Seewölfe - Piraten der Weltmeere 305. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 305 - Fred McMason


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      Das überlegene Grinsen kroch weiter durch die Mundwinkel. Die adelige Achterdecks-Clique sah sich siegesgewohnt an. Gleichzeitig war das Grinsen eine weitere Ohrfeige für den Seewolf und nichts als eine profane Beleidigung.

      „Dann können Sie gehen, Mister Killigrew“, sagte der Earl herablassend. „Zögern Sie nicht zu lange, die Leute zu überstellen, es könnte Ihr Nachteil sein. Und natürlich nur das beste Material, große, kräftige und gesunde Männer, wenn ich bitten darf.“

      „Aye, aye, Sir“, sagte Hasard. Diesmal war er es, in dessen Mundwinkel sich ein überlegenes Lächeln geschlichen hatte, aber das fiel niemandem auf. Schließlich hatte dieser Killigrew ja auch zu kuschen, vor der Navy und dem hochlöblichen Adel.

      „Sir?“ fragte der Schlachter-Profos untertänigst, weil man ihn offenbar vergessen hatte.

      „Verschwinden Sie vom Achterdeck!“ herrschte ihn der Zweite an.

      „Aye, aye, Sir.“

      Hasard ging auch, ohne sich zu verabschieden. Von der Mannschaft sahen ihm einige nach, Männer, denen deutlich sichtbar die Angst im Gesicht stand und die ihm fast bedauernd nachblickten.

      Der Schnösel begleitete ihn wieder überlegen und arrogant zur Jakobsleiter und blickte dann übers Meer, als sei Hasard nicht vorhanden.

      „Ablegen!“ befahl Hasard schroff, als er auf der Ducht saß. Er war so biestig, wie ihn Ferris und Ed lange nicht gesehen hatten, aber in seinem Gesicht lag auch etwas, das alle beide nicht zu deuten wußten.

      „Hast du mal die Gesichter dieser Mannschaft gesehen, Sir?“ fragte Ed, als sie außer Hörweite waren. „Die sehen alle so aus, als warteten sie nur darauf, endlich ihre Vorgesetzten totschlagen zu können.“

      „Richtig. Vermutlich ist da an Bord auch eine Menge passiert. In ganz kurzen Worten folgendes: Ich muß zwölf Mann überstellen. Der Earl hat ein Dutzend unserer Leute requiriert. Befolge ich den Befehl nicht, dann will er die ‚Isabella‘ versenken, und er meint es verdammt ernst.“

      Ferris und der Profos sahen den Seewolf betroffen an.

      „Das ist ein Witz, Sir“, sagte der Zimmermann gepreßt.

      „Leider ein sehr schlechter, aber es führt kein Weg daran vorbei. Wir müssen uns beugen, und ich will von euch jetzt auch keine Widerrede hören. Die ‚Goliath‘ ist ein Höllenschiff, und die Offiziere sind die übelsten Kerle. Noch schlimmer ist der Earl selbst, ein Schinder und Menschenverächter. Gut, er kriegt zwölf Leute, und ihr werdet mit dabei sein. Ich beuge mich der Gewalt nur, weil er im Moment die besseren Karten hat, denn er kann uns versenken, ohne daß wir auch nur in der Lage sind, einen einzigen Schuß abzufeuern. Ihr werdet also nachher an Deck Aufstellung nehmen, und ich suche zwölf Mann aus. Dann werdet ihr hinübergepullt.“

      Ferris Tucker schluckte hart. In seinen Augen glomm es auf. Carberry räusperte sich die Kehle frei und sah Hasard unverwandt an.

      „Und dann“, sagte Hasard fast heiter, „werden wir uns mit der ‚Isabella‘ aus der Reichweite seiner Geschütze verholen, damit die Karten des Earls nicht mehr stechen.“

      „Und dann?“ fragte Ferris heiser.

      „Dann gebt ihr den Kerlen voll eins auf die adligen Schnauzen und bringt ihnen das Fürchten bei. Jeder erhält unauffällig eine Pistole, die er am Körper versteckt. Schrei bloß nicht hurra, Mister Carberry“, sagte Hasard sanft, „die Kerle dürfen nichts merken, sie werden uns genau durch ihre Spektive beobachten.“

      Der Profos schrie nicht „Hurra“. Aber er grinste so infam wie schon lange nicht mehr.

      „Das freut mich“, sagte er richtig dankbar, „das freut mich von ganzem Herzen. Den Kerlen voll eins in die adligen Schnauzen hauen. Das hast du sehr gut gesagt, Sir.“

      Ferris Tucker nickte ebenfalls zustimmend, hatte aber doch einige Bedenken vorzubringen. Der Profos ging immer gleich in die vollen, ohne lange zu überlegen, für ihn war wichtig, daß er sich in den „adligen Schnauzen“ mal wieder richtig austoben konnte. Ferris dachte in dieser Hinsicht zwar so ähnlich, aber seine Überlegungen gingen immer eine Kabellänge weiter.

