Seewölfe - Piraten der Weltmeere 305. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 305 - Fred McMason


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war da ein menschenverachtender Zug in seinem Gesicht, der Hasard gar nicht gefiel. Der Earl tat bestenfalls so, als hätten die Worte ihn beleidigt oder ein schäbiger Bettler hätte es gewagt, ihn anzusprechen.

      „Wenn Sie dem Befehl nicht Folge leisten, Kapitän Killigrew“, brüllte es wieder herüber, „dann sehen wir uns gezwungen, eine Breitseite in Ihre Wasserlinie abzufeuern!“

      „Verdammtes Lausepack“, schimpfte der Seewolf leise. „Diese bornierten Affen würden nichts lieber tun, ich sehe das schon an den Gesichtern. Die behandeln uns wie den letzten Dreck.“

      Der Seewolf kochte zwar vor Zorn, aber er mußte sich vorerst der Gewalt und dem Befehl beugen. Drüben waren die Kanonen ausgerannt, und daß die Kerle sie einsetzen würden, bezweifelte er keinen Augenblick. Auf der „Isabella“ waren nur zwei Drehbassen einsatzbereit, und damit konnten sie nichts anfangen. Bevor die ihren Eisenhagel ausspien, ging die „Isabella“ längst auf Tiefe.

      „Das Schiff will der Kerl bestimmt nicht“, sagte Dan besänftigend. „Ich glaube es jedenfalls nicht“, schränkte er ein. „Vermutlich kriegen wir nur den Befehl, einen Hafen anzulaufen und dort etwas auszurichten, was diese Trottel vergessen haben.“

      „Dein Wort in Gottes Ohr“, meinte Hasard. „Ich befürchte Schlimmeres, sonst hätte man uns das auch ganz anders mitteilen können.“

      Er wandte sich an Ben, warf noch einen Blick auf das neben ihnen segelnde Schiff und hob in hilflosem Ärger die Schultern.

      „Laß in den Wind drehen, Ben, und das kleine Boot abfieren. Und unternimm vorläufig nichts auf eigene Faust. Und sage Bill, er soll mir die Geheimorder und den Kaperbrief an Deck bringen.“

      „Aye, Sir“, murmelte Ben, dem das alles ebenfalls nicht paßte, hauptsächlich dieser befehlende Ton der Navy-Leute nicht. „Und wer soll dich hinüberpullen?“

      „Mir egal“, antwortete Hasard unwirsch. „Du wirst ja wohl noch zwei Mann auftreiben können.“

      Hasard nahm die Papiere entgegen, die Bill brachte, und enterte ab zur Kuhl, wo die Manöver begannen. Er ließ sich Zeit und trieb die Arwenacks auch nicht an. Sollten die Kerle da drüben doch warten. Aus den Augenwinkeln sah er, daß die Kanonen alle besetzt und feuerbereit waren. Seesoldaten und Kanoniere standen mit glimmenden Luntenstöcken bereit.

      Wahnsinn, sich jetzt auf ein Abenteuer einzulassen, überlegte er. Die Mehrheit seiner Männer hätte das garantiert nicht überlebt, und das Leben seiner Männer betrachtete er stets als das höchste Gut.

      „Sir“, sagte der Profos treuherzig, „wenn du nichts dagegen hast, werden Ferris und ich dich zu dem durchlauchten Rübenschwein pullen. Was mag dieser Löli nur von uns wollen?“

      „Was heißt das denn schon wieder?“

      „So nennt man in Dänemark die Dorftrottel, Sir“, erklärte Ed.

      „Du scheinst über die Ostsee einiges gelernt zu haben. Wir werden ja sehen, was er will, bestimmt nichts Gutes. Wenn wir Glück haben, kassiert er nur einen Teil unseres Proviants. Aber auf soviel Glück hoffe ich nicht einmal im Traum.“

      Die Segelmanöver waren beendet, die „Isabella“ in den Wind gedreht. Die „Goliath“ war diesem Manöver gefolgt wie ein Fuchs der Gans, mißtrauisch, aber trotzdem schnell.

      „Übrigens“, sagte Hasard zu Ed, „deinen sogenannten Löli kannst du vergessen, der Kerl ist alles andere als ein Trottel. Das ist ein kalter, berechnender und arroganter Menschenschinder. Das zeigt sein Gesicht in aller Deutlichkeit.“

      „Ja, so sieht er aus. Die anderen Kerle auf dem Achterdeck scheinen auch nicht besser zu sein.“

      Hasard überprüfte noch einmal seine Ledermappe, die Geheimorder und Kaperbrief enthielt. Ben Brighton übernahm während seiner Abwesenheit das Kommando über die „Isabella“.

