Seewölfe Paket 30. Roy Palmer

Seewölfe Paket 30 - Roy Palmer


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jetzt davonschleichen“, sagte er mit einer Freundlichkeit, der jeder anhören konnte, daß sie keine war. „Und ich rate euch dringend, Amigos, laßt euch nicht wieder blicken! Sonst ziehen wir euch lausigen Affenärschen die Haut in Streifen ab und hängen sie da oben zum Trocknen auf.“ Er deutete auf die weit ausladenden Äste einer Platane ganz in der Nähe.

      Der Bärtige schluckte und schwieg. Fassungslos stierte er auf seine Kumpane, wie sie sich mühselig und stöhnend aufrappelten.

      Eine Minute später waren sie so weit, daß sie ihre Zeche bezahlen und davonwanken konnten.

      Roger und Gary kehrten mit den Signorinas zurück.

      „Jetzt feiern wir unsere Helden!“ rief Consuela begeistert, als der Bärtige und seine Kerle außer Hörweite waren.

      „Hab doch gewußt, daß es noch ein gemütlicher Abend wird“, brummte Edwin Carberry und ließ sich von der Brünetten das Rammkinn kraulen.

      „Es ist wie ein Traum“, flüsterte Gigliola und schmiegte sich fest an den muskulösen Körper des Mannes.

      Er lächelte nur und strich mit den Fingerspitzen über ihr Gesicht. Er wußte, was sie meinte, denn er empfand es ebenso. Ein freundlich aussehender Mond lugte mit seinem blassen Schmunzeln in das kleine Kammerfenster und verteilte einen Hauch von Licht. Gigliola und Blacky hatten die Bettdecke beiseite geworfen. Die matte Helligkeit verlieh ihren nackten Körpern, ihrer Haut einen seidigen Schimmer.

      Gigliolas Kammer war ein Ort geworden, der sich für sie beide von der übrigen Welt gelöst hatte. Selbst Blacky hatte das Gefühl, daß nichts anderes mehr eine Rolle spielte – wenigstens in diesen Stunden nicht. Er verschwendete keinen Gedanken an die Schebecke, an die Arwenacks und an alles, was für ihn noch bis vor kurzem wichtig gewesen war.

      Ebensowenig kümmerte es ihn, daß im Erdgeschoß der Hausherr selig schlummerte. Selbst wenn Porfirio Nócciolo nicht vom Wein benebelt gewesen wäre, hätte er vermutlich nichts dagegen gehabt, daß seine Tochter in dieser Nacht auf die Gesellschaft des schwarzhaarigen Mannes aus dem glorreichen England nicht verzichten wollte.

      Blacky grinste, ohne daß Gigliola es sehen konnte.

      Porfirio hatte den Kopf voller Tabak. Bestimmt träumte er von seinen Handelsplänen, und wahrscheinlich hatte er schon morgen eine Strategie entwickelt, wie man den Machtanspruch des Don Marcello Struzzo umgehen konnte. Natürlich würde sich nichts von dem, was der Alte plante, in die Tat umsetzen lassen.

      Gigliola hatte nur gelacht, als Blacky von dem Gespräch mit ihrem Vater berichtete. Er habe schon immer himmelstürmende Geschäftsideen gehabt, hatte sie gesagt, aber er sei eben nach wie vor Fisch- und Gemüsehändler.

      Dieser Umstand hatte Blacky in der Tat zu denken gegeben.

      Er räusperte sich. „Ich habe eine trockene Kehle“, sagte er. „Ein Schluck vom Wein des Hauses würde mir jetzt guttun.“

      Gigliola bewegte sich neben ihm, umfaßte die Härte seiner Schultern und zog sich zu ihm hoch, so daß sie ihn küssen konnte.

      „Mir scheint“, flüsterte sie, „daß du dich gern bedienen läßt.“

      „In jeder Beziehung“, erwiderte er leise. „Aber den Wein würde ich auch selber holen, wenn ich wüßte, wo ich ihn finde.“

      „Keine Sorge“, entgegnete sie kichernd. „Ich habe mir vorgenommen, dich zu verwöhnen. Aber vielleicht solltest du dir in diesem Fall die Belohnung erst verdienen.“

      Sie stieß einen kleinen Schrei aus, als er sie in den Hüften packte, ein Stück hochhob und sie im nächsten Atemzug langsam auf sich niedersinken ließ. Ihre Stimme versiegte, und sie schlang die Arme um seinen Kopf.

      Etwas krachte.

      Jäh füllte es den kleinen Raum wie mit einem Donnerschlag aus.

      Blacky spürte, wie Gigliola über ihm zusammenzuckte und vor Schreck erstarrte.

