Seewölfe - Piraten der Weltmeere 305. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 305 - Fred McMason


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hast doch nicht den geringsten Einfluß darauf gehabt. Du hast mich schließlich zu einem verdammten Sargtischler in die Lehre geschickt, damit ich Sargschreiner werden sollte. Aber ich bin von zu Hause ausgebüxt, weil mir das zum Hals raushing, und dann traf ich mit Hasard vor der Kneipe zusammen.“

      „Sei es, wie es sei“, maulte der alte Starrkopf. „Hätte ich dich nicht zu diesem Sargtischler geschickt, dann wärst du auch nicht ausgekniffen und somit niemals auf diesem Schiff gelandet. Also hat dein alter Vater doch wieder mal recht.“

      Himmel, ist das wieder mal eine seltsame Logik, dachte Hasard.

      „Ja, Dad“, sagte Dan ergeben, „klar hast du recht, du hast immer und ewig recht, und neben dem Ruder steht auch wirklich der Teufel, und der sieht dich verdammt merkwürdig an. Vielleicht überlegt er gerade, ob er dich mit seiner Großmutter verheiraten soll.“

      Old O’Flynn warf einen wilden Blick zum Ruder, wo er immer noch flimmernde Linien zu sehen glaubte. Dann brummte er etwas vor sich hin und stieg eilig über den Backbordniedergang zum Quarterdeck. Dort sei ihm sicherer zumute, wie er behauptete.

      Langsam drehte der Wind wieder auf Südwest zurück, und Pete ergriff das Ruder, das er so lange losgelassen hatte. Zu dieser Zeit stand die „Isabella“ südlich von Trelleborg, und zu dieser Zeit begann auch das nächste Unheil, denn Steuerbord voraus wurde eine Galeone gesichtet.

      „Deck! Dreimaster einen halben Strich Steuerbord voraus!“

      Es war der immer fröhliche und blonde Däne Nils Larsen, der das aus dem Ausguck des Großmars an Deck rief.

      Während Hasard verstanden und klar zeigte, griff Dan erneut zum Spektiv, weil er glaubte, den Punkt in der See vorhin schon mit bloßem Auge gesehen zu haben. Mit dem anderen Spektiv suchte Hasard die See ab, bis der kaum sichtbare Punkt in der Optik größer wurde.

      „Das Schiff dreht ein wenig auf uns zu, Sir“, sagte Dan, „kaum merklich zwar, aber wenn es auf dem Kurs bleibt, werden wir uns ganz dicht begegnen.“

      Da die Flagge noch nicht zu erkennen war, nickte Hasard nur und wartete vorläufig ab.

      Etwas später war auf dem Dreimaster ein Segelmanöver zu erkennen. Das Schiff ging mit dem Bug durch den Wind. Es beschrieb eine Wende, die es nach Vollendung ebenfalls auf Ostkurs brachte. Da das Manöver einige Zeit erforderte, schrumpfte die Entfernung ziemlich schnell zusammen, und jetzt war das Schiff deutlich zu erkennen. Es befand sich jetzt Backbord voraus in Lee der „Isabella“.

      „Eine dreimastige Kriegsgaleone Ihrer Majestät“, sagte Dan. „Ein Landsmann von uns.“

      „Und der erste, der uns begegnet“, meinte Ben Brighton. „Ich habe gar nicht gewußt, daß die auch hier rumkrebsen.“

      Es war wirklich eine gelungene Überraschung, fanden sie alle, hier auf einen Landsmann zu treffen, dem sie jetzt langsam auf segelten.

      Vielleicht wollten die Gentlemen von der Royal Navy ein kleines Schwätzchen halten und hatten deshalb die Wende gefahren.

      Das war durchaus üblich, wenn sich zwei Landsleute in fremden Gewässern begegneten. Man fragte nach dem Woher, Wohin, was es an Neuigkeiten gab, wurde ausgetauscht, und hin und wieder handelte man auch ein wenig mit frischem Proviant oder mit Informationen und guten Tips.

      Ein wenig sauer hatten die Arwenacks die Royal Navy ja noch im Gedächtnis durch den Schnösel Marquess Henry of Battingham, der sich unbedingt als Kommandant auf der „Isabella“ hatte sehen wollen. Aber der Marquess war eine unrühmliche Ausnahme und mittlerweile zum Stallausmisten auf die Güter seines Vaters abberufen worden.

      Immer mehr Einzelheiten wurden erkennbar. Auf dem Achterdeck der Galeone standen Uniformierte. Kapitän und Offiziere ließen sich bereits deutlich unterscheiden, und auch der Name am Heck wurde jetzt lesbar.

      „Goliath“ hieß das Schiff der Royal Navy.

