Seewölfe Paket 16. Roy Palmer

Seewölfe Paket 16 - Roy Palmer


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die Entfernung zu weit. Und wenn wirklich einer traf, dann kratzte er nicht einmal mehr die Bordwand an, geschweige, er durchschlug sie.

      Aufblitzen, Krachen, Rückschlag und Pulverqualm. Fast jedem wehte ein übelriechendes Wölkchen ins Gesicht.

      Der Marquess starrte durch das Spektiv. Drüben rührte sich nichts. Es schien, als sei das Schwarze Schiff gar nicht bemannt. Jedenfalls war an Deck nichts zu sehen. Und es dachte auch nicht im Traum daran, jetzt abzusaufen, es segelte einfach so schwerfällig weiter wie zuvor, ziemlich langsam wie eine lahme Ente.

      Der Marquess schluckte hart. Jetzt kam „sein“ Schiff in Sicht. Ein stolzer, prächtiger, Neid erregender Segler, der jedes Herz höher schlagen ließ und jetzt unter vollem Preß lief. Auf dem Achterdeck hätte er selbst gern als Geschwaderführer gestanden und dieses herrliche Etwas befehligt. Aber das hatte ihm der Seewolf gründlich verdorben.

      „Nachladen, weiterfeuern!“ befahl der Marquess. Diesmal klang seine Stimme sehr schwach, als wäre er krank. „Schießen Sie die Kerle vom Achterdeck, versuchen Sie den Seewolf zu treffen.“

      „Aye, aye, Marquess“, sagte der Erste gleichmütig. Sollte dieser eitle Stutzer doch Befehle geben, wie er wollte, vielleicht brach ihm das eines Tages mal den Hals, wenn etwas schiefging.

      Die kleine Galeone hatte jetzt bereits Fahrt aufgenommen, eine zweite war ebenfalls klar, nur der ehrenwerte Marquess vertrödelte weiter seine Zeit.

      Als die Musketen endlich krachten, griff er gierig zum Spektiv und sah neidvoll aufs Achterdeck. Durch den Kieker erkannte er Gestalten, und dann vermochte er sie auch zu unterscheiden. Da stand der verhaßte Kerl, wild und verwegen mit wehenden schwarzen Haaren, und er scherte sich den Teufel um die Schiffe der Navy, die er überlistet hatte.

      Kein Schuß traf, wie der Marquess voller Bestürzung feststellte. Kein einziger dieser vermeintlichen Staatsfeinde fiel um oder griff sich aufschreiend an die Brust. Sie standen da, als hätte es mal kurz geblitzt und weiter wäre nichts passiert.

      Dafür aber hörte er etwas, das ihm fast das Herz abdrückte vor Wut. Er hörte sie lachen, laut und hohnvoll klang es herüber. Marquess Henry of Battingham schloß entsetzt die Augen, als er dieses teuflische Gelächter hörte. Zu der Schande seiner Niederlage gesellte sich nun noch der Hohn. Das war die bitterste Pille, die er schlucken mußte.

      Sie schossen nicht einmal zurück, vielleicht fühlten sie sich so überlegen, daß ihnen das einfach zu läppisch war.

      Der Marquess feuerte den teuren Kieker hart auf die Planken und schüttelte in ohnmächtigem Zorn beide Fäuste.

      „Geben Sie mir Ihre Pistole!“ kreischte er zu dem Ersten. „Schnell!“

      Kopfschüttelnd griff der Erste ins Bandelier, zog die Reiterpistole hervor und überreichte sie dem Marquess.

      Hoffentlich schießt er sich jetzt selbst in seine durchlauchten Knochen, dachte der Erste inbrünstig. Es war heller Wahnsinn, mit einer Pistole darauf zu feuern, was der viel längere Lauf einer Muskete nicht einmal mehr traf.

      Aber der Marquess war rasend vor Zorn, ohnmächtig vor hilfloser Wut und von der krankhaften Manie besessen, diesen Seewolf wenigstens symbolisch zu erschießen.

      Als sich die Pistole donnernd entlud, stand der schwarzhaarige Satan immer noch an Deck, dafür aber klaffte im Segel der einen Galeone des Marquess ein winziges Dreieck.

      Er gab mit zitternden Händen die Pistole zurück und lauschte entnervt dem unbändigen Gelächter, das von der „Isabella“ herübertönte.

      „Affenarsch!“ brüllte eine unverkennbar laute Stimme über das Wasser, eine Stimme, die nur dem narbigen Kerl mit den drastischen Flüchen gehören konnte und den Marquess richtig krank werden ließ.

