Seewölfe Paket 16. Roy Palmer

Seewölfe Paket 16 - Roy Palmer


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und Feuer eröffnen“, war für alle eindeutig und klar.

      Doch der Erste Offizier dachte noch weiter und schickte ein Beiboot zu jener Stelle hinüber, wo die „Isabella“ gelegen hatte, ebenfalls die „Hornet“ klar zum Auslaufen zu machen, die der Erste namens des Marquess kurzerhand requirierte.

      Während das Boot schon lange unterwegs war, dem Schwarzen Segler und der „Isabella“ begegnete, war der Marquess immer noch nicht an Deck und verhedderte sich vor Aufregung weiter in seiner Wäsche.

      Einmal mußte er sich zitternd auf den Rand seiner Koje setzen, so sehr nahm ihn das alles mit und so mächtig fraß der Zorn in ihm, daß der Seewolf gewagt hatte, einfach in See zu gehen.

      Als er dann endlich an Deck war, sträubten sich ihm die Haare. Hilflos stand er da und sah, wie das mächtige Schwarze Schiff so dicht wie möglich an ihnen vorüberglitt.

      Noch weiter achteraus jagte die „Isabella“ heran. Ein Segel blähte sich nach dem anderen an ihren Rahen. Es sah aus, als breche jedesmal eine riesengroße Blüte auf und entfalte sich.

      Der Marquess war zwar nicht in der Lage, ein Schiff richtig und voll auszusegeln, und deshalb staunte er, wie da drüben die Manöver klappten, wie alles blitzschnell ging und wie rasend das Schiff durch die See glitt.

      „Feuer!“ befahl der Marquess voller Wut. „Eine Breitseite auf den Schwarzen, die nächste auf den Seewolf.“

      Feuer! dachte der Erste fast mitleidig. Mein lieber Marquess, wenn du wüßtest, daß man dazu reichlich lange braucht. Obwohl die Kerle erbarmungslos hochgepurrt wurden, glichen sie saumseligen Transusen. Da war einer dem anderen im Weg, da trat jeder dem anderen auf die Knochen. Da gab es Befehle, die sich widersprachen, und da hatte jeder etwas zu sagen. Deshalb herrschte ein heilloses Durcheinander. Die Stückpforten waren noch nicht einmal oben, ganz zu schweigen davon, daß die Rohre auch noch längst nicht geladen waren.

      „Feuer!“ wiederholte der Marquess schreiend. Er stampfte mit dem Fuß auf die Planken des Achterdecks.

      „Warum feuert das Gesindel nicht?“ wandte er sich hysterisch an den Ersten. „Ich habe es doch befohlen.“

      „Aye, aye, aber die Kanonen sind noch nicht geladen. Wir waren auf diesen Durchbruch nicht vorbereitet.“

      „Darauf hat man immer vorbereitet zu sein. Merken Sie sich das.“

      „Sie gaben noch keine Anweisung, Marquess“, widersprach der Erste.

      „Das hat doch damit nichts zu tun, verdammt. Dieser Bastard wird noch entwischen. Sie haben auch ohne meinen Befehl alles Erforderliche zu veranlassen.“

      Der Erste steckte den Rüffel ein und schluckte ihn mit kantigem Gesicht. Ohne den Befehl des Marquess ging gar nichts an Bord, darin war er sehr pingelig, jetzt aber behauptete er das Gegenteil.

      Inzwischen rannte der Marquess von einer Seite zur anderen, brüllte den Ersten an, dann den Zweiten und beklagte sich jammernd, daß er einen Haufen unfähiger Kerle an Bord habe, die alle noch einmal an der Rah enden würden.

      Inzwischen war bei der stolzen Flotte Wuhling ausgebrochen, weil sie alle auf einmal loslegten und sich damit nur noch mehr behinderten. Die einen setzten die Segel und gingen ankerauf und waren denen im Wege, die am Kai lagen und die Leinen lösten. Im Nu gab es Tumult. Zwei Galeonen schwoiten aufeinander zu und legten sich Seite an Seite, wobei ein harter Ruck beide Schiffe durchlief.

      Die einen hievten unter dem Brüllen der Vorgesetzten den Anker, die anderen mußten wieder Tuch aufpacken, weil sie selbst nicht klarkamen, und so verging wertvolle Zeit, die der Marquess durch völlig unsinnige Befehle noch weiter vertrödelte.

