Seewölfe Paket 30. Roy Palmer

Seewölfe Paket 30 - Roy Palmer


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schnalzte er zweimal mit den Fingern.

      Die Signorinas, die den Arwenacks und den anderen Seefahrern Gesellschaft leisteten, sprangen auf und eilten zum Tisch der Geschniegelten, wo sie sich neben den Kerlen niederließen und sich bereitwillig den gierigen Händen aussetzten.

      Carberry sprang auf und hieb mit der Faust auf den Tisch, daß es krachte.

      „Ho, ho!“ brüllte er und fuhr auf spanisch fort, das die meisten hierzulande verstanden: „Scheint so, als ob ich meinen eigenen Augen nicht mehr trauen kann, was, wie? Ihr seid auf der Stelle wieder hier, Signorinas, oder wir holen euch!“

      Die Geschniegelten bedachten ihn nur mit einem flüchtigen Blick und nahmen keine weitere Notiz. Consuela, von dem Bärtigen mit Beschlag belegt, schüttelte den Kopf und versuchte dem Profos mit verzweifelter Miene zu verklaren, daß man sich um Himmels willen nicht mit diesen Männern anlegen dürfe.

      Doch solche Hinweise drangen in den Schädel Carberrys beim besten Willen nicht vor. Und bei seinen Gefährten verhielt es sich kaum anders.

      Er stand auf. „Sieht so aus, Freunde, als ob dies ein gemütlicher Abend wird.“

      Die Arwenacks grinsten und erhoben sich ebenfalls.

      Am Nachbartisch führten die Geschniegelten näselnd ihre Gespräche und betätschelten dabei die bereitwilligen Ladys.

      Der Profos hielt seine Gefährten noch für einen Moment zurück.

      „Consuela!“ rief er dröhnend. „Habt ihr nicht gehört? Was fällt euch ein, einfach abzuhauen? Ich zähle bis drei. Wenn ihr dann nicht wieder hier seid …“ Er ließ den Rest seiner Drohung unausgesprochen, damit jeder, den es anging, sich seinen Teil denken konnte.

      Consuela verdrehte entsetzt die Augen.

      Die Geschniegelten taten noch immer, als wären sie die einzigen Gäste der Trattoria.

      „Eins!“ donnerte die Stimme des Profos.

      Der Bärtige unterbrach mit unwilliger Miene das Gespräch mit seinem Nebenmann und hob den Kopf, als sei eine vorwitzige Mücke an seiner Nase vorbeigeschwirrt.

      Consuela und ihre Gefährtinnen sahen aus, als würden sie am liebsten im Erdboden versinken.

      „Zwei!“

      Batuti und Smoky setzten sich als erste in Bewegung – langsam, scheinbar noch zögernd. Matt Davies folgte dem Beispiel des Gambianegers und des muskulösen Decksältesten. Wie unbeabsichtigt hob Matt seine Rechte mit der furchterregenden Hakenprothese.

      Consuela sprang als erste auf und nahm mit einem spitzen Schrei Reißaus. Die anderen folgten ihr im Abstand von Sekundenbruchteilen.

      „Drei!“ brüllte Carberry und stemmte die Fäuste in die Hüften.

      Mit gespielter Verwunderung blickte er den Signorinas nach, die in die nächstgelegene Gasseneinmündung flohen. Ihre Angstschreie und die trippelnden Schritte waren noch zu hören.

      „Ja, hat man da Töne!“ sagte der Narbenmann kopfschüttelnd. „So was von Ungehorsam!“

      Der Bärtige bereitete sich nicht einmal die Mühe, aufzustehen. Die anderen taten noch immer, als seien die Arwenacks Lebewesen von einer fremden, minderen Art, die zu beachten sich nicht lohne.

      „Ihr seid ein unverschämtes Pack“, nuschelte der Anführer durch seinen finsteren Bart. Sein Spanisch war perfekt. „Dafür müßt ihr bestraft werden.“

      Wie aus dem Nichts lag plötzlich eine silbern verzierte Radschloßpistole in seiner Rechten. Er spannte den Hahn und stützte den Kolben der Waffe auf die Tischplatte.

      Die beiden Männer, die ihm gegenübersaßen, wichen auseinander und unterhielten sich weiter. Für sie schien es die unbedeutendste Nebensache zu sein, die da am Rande geregelt werden mußte. Unangenehm war bestenfalls die Tatsache, daß der weibliche Zeitvertreib das Weite gesucht hatte.

      Carberry blinzelte ungläubig in die großkalibrige Laufmündung der kostbaren Waffe.

