Kraft über die Seitenwand des Wagens weg den Angreifern entgegen.

      Der Kampf war kurz.

      In der Schenke hatten Seewölfe und Geusen die baskischen Rebellen zwar ziemlich dezimiert, doch es blieb immer noch ein Dutzend einsatzfähiger Gegner übrig. Zu viele, als daß Hasard die Chance gehabt hätte, einem von ihnen das Messer zu entreißen und seine Fußfesseln durchzuschneiden. Er versuchte es und schlug einen der Burschen blitzschnell bewußtlos, aber da waren schon die Männer von den anderen Wagen heran und stürzten sich auf ihn.

      Sie brauchten immerhin noch fünf Minuten, um mit ihm fertigzuwerden.

      Als er wieder auf dem Wagen lag, konnte er noch ein paar Körperstellen mehr zählen, die ihm teuflisch – wehtaten. Und vor allem war er so verschnürt, daß zumindest für die nächsten Stunden jeder Gedanke an Flucht ausschied.

      Alles in allem, fand er, hätten die Aussichten gar nicht trüber sein können.

      Die „Isabella“ dümpelte friedlich im ruhigen Wasser der Bucht.

      In einiger Entfernung war der Schatten der „Hoek van Holland“ zu sehen. Die beiden Schiffe verschmolzen fast mit der Dunkelheit. Genau wie das Boot, das sich in diesem Augenblick von der Bordwand der „Hoek van Holland“ löste und zur „Isabella“ gepullt wurde.

      Ben Brighton, Dan O’Flynn und Big Old Shane empfingen die Holländer an der Jakobsleiter. Bis auf Old O’Flynn und Jeff Bowie, die auf dem Achterkastell Ankerwache gingen, hatte sich die gesamte Crew auf der Kuhl versammelt. Die Zwillinge kauerten in Gesellschaft des Schimpansen Arwenack in den Wanten, mit ernsten Gesichtern. Sie konnten inzwischen genug Englisch, um die Situation zu verstehen. Ihr Vater war mit einem Spähtrupp an Land gegangen, hatte sich mitten unter seine Feinde gewagt, um herauszufinden, wo der Holländer steckte, den sie befreien wollten, und die Männer sorgten sich, weil die Gruppe längst hätte zurück sein müssen.

      Sorgen bereiteten sich auch die Geusen, die von Jan Joerdans’ Steuermann Pieter Ameland angeführt wurden.

      „Irgend etwas muß passiert sein.“ Ameland sprach fließend Englisch, genau wie die meisten seiner Kameraden, denn England hatte den Wassergeusen schon vor langer Zeit seine Häfen geöffnet. „Jan und Friso wissen, daß wir nicht stillhalten werden. Und ich nehme an, der Seewolf weiß es auch.“

      „Sicher.“ Ed Carberry rieb sich über sein zernarbtes Rammkinn. „Freiwillig bleiben sie nicht so lange weg, das steht fest. Verdammt, ich hätte gute Lust, dieses elende Nest in Klump zu schießen und …“

      „Hast du den Verstand verloren?“ fragte Dan O’Flynn. „Es nutzt uns einen Dreck, Portugalete oder Bilbao anzugreifen.“

      „Glaubst du, das weiß ich nicht, du grüner Hering? Hast du eine bessere Idee? Willst du vielleicht auf deinem verdammten Affenarsch sitzen bleiben und warten, was, wie?“

      „Nicht so laut“, warnte Ben Brighton. „Wir liegen an der spanischen Küste, vergeßt das nicht.“

      „Als ob man das vergessen könnte“, knurrte der rothaarige Ferris Tukker. „Wir müssen was unternehmen, Ben. Und zwar sofort.“

      „Richtig. Aber wir können nichts tun, solange wir nicht wissen, was passiert ist. Ich schlage ein zweites Spähtruppunternehmen vor.“

      „Einverstanden“, sagte Pieter Ameland sofort.

