Seewölfe Paket 30. Roy Palmer

Seewölfe Paket 30 - Roy Palmer


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hat.“

      „Etwas ist an der ganzen Sache ebenfalls noch merkwürdig“, sagte die Señorita leise. „Das Schiff segelt nicht weiter, es liegt beigedreht und ist in den Wind gegangen. Kann mir vielleicht einer erklären, warum sie das tun?“

      „Weil sie etwas zu verbergen haben. Sie haben natürlich die Masten der Schiffe gesehen und warten nun ab, bis die Galeonen die Küste angelaufen haben. Das wird gleich der Fall sein, aber bis dahin müssen wir den Generalkapitän alarmiert haben, sonst können wir dem Kopfgeld nachtrauern.“

      „Kopfgeld – wie sich das anhört“, meinte die Frau. „Um so einen Mann ist es eigentlich schade. Er könnte ein Grande sein. Was erwartet ihn im Fall seiner Ergreifung?“

      „Man wirft ihm Hochverrat, Renegatentum, Kollaboration und Verrat an der Krone vor. Wenn sie ihn schnappen, werden sie ihn aburteilen – und danach erwartet ihn die Garotte.“

      „Wie furchtbar. Das ist doch das Würgeeisen.“

      „Ich sah mal bei einer Hinrichtung zu“, sagte José. „Da wurde dem Delinquenten ein Eisenband um den Hals gelegt, an dem sich eine Schraube befand. Der Henker drehte die Schraube zusammen, bis dem Delinquenten der Dorn in das Genick drang und ihn tötete. Manche Henker drehen die Schraube absichtlich sehr langsam zu. Es ist ein qualvoller und langsamer Tod.“

      „Hör auf, José“, bat die Frau sichtlich blaß. „Ich kann das nicht mehr hören.“

      Das kleine Bumboot wurde in eine Bucht gesteuert, wo hinter hohen Felsen die Kriegsgaleonen der Spanier vor Anker lagen. Drei mächtige Feuerspucker waren es, unterstützt von Karavellen, Schaluppen und weiteren kleineren Galeonen.

      José wußte, daß sie in ein paar Tagen nach Havanna segeln würden, um dort Geleitschutz für die Silberschiffe zu fahren.

      Er steuerte direkt die „El Lucifero“ an, einen mächtigen Dreidecker, der gerade vor Anker gegangen war. Zwei weitere Schiffe befanden sich noch draußen. Sie waren in Tanger gewesen, wo sie einen maurischen Aufstand „befriedet“ hatten.

      José, als ehemaliges Mitglied der Casa Contratación, kannte den Generalkapitän Don Miguel de Salamanca persönlich und ließ sich bei ihm melden. Es sei überaus dringend, versicherte er.

      Es dauerte auch nur ein paar Minuten, bis er vorgelassen wurde.

      Dann berichtete er, was sich zugetragen hatte.

      Etwas später herrschte auf allen Schiffen Wuhling. Alles wurde in höchste Alarmbereitschaft versetzt.

       7.

      Das Bumboot war längst verschwunden und nicht mehr zu sehen.

      Keiner an Bord der Schebecke hatte die geringste Ahnung davon, daß man Don Juan erkannt hatte und bei den Dons jetzt eine außergewöhnlich hektische Betriebsamkeit herrschte.

      Don Juan selbst hatte den Mann nicht erkannt und dachte auch gar nicht mehr an den kleinen Vorfall.

      „Die Pötte sind offenbar in den Hafen eingelaufen“, sagte Dan O’Flynn. „Es ist nichts mehr von ihnen zu sehen.“

      Hasard warf selbst noch einen Blick durch den Kieker.

      „Dann segeln wir weiter“, entschied er. „Wir werden uns nachher noch schwer genug mit dem Segeln tun, denn die West-Ost-Strömung ist sehr stark, außerdem haben wir ausgerechnet jetzt nicht den günstigsten Wind.“

      „Der einzige, der sich freuen wird, ist Arwenack“, sagte Ben. „Der sieht nachher ein paar seiner Artgenossen auf den Kalkfelsen, die sich da in Massen tummeln.“

      „So dicht werden wir den Felsen sicher nicht passieren“, entgegnete der Seewolf. „Wir halten einen geziemenden Abstand zur spanischen Küste.“

      Er wollte gerade den Befehl geben, weiterzusegeln, als Dan O’Flynn nach seinem Arm griff.

