Seewölfe Paket 30. Roy Palmer

Seewölfe Paket 30 - Roy Palmer


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      „Das ist Blacky, Papa“, erklärte Gigliola rasch. „Wir haben uns vorhin kennengelernt, als du mit der Signora …“

      Nócciolo richtete flehentlich die Augen nach oben. „Der Himmel bewahre mich vor weiteren Begegnungen dieser Art! Mein Gott, was habe ich nur verbrochen, daß mir so ein Unglück widerfahren muß!“

      „Das weißt du genau“, sagte Gigliola mit neu erwachender Energie. „Hättest du nicht versucht, der Signora den stinkenden Seeteufel aufzuschwatzen, wäre überhaupt nichts passiert.“

      „Wer, zum Teufel, ist Don Marcello?“ fragte Blacky hartnäckig. „Und wer ist dieser Cóstola, daß ihr vor ihm kuscht?“

      Porfirio Nócciolo sah ihn mit geweiteten Augen an, als hätte er einen schlimmen Frevel begangen.

      Gigliola war realistischer. „Du kannst es natürlich nicht wissen“, sagte sie. „Don Marcello Struzzo ist der mächtigste Mann in der Stadt. Wer auf seiner Seite steht, ist seiner Schutzorganisation angeschlossen, das heißt, es kann ihm nie etwas passieren. Man muß allerdings gewisse Bedingungen erfüllen.“

      „Zum Beispiel eine Schutzgebühr zahlen“, sagte Blacky grimmig.

      „Woher weißt du das?“ entgegnete Gigliola erstaunt.

      „Wir waren in Sizilien. Da haben sie ähnlich merkwürdige Gepflogenheiten.“

      „Für uns ist das absolut nicht merkwürdig, Blacky. Wir müssen uns nach den geltenden Machtverhältnissen richten. Don Marcello ist daran interessiert, daß unsere Geschäfte gut laufen. Denn die Schutzgebühr wird nach der Höhe des Umsatzes berechnet. Deshalb hat Signor Cóstola natürlich sofort eingegriffen, als er sah, daß es hier einen Streit gab. Signor Cóstola ist Don Marcellos engster Vertrauter und sein Stellvertreter.“

      „Interessant“, sagte Blacky grinsend. „Und vor wem oder was schützen sie euch, die sehr Ehrenwerten?“

      „Vor allem möglichen Gesindel. Dieben, Betrügern, Plünderern.“

      „So etwas gibt es auf diesem Markt nicht mehr, seit Don Marcello den Schutz übernommen hat“, fügte Porfirio Nócciolo hinzu.

      Blacky nickte. Er grinste immer noch. „Aber es kann passieren, daß einem, der die Schutzgebühr nicht rechtzeitig zahlt, der ganze Stand in Stücke geschlagen wird.“

      „Mach dich nur darüber lustig“, erwiderte Gigliola vorwurfsvoll. „Für uns ist es bitter.“

      „Fangt nicht auch noch an, euch zu streiten“, sagte Porfirio. Er sah sich um, ließ seinen Blick über das traurig welke Gemüse gleiten und gab sich einen Ruck. „Mit dem heutigen Tag ist sowieso nicht mehr viel anzufangen. Wir packen ein und gehen nach Hause. Sie sind eingeladen, Signor Blacky. Wir haben einen guten Tropfen im Keller, und Gigliola wird Ihnen eine Pasta bereiten, von der Sie in allen folgenden Nächten träumen.“

      Blacky bedankte sich für die Einladung und sah Gigliola an, ohne daß ihr Vater es merkte. Sie lächelte verschmitzt, denn sie wußte, daß Blacky spürte, wie groß die Hoffnung ihres Vaters auf einen Schwiegersohn war.

      Aus dem Abzugsrohr quoll der Rauch des Kochfeuers und vermischte sich mit den mittäglichen Dünsten im Hafen von Cagliari auf Sardinien. Zusätzlich wehte Wasserdampf in dicken Schwaden aus dem offenen Kombüsenschott.

      Eben das war das Ungewohnte für die Arwenacks.

      Was ihr Mißtrauen weckte, war überdies die Wartezeit. Auf den Handelsschiffen ringsum hatte das Backen und Banken längst begonnen, ja, war teilweise schon beendet worden. Von einigen Schiffen wehten die Schnarchtöne seliger Mittagsschläfer herüber. Die Mittelmeersonne wärmte sie in ihrem Schlummer an Deck, und nicht einmal im Traum konnten sie sich vermutlich vorstellen, daß es ganz in ihrer Nähe ein paar arme, ausgehungerte Seelen gab.

      Einzig Hasard, Ben Brighton und die anderen auf dem Achterdeck übten sich in Geduld.