      „Tu das Ding weg, Mann“, sagte er, nachdem er sich von seiner Überraschung erholt hatte, „oder dir passiert ein Unglück.“

      Der Bärtige grinste spöttisch und zog durch. Das Reibrad schnurrte.

      Der Profos stand regungslos. Er duckte sich nicht einmal.

      Der Schuß krachte.

      Um Fingerbreite sirrte die Kugel über seinen kantigen Schädel weg.

      Der Bärtige zog die Brauen zusammen.

      „Schick deine Strolche los“, sagte er bissig. „Sie sollen die Weiber zurückholen, und zwar ein bißchen schnell.“ Er legte die Radschloßpistole auf den Tisch und ließ sich die Waffe seines Nachbarn zur Rechten geben. „Die nächste Kugel trifft. Darauf kannst du dich verlassen.“

      Erneut blickte der Profos in eine Mündung.

      Aber diesmal brauchte er sich nicht erst darüber aufzuregen. Die überhebliche Art, wie der Bärtige die Einschüssige in Anschlag brachte, war das Einsatzzeichen für die Arwenacks.

      Etwas zischte an Carberrys linker Schulter vorbei.

      Der Bärtige schrie auf. Die Pistole fiel aus seinen schlagartig kraftlosen Fingern auf die Tischplatte. Aus seinem rechten Oberarm ragte der Griff eines Messers. Sein Schrei wollte nicht enden. Es war mehr Wut als Schmerz darin.

      Die Arwenacks stürmten los, als die Geschniegelten eben im Begriff waren, ihrer Überraschung Herr zu werden und aufzuspringen.

      Sam Roskill, der das Messer geschleudert hatte, wechselte einen Blick mit dem Profos und grinste. Dann erntete Sam einen anerkennenden Prankenhieb auf die Schulter, daß er das Gefühl hatte, unangespitzt in den Boden gerammt zu werden.

      Der Bärtige schrie noch immer und krümmte sich über der Tischplatte.

      Carberry flankte um das Kopfende des langen Tisches herum und versetzte dem Schreihals eine schmetternde Ohrfeige. Es kehrte Ruhe ein – bis auf die erstickten und gurgelnden Laute der elegant gekleideten Signori, die sich unvermittelt angehoben fühlten, ehe sie aus eigener Kraft vollends aufspringen konnten.

      Während sich der Profos den Nebenmann des Anführers schnappte, war Sam Roskill zur Stelle und zupfte den übernächsten von der Sitzbank, einen wangenbärtigen Schönling, der an seiner Pistole zerrte, um sie aus dem Futteral zu reißen. Er schaffte es nicht mehr. Sam hieb ihm die Hand weg und legte ihn mit zwei weiteren trockenen Schlägen flach.

      Den übrigen Geschniegelten erging es ähnlich schmerzhaft.

      Carberry beförderte seinen Mann mit dem Profoshammer ins Reich der Träume. Batuti hatte einen hageren Burschen erwischt, den er mühelos anhob, vom Tisch wegtrug, dann fallen ließ und mit wenigen brettharten Hieben zu Boden hämmerte.

      Matt Davies setzte seine Hakenprothese ein, um seinem Gegner den Arm mit der schon schußbereiten Waffe herunterzureißen. Der Mann schrie gellend, bis Matt ihn mit einem Hieb der Linken neben die Sitzbank schleuderte.

      Nur noch minutenlang waren die trockenen Laute von Fausthieben, scharrende Stiefelsohlen und kurze Schmerzensschreie zu hören, die sofort erstickt wurden.

      Dann war der Bärtige der einzige, der noch auf seinem Platz hockte, wimmernd vor Schmerzen, den Kopf auf der Tischplatte. Alle anderen lagen ausgestreckt in der unmittelbaren Umgebung, mit der eleganten Kleidung auf dem von Weinlachen benetzten Steinpflaster.

      Die Seefahrer an den anderen Tischen stierten staunend.

      Carberry schickte Roger Brighton und Gary Andrews los, damit sie Consuela und ihre Gefährtinnen zurückholten.

      Der Bärtige schrie noch einmal gellend auf, als Sam Roskill ihm das Messer aus dem Oberarm zog und an seinem kostbaren Wams reinigte. Carberry brachte den Mann mit einer erneuten Ohrfeige zum Schweigen. Da er stark blutete, gab der Profos Sam und Paddy einen Wink, ihm einen Notverband anzulegen. Die Männer erledigten es im Handumdrehen.


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