      „Wir werden ihn jetzt im Rudel jagen“, gab er bekannt. „Umstellen und dann versenken. Verstanden?“

      Der Erste nickte nur und gab ein Räuspern von sich. Er sah dem Marquess nach, dessen Platz zwar auf dem Achterdeck war, der aber jetzt selbst bei dem Ablegemanöver wie ein alter kranker Hund in seine Kammer schlich, um sich von dem Kummer zu erholen.

      Erster und Zweiter Offizier sahen sich an. Alle beide nickten.

      „Sie haben den Befehl gehört“, sagte der Erste sarkastisch. „Im Rudel angreifen, umstellen und dann versenken. Lassen Sie also noch zwölf Masten an Deck stellen und das nötige Tuch aufpacken. Oder bitten Sie den Windgott darum, daß wir platt vor dem Wind laufen können, und dieser Seewolf kreuzen muß. Wie sollen wir den denn jemals mit diesen alten Krücken einholen? Der läuft doch zehnmal schneller. Im übrigen beglückwünsche ich Sie zu Ihrer im nächsten Monat anstehenden Beförderung zum Ersten Offizier, Mister Hall.“

      „Davon weiß ich noch gar nichts“, sagte Hall erstaunt. „Woher haben Sie diese Kenntnis?“

      „Weil ich, sobald wir wieder in London sind, mich auf ein anderes Schiff versetzen lassen werde, und dann rücken Sie an meine Stelle. Ich habe keine Lust mehr, unter dem Kommando eines Narren zu fahren.“

      „Gilt Ihre Sympathie etwa dem Seewolf?“ fragte Hall.

      „Das auch, denn er ist ein Könner. Passen Sie mal auf, was der uns für Manöver vorführt! Der Mann weiß, was er will. Aber der eigentliche Grund ist – na, der da.“ Dabei zeigte er abfällig mit dem Daumen zu jener Stelle, wo sich die Kammer des Marquess befand.

      „Sie haben die ‚Hornet‘ in seinem Namen beschlagnahmen lassen?“ fragte Hall.

      Diesmal lächelte der Erste unergründlich.

      „Der Ehrenwerte weiß gar nicht, welche und wie viele Befehle er an einem Tag so gibt. Die Aufregung, verstehen Sie? Aber man wird ihm das ganz sicher später verübeln, falls es der alte Herr erfährt, der seinem Söhnchen sowieso nicht grün ist. Er hat nämlich gar nicht das Recht, etwas zu requirieren, er bildet sich das nur ein.“

      „Aber, Sir“, sagte Hall erschauernd, „das ist ja fast Meuterei.“

      „Da irren Sie sich aber, Mister Hall. Mir wurde ausdrücklich erklärt, ich hätte auch ohne seinen Befehl alles Erforderliche zu veranlassen. Und mehr habe ich nicht getan.“

      Mister Hall schluckte nur. Da scheint sich ja einiges anzubahnen, dachte er entsetzt.

      7.

      Thorfin Njals Stunde war da, als es aufklarte und hell wurde.

      Schon als die Musketenschüsse erklangen, da hatte ihn der erste Lachanfall ereilt, denn die Trottel auf den englischen Schiffen konnten doch nicht im Ernst annehmen, sie würden treffen.

      Jetzt war er an der Flotte vorbei und wurde von der immer schneller segelnden „Isabella“ überholt, auf der die Seewölfe ebenfalls in schadenfrohes Gelächter ausbrachen, als sie das Wuhling bei dem ehrenwerten Marquess sahen.

      Aus dem ganzen Haufen hatte es lediglich die kleinste Galeone geschafft, sich freizusegeln, und sie segelte jetzt frech und auffordernd in ihrem Kielwasser.

      Thorfin hockte in seinem „Sesselchen“ auf dem Achterdeck, einer Art hölzerner Riesenthron, in dem drei normale Kerle Platz gehabt hätten, und beobachtete aus wachen Augen alles, was sich so tat.

      Er hatte jedem an Bord befohlen, sich so dämlich wie nur möglich zu benehmen, bis er den Befehl widerrief, und so handelten die Kerle auch mit einem wahren Feuereifer. Der Stör zum Beispiel, fand Thorfin, der spielte seine Rolle als schlechter Seemann perfekt. Er tat nicht nur so dämlich, er sah auch so dämlich aus, denn sein ohnehin viel zu langes Gesicht, das ihm den Namen Stör eingebracht hatte, wirkte jetzt noch viel länger.

      Der Bootsmann Juan steuerte einen haarsträubenden Kurs, vor dem es jeden ehrlichen Seemann gegraust hätte, und dazu waren bei diesem Wind auch noch die Segel falsch gesetzt, aber doch so, daß Thorfin kein Risiko einging und es gerade noch verantworten konnte.

      Die zweite Galeone kam klar, wie der Wikinger bemerkte. Sie schor aus dem


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