      „Lassen Sie Musketen an das Decksvolk ausgeben!“ brüllte er. „Alle Mann nach Backbord und das Feuer eröffnen. Haltet unter die Wasserlinie.“

      „Aye, Marquess, aber bedenken Sie bitte, daß wir mitten im Ablegemanöver sind. Wir brauchen jede Hand, damit wir nicht kollidieren.“

      „Widersprechen Sie mir nicht!“ fauchte der Marquess. „Musketenausgabe, aber sofort!“

      Dieser Marquess ist doch der größte Idiot, der je zur See gefahren ist, dachte der Erste. Nun gut, wenn er diesen unsinnigen Befehl schon gab, dann sollte er auch die Konsequenzen sehen, die sich daraus ergaben. Statt abzulegen und dem Schiff hinterherzujagen, wobei sie die Kanonen zwischendurch laden konnten, wurde jetzt weitere kostbare Zeit vertrödelt.

      „Lassen Sie die Waffenkammer und Pulvermagazine öffnen“, befahl der Erste dem Zweiten, „und geben Sie Musketen an die Männer aus. Und dann sofort das Feuer auf beide Schiffe eröffnen.“

      „Mit den Musketen?“ fragte der Zweite ungläubig. „Sir, ich bitte Sie. Das ist doch ein Ding der Unmöglichkeit.“

      „Befehl vom Marquess!“ schrie der Erste. „Der Marquess ist wohl in der Lage, das besser beurteilen zu können. Also, geben Sie die verdammten Musketen aus.“

      Der Zweite kriegte fast einen Weinkrampf vor ohnmächtiger Wut, wenn er diesen unbedarften „Seemann“ auf dem Achterdeck nur ansah. Der stand jetzt da, als hätte ihn der Donner gerührt. Ganz steif war er wie ein Ladestock und sperrte das Maul auf, als das unheimliche Schwarze Schiff nun auf gleicher Höhe war. Er fand zwar auch, daß es merkwürdig gesegelt wurde, aber vielleicht verstanden die Kerle von der Seefahrt da drüben nicht viel.

      „Weshalb eiert das Schiff denn so?“ fragte er den Ersten.

      „Bitte, wie belieben Marquess zu fragen?“

      „Ich fragte, warum das Schiff so eiert“, wiederholte der Marquess ungnädig.

      „Es ist vermutlich aus dem Ruder gelaufen, oder der Druck auf das Ruder ist nicht kräftig genug. Die Kerle dort drüben haben ihre Segel falsch gesetzt. Sie fahren Bramsegel an den Masten, die anderen sind noch nicht gesetzt …“

      „Und warum nicht? Was soll das?“

      „Das entzieht sich meiner Kenntnis, Marquess. Es soll ja Typen geben, die zwar zur See fahren, aber trotzdem nichts davon verstehen.“

      Damit hatte er dem Marquess anständig eine übergebraten, doch der bezog das keinesfalls auf sich. Dieser Gedanke fiel ihm nicht mal im Traum ein.

      Inzwischen wurden Musketen ausgegeben und geladen. Das dauerte wieder eine ganze Weile. Die kleinste Galeone war mittlerweile klar, da hatten sie einen Kapitän, der sein Handwerk verstand. Sie schor aus und segelte den ersten Schlag, der sie vor das Schiff des Marquess brachte.

      Für die Seesoldaten war das peinlich, denn sie konnten jetzt nicht mit den Musketen schießen, ohne ihre eigenen Leute ins Visier zu kriegen.

      „Diesen unfähigen Kerl werde ich mir später vorknöpfen!“ schrie der Marquess in rasender Wut. „Ist der denn wahnsinnig, uns die Sicht zu nehmen? Hier krebst ja jeder so herum, wie es ihm gerade paßt. Rufen Sie hinüber, er soll sofort zurücksegeln.“

      Diesmal standen dem Ersten die Haare zu Berge. Er wußte einfach nicht, was er darauf erwidern sollte, und begann den eitlen und dummen Schnösel regelrecht zu hassen. Der blamierte mit seiner seemännischen Kunst nicht nur die Navy, sondern die ganze Seefahrt.

      „Er kann das Manöver jetzt nicht mehr unterbrechen, Sir“, sagte der Erste voller Zorn. „Er kann weder halsen, noch wenden, noch zurücksegeln, und er kann auch nicht einfach anhalten, sonst geschieht hier ein Unglück, und ein Schiff kollidiert mit dem anderen. Gestatten Sie daher, daß ich ihm den Befehl nicht gebe, Marquess.“

      Die Nerven des Marquess waren nur noch so schwach wie brüchige alte Schoten, und so gestattete er es zähneknirschend. Er begriff einfach nicht, warum hier ein derartiges Chaos herrschte, und er sah erst recht nicht die Unsinnigkeit seiner Befehle ein, die alle zur Hilflosigkeit verdammten.

      Dann war endlich die kleine Galeone frei und zog vorbei, fast auf gleicher Höhe mit dem Schwarzen Schiff, das so umständlich und schwerfällig segelte.

      „Feuern Sie endlich!“ brüllte der Marquess.

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