Seewölfe Paket 1. Roy Palmer

Seewölfe Paket 1 - Roy Palmer


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alle verdammte Ketzer!“

      „Verehrter Capitan“, sagte Hasard, „lassen wir doch die kirchlichen Dinge mal aus dem Spiel. Ich schätze, auch in Spanien sind nicht alle der einhelligen Auffassung, der derzeitige Papst sei ein sehr würdiger Vertreter Gottes auf Erden.“

      „Alle!“ fauchte der Capitan.

      Hasard schüttelte den Kopf. „Das glaub ich nicht, zum mindesten kann ich mir nicht vorstellen, daß alle spanischen Seeleute vernagelte Katholiken sind – die dreißig Seeleute auf der ‚Barcelona‘ zum Beispiel bestimmt nicht.“

      „Doch – alle dreißig!“

      Hasard zeigte sein charmantestes Lächeln und verbeugte sich. „Danke, Senor Capitan, das wollte ich wissen. Es ging mir nicht um die Religion. Ich wollte nur erfahren, wie stark die Besatzung der ‚Barcelona‘ ist. Meine Schätzung ist also richtig.“

      Der Capitan biß sich auf die Lippen und schien vor Wut zu platzen.

      „Man muß Niederlagen mit Fassung tragen“, sagte Hasard. „Lernt man das nicht in Spanien?“

      „Teufel!“

      „Senor Capitan“, sagte Hasard, „als Sie unten im Frachtraum Ihren knebelbärtigen Schlagetot daran hinderten, mir den Kopf einzutreten, dachte ich, Sie seien ein Mann von vornehmer und ritterlicher Gesinnung. Bitte geben Sir mir keine Veranlassung, diese Meinung zu revidieren.“

      Der Spanier wurde dunkelrot im Gesicht und drehte den Kopf weg. Er schwieg.

      Hasard wandte sich ab. Im Hinausgehen sagte er: „Paß gut auf, Smoky. Falls die Dons zu palavern anfangen, benutz den Knebel.“

      „Aye, aye, Sir.“

      Der Seewolf drehte sich im Schott noch einmal um und blickte Smoky an.

      „Kannst du mir mal erklären, was dieses ‚Sir‘ soll? Ich gehöre zum Vordeck und bin nur für diese Fahrt Kapitän.“

      „Schon.“ Smoky wand sich verlegen, kratzte sich die Brust und starrte auf seine Füße. Ohne Hasard anzusehen, sagte er: „Du – du bist eben vornehmer als unsereiner – und – und hast mehr auf dem Kasten.“

      Hasard ergriff schleunigst die Flucht.

      So sah und hörte er nicht, wie Smoky dem Capitan die Faust hinreckte und ihn anknurrte: „Sag noch einmal ‚Teufel‘ zu meinem Kapitän, und ich schlag dir die Fresse ein!“

      Der Seewolf überquerte indessen die Kuhl und betrat das Vordeck. Er warf nur einen Blick auf Gary Andrews, fuhr herum, und seine Stimme war messerscharf.

      „Kutscher!“

      Der stürzte aus der Kombüse, die Augen vor Schreck weit aufgerissen.

      „Verdammt, bist du hier der Doc an Bord oder nicht? Gary ist rotglühend!“

      „Ja – ja.“ Der Kutscher geriet ins Stottern. „Ich – ich wollte dich schon rufen, aber – aber du warst unten beim Capitan – da-da-da mochte ich nicht stören.“

      Hasard fluchte wild. „Mann, was heißt hier stören? Der Capitan ist mir scheißegal. Hier geht’s um Gary. Bist du blöd, oder was bist du? Meinst du vielleicht, dieser Capitan sei mir wichtiger als Gary?“

      Philip Hasard Killigrew wurde so richtig biestig und zeigte plötzlich eine Seite, die bislang noch keiner erkannt hatte – er selbst am allerwenigsten.

      Er stauchte den Kutscher zusammen, daß es nur so rauchte, und alle Männer – auch der Kutscher – die an Oberdeck der „Santa Barbara“ mithörten, begriffen, daß dieser schwarzhaarige, blauäugige Teufel zu einem Orkan werden konnte, wenn jemand eine ihm gestellte Aufgabe und Pflicht zu lax auffaßte.

      Außerdem ging es um Gary Andrews.