      „Sieht ja nicht schlecht aus, der Eimer“, meinte Ben Brighton nachdenklich. „Aber ich hätte nicht die geringste Lust, auf einer Kriegsgaleone Dienst zu tun. Dieser ganze militärische Kram und die Knechtschaft, das widert mich an.“

      Hasard warf ebenfalls einen Blick auf das jetzt dicht vor ihnen segelnde Schiff. Er ließ Vorbram- und Großbramsegel um zwei Drittel verkürzen, damit die „Goliath“ nicht hoffnungslos zurückblieb.

      Dann waren sie fast auf Rufweite heran, und drüben hoben auf der Kuhl ein paar Kerle matt die Arme zu einer lahmen Begrüßung.

      Na ja, viel ist das ja nicht, dachte Hasard, aber immerhin mehr als vom Achterdeck, denn da waren ziemlich gleichgültige und ausdruckslose Gesichter zu sehen.

      Daß diese Burschen jedoch einen mehr als rüden Umgangston mit einem Landsmann in fremden Gewässern pflegten, wurde dem Seewolf erst klar, als drüben die Stückpforten hochflogen. Eins der bronzenen Ungeheuer schob seine bullige Schnauze hervor, spie röhrend und schnaubend einen gewaltigen Blitz in die See und ließ eine riesige Eisenkugel folgen.

      Sie donnerte fünfzig Yards vor der „Isabella“ in die See und warf eine gewaltige Säule aus Wasser hoch.

      Der Donner des Abschusses rollte noch lange grollend und grummelnd über die See.

      Das ist doch wohl die Höhe, dachte Hasard. Die feinen Gentlemen von der Navy forderten ihn mit diesem Schuß vor den Bug zu etwas auf, was sicher nicht gerade angenehm war.

      Während er noch überrascht und ärgerlich zugleich auf das Achterdeck der „Goliath“ blickte und die Arwenacks vor Verblüffung wie erstarrt dastanden, ertönte von drüben eine nicht zu überhörende Stimme: „Bleiben Sie auf Kurs und nehmen Sie Segel weg! Der Kapitän der Galeone hat sich zwecks Entgegennahme eines Befehls an Bord der ‚Goliath‘ einzufinden!“

      „Habe ich mich eben verhört?“ fragte Hasard mit kantigem Gesicht. „Was bilden sich diese Navy-Kerle eigentlich ein!“

      „Soll ich sie mal fragen, Sir?“ erkundigte sich der Profos wild.

      „Nein, das führt zu nichts. Die verstehen keine Späße. Außerdem sind alle Kanonen auf uns gerichtet, und wir sind nicht einmal feuerbereit.“

      „Aber wir haben noch die Luvposition, Sir“, meinte Dan.

      „Die hilft uns auch nicht weiter. Damit hat ja keiner gerechnet. Trotzdem lasse ich mir das nicht so einfach gefallen.“

      Hasards Empörung war echt. Diese bornierten Stiesel da drüben glaubten wohl, sie könnten tun und lassen, was ihnen gerade beliebte.

      Er trat näher an das Schanzkleid heran und blickte aus kalten Augen zu der „Goliath“ hinüber. Dabei sah er direkt in ein arrogantes hageres Gesicht, das ihn kühl und flüchtig musterte.

      „Was sind das für verdammte Manieren?“ brüllte Hasard zurück. „Ist es neuerdings üblich, friedlich segelnden Landsleuten grundlos einen Schuß vor den Bug zu setzen! Die Höflichkeit erfordert wohl zumindest, daß Sie Ihren Namen nennen. Und ich werde ihn mir gut merken.“

      Neben dem Kommandanten stand ein anderer uniformierter Mann, der jetzt etwas bestätigte und daraufhin ans Schanzkleid trat, wobei er beide Hände an den Mund legte.

      „Ihrer Majestät Kriegsgaleone ‚Goliath‘“, klang es klar und deutlich herüber, „unter dem Kommando von Kapitän Sir Andrew Clifford, Earl of Cumberland, versehen mit königlichem Kaperbrief und ausgestattet mit geheimer königlicher Order.“

      „O Gott“, sagte Hasard entsagungsvoll, „doch nicht schon wieder so ein Adliger. Der letzte reicht mir noch, dieser stupsnäsige Henry.“

      „Was sollen wir tun, Sir?“ fragte Ben ratlos. „Wir können doch nicht auf die Kerle feuern.“

      Statt einer Antwort brüllte Hasard in gleicher Lautstärke zurück: „Sir Philip Hasard Killigrew, ebenfalls mit königlichem Kaperbrief versehen und mit geheimer königlicher Order unterwegs! Das kann ich auch mit Papieren belegen!“

      Wenn jemand glaubte, das


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