Seewölfe - Piraten der Weltmeere 146. Kelly Kevin

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 146 - Kelly Kevin


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Wagen, banden ihm das freie Ende des Taus um die Brust, und dann wurde er hochgehievt.

      Den anderen erging es genauso. Wer noch keine Schrammen und Beulen davongetragen hatte, der empfing sie jetzt, denn die Basken fanden nichts dabei, ihre Gefangenen grob über die Felsen zu zerren. Hasard konnte Sam Roskill fluchen hören. Er selbst wurde bereits weitergeschleppt, quer über das unübersichtliche, zerklüftete Plateau bis zu einer Mulde, wo die Rebellen ihr Lager aufgeschlagen hatten.

      Hütten und Zelte hoben sich im Widerschein der Feuer ab. Außerdem gab es eine Höhle, vor deren Eingang eine Plane hing und die offenbar ebenfalls als Unterkunft diente. Den westlichen Rand des Plateaus konnte Hasard nicht erkennen. Er wurde einfach fallengelassen, richtete sich auf und drückte sich mit dem Rücken an einem Felsblock hoch, weil er nicht vor seinen Gegnern am Boden liegen wollte.

      Die anderen machten es genauso.

      Keuchend und mit zusammengebissenen Zähnen lehnten sie an dem Felsen: fünf erschöpfte, blutende Männer, bei deren Anblick es Wunder nahm, daß sie sich überhaupt noch auf den Beinen halten konnten. El Vasco, der als letzter die Strickleiter hochenterte, starrte sie mit einem Ausdruck widerwilliger Bewunderung an. Langsam trat er näher: ein kleiner, breitschultriger Mann, in dessen zerfurchtem Gesicht kohlschwarze, fanatische Augen funkelten. Hasard hatte den Rebellenführer nur kurz in der „Linterna Roja“ gesehen und festgestellt, daß er ein zäher, gefährlicher Kämpfer war, aber nicht gerade zimperlich in der Wahl seiner Mittel.

      Jan Joerdans spuckte aus.

      „Verräterisches Schwein“, sagte er mit eisiger Verachtung in der Stimme.

      Der Baske zuckte mit keiner Wimper. Sein Blick wanderte zu dem großen schwarzhaarigen Mann mit den eisblauen Augen hinüber.

      „Du bist der, den sie ‘El Lobo del Mar‘ nennen?“ fragte er.

      Hasard warf das Haar zurück. Auch er hatte den lebhaften Wunsch, vor seinem Gegenüber auszuspukken, aber er wußte, daß sie das nicht weiterbrachte.

      „Ja“, sagte er kalt. „Und du bist El Vasco. Der Mann, auf den die Basken ihre Hoffnung setzen. Und von dem sie morgen wissen werden, daß er ein Verräter ist, der seine Verbündeten verkauft.“

      El Vasco preßte die Lippen zusammen. Seine Augen glommen.

      „Sie werden wissen, daß ich es für das Baskenland tat. Sie werden jubeln, denn ich gebe ihnen ihre Brüder und ihre Söhne zurück.“

      „Und du glaubst, sie werden nicht danach fragen, welchen Preis du gezahlt hast?“ Hasards Augen funkelten wie Gletschereis. „Daß du mich gefangengenommen hast, werfe ich dir nicht einmal vor. Aber die Geusen sind deine Verbündeten. Es ist niederträchtigster Verrat, den du an ihnen begehst. Sie haben dir vertraut, El Vasco. Sie hielten dich für einen aufrechten Mann, nicht für einen wortbrüchigen Halunken.“

      Der Baske holte aus und schlug dem Gefesselten ins Gesicht.

      Wut verzerrte seine Züge. Eine wilde, unbeherrschte Wut, die ihre Wurzeln vermutlich im schlechten Gewissen hatte.

      „Tu dir keinen Zwang an“, sagte Hasard kalt. „Wehrlose zu schlagen, das paßt zu deinem Verrat. Willst du, daß man in Zukunft ausspuckt, wenn dein Name fällt? Weißt du überhaupt, was du tust? Weißt du, daß du nur deine Feinde stark machst?“

      El Vascos Zähne knirschten. Wild starrte er in die kalten eisblauen Augen, und als er sprach, klang seine Stimme rauh wie ein Reibeisen.

      „Du kannst mich nicht beleidigen, Engländer“, stieß er hervor. „Um deiner Geusenfreunde willen werde ich versuchen, euch nur zum Schein auszuliefern, wenn es eine Chance dazu gibt. Oder vielleicht geben sich die Spanier auch mit dir allein zufrieden, vielleicht …“

      „Das wirst du nicht tun, El Vasco“, fauchte Jan Joerdans. „Und wenn du es tust, wirst du mich töten müssen. Denn ich werde den Seewolf rächen, darauf hast du mein Wort. Und ein Geuse bricht sein Wort nicht.“

      Ihre Blicke kreuzten sich.