      Sie begriffen, daß dieser Killigrew niemanden von seiner Mannschaft jemals im Stich und kaltblütig verrecken lassen würde. Darum, und nur darum, fiel er mit dieser ungebärdigen Wildheit über den Kutscher her.

      Der Kutscher stand vor Hasard und schlotterte am ganzen Körper. Ferris Tucker auf dem Achterdeck sah zu, daß er aus dem Blickwinkel dieser eisblauen Augen kam. Donegal Daniel O’Flynn oben im Hauptmars starrte angestrengt über die See. Blacky schrubbte wie ein Irrer die Planken der Kuhl. Der Rudergänger steuerte haarscharfen Strich.

      Sie alle waren ungemein konzentriert – und dennoch entging keinem, was sich da auf der Kuhl abspielte.

      Dort fluchte ein Mann, weil es um das Leben eines anderen Mannes ging, der zwar nicht namenlos, aber doch minderen Ranges war, nur ein Fockmastgast ...

      „Heißes Salzwasser!“ brüllte Hasard den Kutscher an. „Und ein ausgeglühtes, scharfes Messer!“

      „Aye, aye, Sir.“

      „Scheiß auf den Sir!“ schrie der Seewolf.

      „Mannomann“, flüsterte Ferris Tucker auf dem Achterdeck vor sich hin, „der ist imstande und bringt die See zum Kochen.“

      Der Kutscher verschwand wie ein verstörtes Kaninchen in der Kombüse. Hasard beugte sich bereits über Gary Andrews, strich ihm mit der Linken sanft über die Stirn, hob ihn an und schlug ihm die Rechte an die Schläfe.

      Langsam und vorsichtig ließ er den bewußtlosen Mann zurück auf die Matratze gleiten und begann, den Brustverband zu lösen.

      „Darf ich helfen, Sir?“

      Hasard schaute hoch. Pete Ballie stand neben ihm und grinste ihn an.

      „Ich bin schon ganz in Ordnung, Sir.“ Pete Ballies Grinsen wurde noch breiter. „Ist heute nicht ein schöner Tag? Das sagtest du doch, oder?“

      Hasard lächelte. „Richtig, das sagte ich. Bist du wirklich wieder in Ordnung?“

      „Klar. War doch nur ’n Piekser.“

      „Gut. Dann heb Gary etwas an, damit ich den Verband lösen kann.“

      Pete Ballie trat an das Kopfende der Matratze, hockte sich in die Knie, griff Gary Andrews unter die Achseln und richtete ihn etwas auf.

      „Gut so?“

      „Bestens.“ Hasard wickelte den Brustverband auf, bis die Wunde frei lag.

      „Mein lieber Mann“, sagte Pete Ballie leise, „das sieht aber schlimm aus.“

      Die Schnittwunde auf der linken Brust war geschlossen, aber die Wundränder waren dick aufgequollen und knallrot. Und darunter sammelte sich Eiter.

      Der Geruch war bestialisch.

      Fast tonlos sagte Hasard: „Danke, Pete, laß ihn wieder vorsichtig auf die Matratze.“

      Behutsam bettete Pete Gary Andrews zurück. Er blickte Hasard an. „Ob wir ihn durchkriegen?“

      „Ich weiß es nicht.“

      „Mein Gott“, sagte Pete Ballie, „der alte Gary ...“ Er schnaufte. „Seit drei Jahren fahren wir beide bei Kapitän Drake. Wenn bei uns die Zähne wackelten – Gary blieb immer gesund. Ich könnte den Don erwürgen, der ihm dieses Ding beigepult hat, abmurksen könnt ich den.“

      „Pete“, sagte Hasard sanft, „das würde Gary auch nichts nutzen.“

      „Da hast du auch wieder recht.“ Er blickte auf. „Na, endlich!“

      Der Kutscher keuchte durchs Schott, setzte einen dampfenden Kessel ab und blickte Hasard scheu an.

      „Das Messer?“ Hasards Stimme war eisig.

      „Hier.“

      Hasard nahm es und tupfte kurz mit dem linken Zeigefinger auf die Klinge. Sie war glühendheiß.

      „Leinen?“

      Der Kutscher zuckte zusammen.

      Höhnisch sagte Hasard: „Hat Sir Freemont nie Leinen gebraucht, wenn


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