      „Damit allein ist es nicht getan“, wandte er ein. „Wir haben eine mindestens sechsfache Übermacht gegen uns.“

      „Das habt ihr nicht“, sagte Hasard. „Ed hat das gerade eben betont. Die Mannschaft sieht so aus, als könne sie es kaum erwarten, ihre Vorgesetzten totzuschlagen. Das ist richtig, und das nutzen wir aus. Den Männern steht der Haß auf die Schiffsführung deutlich in den Gesichtern. Offenbar gab es da schon eine Meuterei, denn die Atmosphäre ist wie vor einem Gewitter geladen. Ich halte meinen Kopf dafür hin, daß die Mannschaft nichts unternimmt. Ihr habt nur die Schiffsführung und den Profos gegen euch. Gegen den siehst du übrigens aus wie ein zartes Engelchen, Ed, ohne dir damit zu nahe treten zu wollen.“

      Ed grinste immer noch hocherfreut. Das würde mal eine nette Abwechslung geben, dachte er.

      „Dann sollten wir Luke Morgan auch mitnehmen“, schlug Ferris Tucker vor. „Der ist wie Schießpulver und geht immer gleich hoch.“

      „Gut, dann nehmt ihn mit. Diesmal erhältst du das Kommando, Ed, denn mit deinem Profos-Kollegen kommst du garantiert nicht klar. Ihr beiden seid wie Tag und Nacht. Aber die Aktion beginnt erst, wenn wir weit genug verholt haben. Alles andere besprechen wir an Deck. Hopp auf jetzt und setzt eure traurigen Gesichter auf.“

      Auf der Kuhl erklärte der Seewolf in knappen Worten, was der Earl verlangte. Sofort wurde Protest laut, wie Hasard nicht anders erwartet hatte. Das war echt und wirkte auch drüben auf der „Goliath“ echt. Danach erklärte er alles Weitere.

      „Benehmt euch so, als wäret ihr alle stinksauer. Die Kerle dürfen keinen Verdacht schöpfen. Al“, wandte er sich an den untersetzten Waffen- und Stückmeister, „du verteilst zwölf geladene doppelläufige Pistolen unauffällig an die Männer, die ich aufrufe. Beeile dich, es muß alles schnell gehen. Jan Ranse und Mac Pellew werden dir dabei helfen. Ihr anderen nehmt jetzt Aufstellung. Keine Diskussion jetzt. Ed hat das Kommando und wird euch unterwegs notfalls noch einmal alles genauer erklären. Wir selbst segeln inzwischen weiter nach Osten, kehren dann um und nähern uns mit ausgerannten Kanonen der ‚Goliath‘. Alles klar?“

      „Alles klar, Sir“, sagten die Arwenacks. Dabei blieben ihre Gesichter jedoch ernst und verschlossen, denn vom Achterdeck der Kriegsgaleone waren deutlich zwei Spektive zu erkennen, die auf die Kuhl gerichtet waren.

      Die Crew der „Isabella“ nahm wie befohlen Aufstellung, während in der Waffenkammer die Pistolen geladen wurden.

      Al Conroy steckte sie den Männern so unauffällig zu, daß man es von drüben garantiert nicht sah. Zuerst versorgte er Ferris und den Profos, dann wartete er, bis Hasard die anderen aufrief.

      „Ed und Ferris“, sagte er laut und deutete mit der Hand auf die angetretene Mannschaft. „Weiter werden überstellt: Shane, Batuti, Roger, Jack Finnegan, Paddy Rogers, Jan Ranse.“

      Der schob sich gerade unaufällig eine Pistole seitlich in den Hosenbund und knöpfte die Segeltuchjakke wieder zu.

      „Weiter Smoky, Matt, Bill und Luke. Habe ich mich verzählt, oder sind das jetzt zwölf Mann?“

      „Zwölf Mann“, bestätigte Ben Brighton.

      Und der graubärtige Exschmied von Arwenack nickte dazu scheinbar grimmig.

      „Alle versorgt, alles unauffällig versteckt?“ erkundigte sich Hasard und musterte das Dutzend scharf. Aber da gab es nichts zu sehen. Lediglich die Entermesser waren zu erkennen, aber ein Entermesser trug schließlich jeder Seemann.

      Wieder wurde genickt. Von drüben sah es wie eine Bestätigung aus.

      „Dann die ersten sechs Mann ab in das Boot. Gary und Blacky werden euch hinüberpullen und dann die anderen holen.“

      Über die außen angebrachten Tritte ging das erste halbe Dutzend in das Boot, das


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