      „Da, die Segel“, sagte er. „Da gehen ein oder zwei Dons in See.“

      „Verdammt!“ entfuhr es Hasard. „Gerade jetzt. Wir segeln einen kleinen Schlag in westliche Richtung.“

      Ein paar Minuten später war eine große Kriegsgaleone zu sehen, die Kurs Süd nahm und zur afrikanischen Küste segelte. Ihr folgte eine kleinere Galeone, die ebenfalls stark armiert war. Auch die marschierte stur Südkurs und klüste hinter der anderen her.

      „Keine Gefahr“, meldete Dan nach einer Weile. „Die ehrenwerten Dons geruhen, uns nicht einmal zur Kenntnis zu nehmen. Die haben etwas anderes vor.“

      Hasard blieb trotzdem noch eine Weile abwartend auf dem Westkurs. Die Galeonen bewegten sich äußerst langsam und schwerfällig über die See.

      „Wir segeln weiter“, sagte Hasard zu Pete Ballie. „Geh auf den alten Kurs zurück, Pete.“

      „Aye, aye, Sir.“

      Weitere spanische Schiffe waren nicht zu sehen. Falls man auf sie aufmerksam werden würde, konnte ihnen nichts mehr passieren, denn die Galeonen hatten ebenso gegen die starke Strömung anzukämpfen wie sie selbst und waren noch schwerfälliger.

      Eine halbe Stunde später war der „Felsen des Tarik“ bereits verschwommen zu erkennen. Da änderte sich alles abrupt und ganz überraschend.

      Sie hatten eine Landzunge passiert, hinter der zwei spanische Galeonen lagen. Die Dons schenkten ihnen keine Aufmerksamkeit, als sie vorbeisegelten.

      Hasard grinste ein wenig. Die Dons hatten ihre Segel so schlampig ins Gei gehängt, daß sie wie lange Fahnen flatterten. Bei dem anderen Schiff waren nur die Schoten und Brassen gefiert worden. Die Segel hingen wie lange Leichentücher nieder, die der Wind bewegte.

      „Keine Lust zum Auftauchen, diese Rübenschweine, was, wie?“ lästerte der Profos. „Die pennen lieber, die Säcke.“

      „Weiß der Teufel“, murmelte Old O’Flynn vor sich hin. „Ich habe so ein lausiges Gefühl im Magen, als seien da Ameisen eingewandert.“

      „Dann besorg’ dir noch ’nen Ameisenbär“, schlug Carberry vor. „Der räumt da prächtig auf.“

      Hasard sah den Alten an, der verkniffen auf die Felsen voraus starrte. Er wollte es nicht zugeben, aber ihn hatte ebenfalls ein eigenartiges Gefühl befallen, das er sich nicht erklären konnte. Es war wie ein dumpfer Druck, der über allem lastete.

      Er wandte den Blick ab, sah nach Backbord – und schluckte unbewußt.

      Die beiden auf Südkurs laufenden Galeonen hatten ihren Kurs geändert.

      Der Feuerspucker klüste jetzt achteraus nach Nordwest, und die kleinere Galeone törnte auch nicht mehr hinterher. Sie lag auf Westkurs.

      „Eigenartig“, sagte Ben Brighton in die Stille hinein, die auf dem Achterdeck herrschte.

      „Ja, wirklich“, murmelte Hasard. „Ihr Abstand vergrößert sich ständig. Was mag das Manöver zu bedeuten haben?“

      Die Stille auf der Schebecke war fast greifbar. Alles schien den Atem anzuhalten. Die Blicke fast aller waren auf die beiden Dons gerichtet, und jeder rätselte über das seltsame Manöver.

      „Wenn ich es nicht besser wüßte, dann schätze ich, sie wollen uns von achtern in die Zange nehmen“, sagte Dan und grinste verkniffen. „Aber das ist natürlich Unsinn, wir sind immer noch schneller.“

      Die Falle der Spanier schnappte langsam zu, und an Bord hatte immer noch keiner die geringste Ahnung.

      „Schiffe voraus!“ brüllte Stenmark aus dem Ausguck.

      Da rauschten sie auch schon hinter den Felsen hervor. Zwei große Dreidecker mit gewaltigen Kanonen, ein paar Schaluppen, zwei Karavellen.

      Achteraus tat sich auch einiges.

      Die beiden Galeonen mit den schlampig aufgepackten Segeln glitten aus der Bucht und schoben


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