Seewölfe Paket 30. Roy Palmer

Seewölfe Paket 30 - Roy Palmer


Скачать книгу
nimmst mir die Sicht, Sir Hasard“, sagte der Spanier.

      „Ganz bewußt, mein Lieber. Der Señor Generalkapitän belieben nämlich gerade, durch ein Spektiv zu spähen. Deshalb nehme ich dir die Sicht und drehe den Kopf ein wenig zur Seite. Vom Profil her wird er auch mich sicher nicht kennen.“

      „Der Kerl ist ein ehrgeiziger Bullenbeißer“, erklärte Don Juan. „Ein richtiges Rübenschwein, wie ihr immer sagt. Wenn er selbst auf dem Plan erscheint, muß ein ganz schwerwiegender Grund vorliegen.“

      „Also suchen sie doch mich“, sagte Hasard ungerührt. „Sie wollen den Seewolf fangen, weiter nichts, und das ist ihnen ja vorerst auch gelungen. Ich werde Mühe haben, ihnen einzureden, daß ich ein ganz anderer bin.“

      „Du nimmst das reichlich gelassen hin, Sir.“

      „Soll ich deshalb in Tränen ausbrechen? Ich kann es leider nicht mehr ändern, und das Leben unserer Männer riskiere ich nicht, wenn es absolut unsinnig erscheint.“

      Hasard trat zur Seite, denn der Generalkapitän hatte das Spektiv wieder weggelegt.

      „Mich bedrückt noch ein Alptraum“, murmelte er Seewolf. „Wir haben leider nicht vereinbart, wie jeder von uns Spaniern heißt, die wir ja darstellen. Wenn die Kerle uns verhören, oder was immer sie vorhaben, wird es eine verdammte Menge Widersprüche geben. Aber dazu ist es nun ebenfalls zu spät. Im übrigen werde ich reden, wenn die Dons an Bord sind.“

      Die Schaluppe legte ab, nachdem der Teniente abgeentert war. Jetzt nahm sie Kurs auf die Schebecke.

      „Es geht los“, sagte Hasard.

       8.

      Der Teniente war ein blasierter Kerl mit einem dünnen Bart. In seiner Begleitung befand sich ein Corporal mit massiger Gestalt und finster blickenden Augen.

      Der Teniente hatte einen schmalen, verkniffenen Mund und durchdringend blickende Augen wie die eines Habichts. Auf seiner linken Wange befand sich eine Narbe, die bis ans Kinn reichte.

      Die beiden enterten auf. Natürlich fragte auch keiner, ob es gestattet sei, an Bord kommen zu dürfen. Das ließ ihre überhebliche Arroganz gar nicht zu.

      „Wo ist der Kapitän?“ blaffte der Teniente den Profos an, der ihn mit mürrischem Gesicht musterte und ihm am liebsten gleich den Hals umgedreht hätte.

      Carberry winkelte den Daumen ab und zeigte über die Schulter nach achtern.

      „Sie kriegen wohl Ihr Maul nicht auf, was?“ brüllte der Don.

      „Ich kann sogar mit dem Arsch wackeln“, knurrte der Profos zurück. Er war mächtig sauer.

      „Sie melden sich nachher bei mir!“ rief der Teniente. „Das ist eine Frechheit, das lasse ich mir nicht bieten!“

      „Einen Scheiß werde ich tun!“ brüllte der Profos und drehte sich um.

      Der Teniente hatte sofort stinkige Laune, und seine Lippen verkniffen sich noch mehr. Der Corporal sah noch finsterer drein.

      Die beiden marschierten mit dröhnenden Schritten nach achtern, wo Hasard, Don Juan, Ben Brighton und Dan O’Flynn standen. Es war wie Spießrutenlaufen, als sie durch die Gasse der schweigenden Arwenacks marschierten.

      „Wer ist der Kapitän?“ fragte der Teniente ungnädig.

      „Ich“, sagte Hasard, ohne sich zu rühren.

      „Name?“ Da war ein deutliches Schnarren in der Stimme.