      Ferris Tucker enterte mit hochrotem Schädel ab. Auch er ärgerte sich über den rüden Umgangston des Earls und seiner Offiziere und überlegte krampfhaft, was sie wohl zu tun beabsichtigten. Gleich darauf folgte auch der Profos mit kantig vorgeschobenem Rammkinn und einem Blick, der absolut nichts Gutes verhieß.

      Auf der Kuhl enterte auch der Seewolf ab, stieg über die Stufen, die dicht am Quarterdeck außenbords führten, und setzte sich in das Boot.

      „Wird schon schiefgehen“, murmelte er in die besorgten Gesichter, die sich über das Schanzkleid beugten. „Aber keine Unbesonnenheiten bitte! Vielleicht ist alles ganz harmlos.“

      Daran glaubte er jedoch selbst nicht, als er einen Blick auf die Kriegsgaleone warf, der sie nun entgegenpullten.

      „Die fahren unterbemannt“, stellte er nach einem kurzen Blick fest. „Für die Größe des Schiffes sind es zu wenige Leute. Wahrscheinlich haben sie bei einem Gefecht Verluste erlitten.“

      Drüben wurde ein Jakobsleiter abgefiert. Neben ihr stand ein junger hochmütig blickender Kerl, der sie gar nicht zu sehen schien. Sein Blick war stur über das Wasser auf die „Isabella“ gerichtet. Auf dem Achterdeck standen die Offiziere immer noch wie hölzerne Marionetten herum, die Arme auf dem Rücken verschränkt, als seien sie erstarrt.

      Aus der Nähe sah das Schiff nicht mehr so neu aus. Da gab es mehrfach geflickte Planken, da hatte auch das Schanzkleid der Kuhl anscheinend unliebsame Bekanntschaft mit einer Kanonenkugel geschlossen. Der Großmast war rissig, auf die Segel waren grobe Flicken genäht, und dicht unter der Wasserlinie war Muschelbewuchs zu erkennen. Ganze Bärte von Tang hatten sich da angesiedelt und wurden mitgeschleppt.

      „Bleibt an der Bordwand liegen“, sagte Hasard, als das Boot längsseits schor und von Ferris an der Leiter vertäut wurde.

      „Aye, aye, Sir“, sagten alle beide. Ihre Stimmen klangen irgendwie heiser.

      Weiß der Teufel, was uns wieder einmal bevorsteht, dachte Hasard, als er aufenterte.

      2.

      Es gab keine Begrüßung, wie sie sonst unter Landsleuten üblich war. Der Empfang durch den jungen Stiesel war kalt und arrogant. Vermutlich gehörte er auch der durchlauchten Clique an.

      Hasard bemerkte aber auch noch etwas anderes. Das Schiff befand sich in keinem guten Zustand, die Mängel, die es aufwies, traten aus der Nähe kraß und deutlich hervor, und über allem lag ein merkwürdiger muffiger Geruch nach ungelüfteten Räumen.

      Die Gesichter der Mannschaft gaben ihm allerdings noch mehr zu denken. Da war nichts Fröhliches in diesen Gesichtern, da stand unterdrückter Haß darin, Haß und Wut auf die Schiffsführung, die das niedere Decksvolk erbarmungslos knechtete. Die Atmosphäre dieses Schiffes war vergiftet. Hier schlichen selbst die Kakerlaken mit einem biestigen Grinsen herum. Hier herrschten Verdrossenheit und Unmut, es sah fast so aus, als wäre jeder einzelne dieser Männer ein heimlicher Rebell.

      Das einzige Zeichen von Gemütsbewegung, das der Seewolf feststellen konnte, war eine gewisse angebrachte Neugier. Augen sahen ihm nach, Augen, in denen gleich wieder Angst erschien, als hätten sie durch diesen heimlichen Blick schon zuviel verraten.

      Der in Navy-Uniform gekleidete Schnösel, er war höchstens sechzehn Jahre alt, hielt es nicht für nötig, Hasard wenigstens formell zu begrüßen, und so übersah Hasard den Kerl einfach, durchquerte die Kuhl und betrat mit finsteren Blicken das Achterdeck.

      Dort war die Atmosphäre noch frostiger, fast schon peinlich. Fünf Männer hielten sich dort auf, der Earl, drei Offiziere und noch ein weiterer Uniformierter, den Hasard dem Rang nach nicht einordnen konnte. Möglicherweise war er der Quartermaster.

      Der Earl selbst trug eine lange blaue Jacke mit silbernen Knöpfen. Hosen von derselben Farbe endeten unterhalb des Knies und gingen in weiße Strümpfe über, die wiederum in kostbaren Schnallenschuhen endeten.

      An der Seite trug er einen Degen, auf dessen Knauf er leicht die Hand legte.

      Auch das Gesicht des ehrenwerten Grafen von Cumberland


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