      Er selbst überwand den Schreck schneller, aber da war die junge Frau, die ihn mit ihrem atemberaubenden Körper behinderte.

      Dem Krachen folgte ein Splittern von Glas. Scherben klirrten zu Boden.

      Tür und Fenster waren gleichzeitig aufgebrochen worden.

      Blacky schaffte es fast, sich von der angstgelähmten Gigliola freizukämpfen.

      Aber die Gestalten waren bereits zur Stelle. Daß sie nach dem Lärm jetzt auf leisen Sohlen huschten, erschien Blacky widersinnig. Ihm fiel jedoch ein, daß sie diese Lautlosigkeit gebraucht hatten, um in das Haus einzudringen und sich unbemerkt anzuschleichen.

      Er wollte vom Bett hochfahren und nach seinen Waffen greifen.

      Zu spät.

      Vier Kerle waren in diesem Sekundenbruchteil neben dem Bett, und sie gingen kein Risiko ein. Mit den Kolben ihrer Pistolen schlugen sie zu.

      Blacky hörte noch, wie Gigliola vor Entsetzen schrie und gleich darauf mit einem Fausthieb zum Verstummen gebracht wurde. Dann explodierte grellfarbener Schmerz vor seinen Augen. Auch die schwächere Schmerzexplosion eines zweiten Hiebes nahm er noch wahr. Im nächsten Augenblick versank er in tiefe Bewußtlosigkeit, die ihm jegliche Empfindung ersparte.

      Als er erwachte, durchfuhr ihn etwas von der Kälte eines Eiszapfens. Etwas das schlimmer war als körperlicher Schmerz.

      „Gigliola!“ stöhnte er und tastete mit beiden Händen um sich. Sehen konnte er noch nichts.

      In seiner unmittelbaren Umgebung, so weit seine Hände reichten, war nur Stein. Rauhe Platten mit Fugen dazwischen. Ein Fußboden.

      Das Heulen des Windes drang in sein Bewußtsein.

      Gigliolas Nähe war zu berauschend gewesen. Um so grausamer drang es jetzt in sein zurückkehrendes Bewußtsein, auf welche Weise er von ihr weggerissen worden war. Ohnmächtige Wut packte ihn.

      Und damit setzten die Schmerzen in seinem Kopf ein.

      Es hämmerte und dröhnte, als hätte sich eine fremde Macht in seinem Kopf eingenistet, um ihn von innen zu sprengen. Wahrnehmungen und Gedanken wurden betäubt. Er lag regungslos auf dem Rücken, rührte sich nicht und versuchte, die Schmerzen zu überwinden. Dazu mußte er die Wut bezwingen, die sein Blut in Wallung brachte.

      Nach Minuten, die ihm wie Ewigkeiten erschienen, hatte er sich an das Hämmern und Dröhnen so weit gewöhnt, daß es seine Sinne nicht länger lahmlegte.

      Langsam, mit beträchtlicher Mühe, drehte er sich auf den Bauch und kroch so weit, bis er mit den Händen gegen eine Wand stieß. Jetzt hörte er wieder das Heulen des Windes. Es war kalt. Er begann zu frieren, Zugluft strich über ihn hinweg. Abermals drehte er sich herum, lag eine Sekunde lang schwer atmend auf dem Rücken und fing dann an, sich aufzusetzen.

      Es war eine höllische Anstrengung.

      Die Kerle mußten ihn halb totgeschlagen haben.

      Vielleicht hatten sie ihn tatsächlich für tot gehalten. Himmel, das konnte bedeuten, daß sie ihn in eine Gruft geworfen hatten – in ein gemauertes Geviert mit einer Granitplatte obendrauf!

      Panik erfaßte ihn, und sofort setzten die Schmerzen wieder heftiger ein. Keuchend zwang er sich zur Ruhe. Noch konnte er atmen, und da war auch dieser Luftzug. Er sagte sich, daß er während seiner Bewußtlosigkeit längst erstickt wäre, wenn es sich tatsächlich um eine dicht abgeschlossene Gruft gehandelt hätte.

      Nach einer wiederum quälend langen Zeitspanne schaffte er es endlich, sich mit dem Rücken an der Wand hochzuschieben.

      Sitzend hielt er inne und wartete, bis sein Atem langsamer ging und auch die Schmerzen wieder geringer wurden. Sie mußten ihm mörderische Schläge verpaßt haben. Doch sie konnten ihn nicht wirklich für tot gehalten haben. Sie mußten seinen Herzschlag und seinen Atem festgestellt haben.

      Also hatten sie einen Grund, ihn am Leben zu lassen.

      Ihm wurde bewußt, daß er die ganze Zeit über


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