      „Aber das sollte dann ein etwas größerer Trupp sein“, ließ sich Dan vernehmen. „Mindestens zwölf Mann, meine ich. Stark genug, um Hasard und die anderen notfalls irgendwo heraushauen zu können.“

      „Genau!“

      „Wie wär’s, wenn wir ein paar Brandsätze mitnähmen?“

      „Und mit Flaschenbomben können wir uns eindecken …“

      Die Stimmen schwirrten durcheinander. Ben Brighton hob beschwichtigend die Hand.

      „Die Brandsätze nutzen in der Stadt nicht viel. Mit den Flaschenbomben ist es etwas anderes. Ed, ich schlage vor, daß du und Ameland jeweils fünf Mann aussucht und ihr sofort aufbrecht.“

      „Genau! Und dann sollen die Drecksdons nur antanzen! Dan, Ferris, Stenmark, Matt …“

      Der Profos stockte.

      Sein Blick war auf den Schiffsjungen Bill gefallen, der ihn beschwörend anstarrte. Der Moses hatte in letzter Zeit mehr als einmal bewiesen, daß er mit seinen siebzehn Jahren ein vollwertiger Mann war. Und als vollwertiger Mann hatte er auch das Recht, nicht immer aus der vordersten Linie herausgehalten zu werden, weil sich die anderen immer noch für ihn verantwortlich fühlten.

      „… und Bill“, vollendete Carberry. „Macht das Boot klar! Hopp-hopp, ihr Rübenschweine! Ein bißchen schneller, oder ich ziehe euch die Haut in Streifen vom Hintern und nagele sie an die Kombüse.“

      Die Holländer grinsten.

      Sie kannten Carberrys Lieblingsspruch bereits. Genau wie den wütenden Protest des Kutschers, der den Profos aufforderte, die Hautstreifen sonstwohin zu nageln, weil er, verdammt noch mal, keine Lust habe, in einer solcherart verzierten Kombüse zu kochen.

      Pieter Ameland hatte seine Leute bereits beisammen: Marten Routs, Rogier Kerkhove, Henk Bakker von der „Oranje“ und zwei schweigsame, stämmige Brüder, die schon ihr halbes Leben gegen die Spanier gekämpft hatten. Die Männer pullten noch einmal zur „Hoek van Holland“ hinüber, um ihren Kameraden Bescheid zu geben, und inzwischen war auch das Beiboot der „Isabella“ abgefiert worden.

      Minuten später kletterten die beiden Gruppen die Klippen hinauf, um den langen Marsch nach Portugalete anzutreten.

      Die Wagen hielten am Fuß einer Felswand, die schroff in den Sternenhimmel ragte.

      Inzwischen waren die Gefangenen alle wieder bei Bewußtsein. Aber sie hatten keine Chance gehabt, etwas gegen ihre Fesseln zu unternehmen, da sie einer der Basken auf dem Kutschbock ständig im Auge behielt. Jetzt waren die Rebellen offenbar am Ziel. Hasard musterte mit schmalen Augen die Felswand, über deren Kante er den Widerschein von Lagerfeuern zu erkennen glaubte.

      Ein Plateau.

      Völlig unzugänglich, so weit der Seewolf erkennen konnte. Er beobachtete die Gestalten, die jetzt dort oben erschienen, und wenig später sah er die beiden baumelnden Strickleitern, die mit Hilfe von zwei Winden auf die Ebene hinuntergelassen wurden.

      Ein paar von den Basken enterten hinauf, die anderen bewachten die Gefangenen mit schußbereiten Musketen. Friso Eycks verzerrtes Gesicht verriet, daß er innerlich kochte. Jan Joerdans war bleich: er fühlte sich verantwortlich für ihre Lage. Aber er hatte keinen Grund gehabt, den Basken plötzlich nicht mehr zu trauen, und hatte nicht ahnen können, daß der Anführer der Rebellen auch nicht vor heimtückischem Verrat zurückscheute, um seinen Bruder und seine Kameraden aus der spanischen Gefangenschaft zu befreien.

      Oben auf dem Plateau gab es eine kurze Debatte. Untereinander verständigten sich die Basken in ihrer eigenen Sprache, die mit dem Spanischen wenig


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