      Joerdans war bleich vor Zorn. Neben ihm preßte der flachshaarige Friso Eyck die Lippen zu einem harten, blutleeren Strich zusammen, auch Al Conroy und Sam Roskill fiel es schwer, nicht die Beherrschung zu verlieren. Der Seewolf warf einen Blick voller Verachtung auf seine Gegner, und es entging ihm nicht, daß einige der Basken die Szene mit unsicheren, zweifelnden Augen verfolgten.

      Mit einem tiefen Atemzug straffte El Vasco die Schultern.

      „Wie du willst, Geuse“, sagte er hart. „Ich werde dich töten, wenn es nicht anders geht.“ Und zu seinen Leuten: „Bringt sie weg! Sie bleiben gefesselt. Und paßt auf sie auf!“

      Hasard und die anderen wurden gepackt und in eine Mulde zwischen den Felsen geschleppt, aus der es mit den Fesseln an Händen und Füßen kein Entrinnen gab. Die Basken konnten ihre Gefangenen vom Feuer aus im Auge behalten. Al Conroy fluchte, weil er sich den Kopf an einer Steinkante gestoßen hatte. Jan Joerdans blickte Hasard an und grub die Zähne in die Unterlippe.

      „Es ist meine Schuld“, sagte er heiser. „Tut mir leid, daß ich euch da mit hineingezogen habe.“

      Hasard lächelte matt. Er hatte bereits damit angefangen, die Stricke an seinen Handgelenken über einen Stein in seinem Rücken zu reiben.

      „Sie konnten es so wenig ahnen wie ich, Joerdans“, sagte er ruhig. „Und außerdem haben wir jetzt Wichtigeres zu tun, als uns über vergossene Milch zu streiten.“

      2.

      Der Morgen graute bereits, als der zwölf Mann starke Spähtrupp von der „Isabella“ und der „Hoek van Holland“ Portugalete erreichte.

      Noch lag der Außenhafen von Bilbao in tiefem Schlaf, das einzige Geräusch war das Schmatzen und Gurgeln des Rio Nervión, der seine lehmbraunen Fluten ins Meer ergoß. Die Männer, die an der Küste entlangmarschiert waren, vermieden es, die Stadt selbst zu betreten. Der Seewolf und seine kleine Gruppe hatten in die „Linterna Roja“ gewollt, eine Schenke, die als Stützpunkt der baskischen Rebellen galt. Und dort, so hatten sich Ed Carberry und Pieter Ameland geeinigt, wollten sie mit ihren Nachforschungen beginnen.

      Aus schmalen Augen spähte der Profos zu der Landzunge hinüber.

      Klotzig und drohend hoben sich die Umrisse der Festung im Morgengrauen ab. Ein schmaler Pfad verlief unterhalb der Außenmauer, zeichnete die Form der Bucht nach und führte schließlich aufwärts zu den wenigen verstreuten Häusern auf der Landspitze. Eins davon war die Schenke mit dem Namen „Rote Laterne“, und um sie zu erreichen, war es notwendig, den Fluß zu überqueren.

      „Ganz schön frech, diese Basken“, stellte Dan O’Flynn fest. „So dicht vor der Nase der Spanier zu operieren.“

      „Genau deshalb kommen die Spanier nicht darauf“, sagte Pieter Ameland. „Außerdem ist die Schenke nur ein Treffpunkt. Die Basken bemühen sich, nicht den geringsten Verdacht auf den Wirt fallen zu lassen. Denn irgendwann, wenn sie stark genug sind, wollen sie den unterirdischen Gang für einen Überraschungsangriff auf die Festung nutzen.“

      „Hoffentlich schaffen sie’s.“ Dans Blick tastete die Bucht ab. „Was tun wir? Schwimmen?“

      „Bleibt uns nichts anderes übrig, wenn wir nicht eine der bewachten Brükken stürmen wollen. Also los!“

      Eilig kletterten die Männer zwischen den Felsen abwärts. Ein paar Stücke Treibholz, die ihre Waffen tragen konnten, waren schnell zusammengebunden. Nacheinander stiegen die Männer ins Wasser, Matt Davies und Ferris Tucker schleppten das behelfsmäßige Floß nach, und binnen weniger Minuten hatten sie die Bucht durchschwommen.

      Sehr vorsichtig folgten sie dem Pfad, der bedrohlich nah an der Feste vorbeiführte.

      Das letzte Stück mußten sie über roh in den Felsen gehauene Stufen aufsteigen. Ein Kiefernwäldchen schirmte die „Linterna Roja“ ab. Die Männer wollten gerade aus dem Schatten treten, als ihnen Ed Carberry ein Zeichen mit der


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