      „Virgil Senona. Und Ihr Name?“

      „Frechheit!“ schrie der blasierte Kerl empört. „Das geht Sie überhaupt nichts an. Sie haben mich mit Teniente anzureden, oder können Sie meinen Rang nicht sehen?“

      „Ich sehe nur einen aufgeblasenen Kerl vor mir“, sagte Hasard ruhig. „Im übrigen verzichte ich darauf, Sie mit Ihrem Rang anzureden. Was wollen Sie also von einem friedlichen Handelsfahrer, indem Sie eine ganze Armada aufbieten und mit Mord und Totschlag drohen?“

      Der Don lief rot an. Seine Lippen zitterten.

      „Wir können auch anders“, drohte er. „Ich kann Sie in Eisen legen und mitsamt Ihrem Schiff an Land bringen. Dann stehen Ihnen unangenehme Zeiten bevor.“

      „Ich weiß, zu was meine Landsleute fähig sind“, sagte Hasard. „Aber wenn Sie nicht so schreien, können wir uns auch vernünftig unterhalten.“

      Hasard war ungemein erleichtert, aber auch etwas ratlos, denn er fragte sich, was die Dons wohl wollten. Sie hatten ihn nicht erkannt, das war sicher, sonst hätte es hier nur so gewimmelt.

      Aus diesem Grund beschloß er, ein wenig höflicher zu sein, um den Kerl nicht unnötig zu provozieren.

      „Was ist Ihr Heimathafen?“ fragte der Teniente.

      „Cádiz.“

      „Was haben Sie geladen?“

      „Ein wenig Gewürze, ein paar Silberbarren.“

      „Aha. Das ist nicht viel für einen Handelsfahrer auf dem Weg in die Heimat, nicht wahr?“

      „Dem stimme ich zu.“

      „Dann wollen wir uns mal über das Schiff unterhalten“, sagte der Teniente gehässig. „Ist es für einen spanischen Handelskapitän nicht etwas ungewöhnlich, ein Barbareskenschiff zu segeln?“

      „Sehr ungewöhnlich“, sagte Hasard ernst. „Aber das hängt wiederum mit dem Umstand zusammen, daß wir kaum etwas geladen haben.“

      „Das verstehe ich nicht“, sagte der Don irritiert.

      Der Corporal sagte gar nichts. Er riß nur das Maul auf und gähnte ungeniert, bis seine achteren Backenzähne sichtbar wurden.

      „Nun, ich hatte eine kleine, ältere Galeone, aber auf der Höhe der tunesischen Küste hatte ich sie nicht mehr. Da überfielen uns ein paar maurische Schnapphähne, plünderten mein Schiff aus und verbrannten es, weil es ihnen offenbar zu alt war. Wir konnten an Land entkommen und haben im Gegenzug ein paar Tage später die Schnapphähne geentert, als sie ahnungslos waren. Da ich kein Schiff mehr hatte, nahm ich mir die Schebecke. Ich denke, das war mein gutes Recht.“

      Offenbar hatte sich Hasard mit seiner Antwort einige Sympathien bei dem Teniente erworben, denn der lächelte kurz und verkniffen.

      „Das war sehr richtig“, sagte er gnädig. „Hoffentlich haben Sie die Halunken auch umgebracht.“

      „Die meisten schon.“

      „Dafür sollte man Ihnen einen Orden geben. Schlagt die Mauren tot, wo immer ihr sie antrefft.“

      „Ist das alles, was Sie wissen wollten?“ fragte Hasard. „Haben Sie in uns Mauren vermutet und daher diesen gewaltigen Aufwand getrieben?“

      Zum ersten Mal lächelte der Teniente. Der Corporal auch, aber es war mehr ein Zähnefletschen und sah gar nicht gut aus.

      Hasard gefiel auch das Lächeln des Teniente nicht. Da lag Boshaftigkeit drin. Heimtücke und Hinterhältigkeit. Er gab jedoch keine Antwort auf die Frage.

      „Können wir jetzt weitersegeln?“ fragte Hasard erleichtert.

      „Gleich, es dauert nicht mehr lange.“

      Die Arwenacks grinsten sich klammheimlich eins, daß alles so gut abgelaufen war. Etwas später erfolgte allerdings die Ernüchterung.

      Der Don trat jetzt vor Don Juan hin und musterte ihn.

      „Wer sind Sie?“ fragte er katzenfreundlich.

      „Juan Quintanas aus Sevilla, Kaufmann. Ich bin Gast an Bord und reise bis nach Cádiz mit.“

      „Sind Sie sicher?“ fragte der Don höhnisch. Er warf dem Corporal einen Blick zu und grinste


Скачать книгу