      Die Männer jedoch, die sich mittschiffs aufhielten, konnten sich kaum noch beherrschen.

      „Mir wird schlecht vor Hunger!“ rief Ferris Tucker und krümmte sich stöhnend auf seiner Taurolle.

      „Mir ist längst schlecht“, sagte Batuti augenrollend. „Richtig speiübel ist mir. Ich glaube, ich brauche den Feldscher!“

      Old Donegal Daniel O’Flynn musterte den muskelbepackten schwarzen Herkules von Kopf bis Fuß. „Du siehst in der Tat schlecht aus. Gambiamann. Wahrscheinlich leidest du an Unterernährung.“

      „Das ist es, Old Man!“ rief Batuti und entblößte das perlweiße Gebiß. „Haargenau das ist es. Ich tauge nicht mehr für die Decksarbeit. Das merke ich schon seit Tagen. Wenn ich ein Tau anfasse, ist es, als ob es ein paar Zentner wiegt.“

      „Habe ich auch festgestellt“, sagte Al Conroy, der mit dem Rücken am Beiboot lehnte und sich ebenfalls für äußerst entkräftet hielt. „Sachen, die man sonst mit links erledigt, fallen einem jetzt unheimlich schwer. Ich glaube, ich könnte nicht einmal mehr einen Weinkrug mit einer Hand halten.“

      „Das ist ein wirklich ernst zu nehmendes Anzeichen“, erklärte Edwin Carberry in seinem gewohnten Grollton. „Scheint so, als ob uns diese triefäugigen Kombüsenaffen den Landgang vermiesen wollen. Ich denke, es ist Zeit, mal nach dem Rechten zu sehen. Wahrscheinlich brauchen sie bloß ein bißchen Wind von vorn, die Zwiebelfische.“ Er erhob sich von seinem Platz an der Steuerbordverschanzung.

      Beifälliges Gemurmel einer Crew, die sich für restlos ausgezehrt hielt, begleitete ihn auf dem kurzen Weg zur Kombüse.

      Carberry, der hünenhafte Mann mit dem Narbengesicht, schob sein Rammkinn vor und beugte sich entschlossen in den wabernden Wasserdampf, der ihm entgegenwehte. Er kniff die Augen zusammen, um in der halbdunklen Hölle rings um das Kochfeuer überhaupt etwas erkennen zu können. Drinnen war der Dunst noch schlimmer. Ein seltsam teigiger Geruch, ähnlich wie in einer Bäckerei und doch anders, vermischte sich mit den Düften verschiedenster scharfer Gewürze.

      Nur nach und nach tauchten für Carberry erkennbare Konturen aus dem milchigen Weiß in der Kombüse auf. Der Kutscher und Mac Pellew rührten in großen Kochtöpfen über dem Feuer und füllten eine undefinierbare Masse mit Schöpfkellen in Tonschüsseln, die die Wärme gut hielten.

      Weiter vorn schufteten die Söhne des Seewolfs im Schweiße ihres Angesichts. Hasard junior betätigte die Kurbel eines Apparats, der ähnlich aussah wie eine Wäschepresse. Philip junior schob Klumpen dieser sonderbaren Breimasse zwischen die von Hasard junior gedrehten Walzen.

      Carberry sperrte jetzt die Augen weit auf, da sie sich an das dampfende Halbdunkel gewöhnt hatten. Die Kombüsenratten hatten ihn noch nicht einmal bemerkt. Auf der anderen Seite der Walze fiel das zusammengequetschte Ergebnis in einen Topf mit kochendem Wasser.

      Von Zeit zu Zeit schöpfte der Kutscher etwas von der Masse heraus und ließ es in einen weiteren Topf gleiten.

      Carberry räusperte sich mit einem Ton, der sich anhörte, als ob jemand mit einem Geschützladestock über eine Grätingsluke streicht.

      Er wurde kaum beachtet.

      „Bitte keine unnötige Störung!“ rief der Kutscher, ohne von seiner Rührerei und Schöpferei aufzublicken. „Wir sind sehr beschäftigt. Die Pasta erfordert höchste Konzentration.“

      „Die was?“ fragte der Profos verdutzt.

      „Die Pasta!“ rief Hasard junior und hielt dabei mit seiner Kurbelei nicht inne.

      „Die Pampe?“ Carberry wedelte den Wasserdampf vor seinen Augen weg und deutete blinzelnd auf den Brei, den Philip junior in Mengen von jeweils einer Handvoll aus einem Bottich holte und vor die Walzen klatschte.

      „Himmel noch mal!“ brüllte Mac Pellew aus der Tiefe des Kombüsendunsts. „Da krebsen wir nun schon seit Wochen in Italien herum, und dieser Mister Profos hat noch nicht mal mitgekriegt, was Pasta ist!“

      „Sieht so aus, als ob


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