Der Weg zur Promotion. Stephan Schmauke
mittelalterliche Universitätsgeschichte viel gelernt habe. Des Weiteren finden Sie (im Kapitel zum Schreiben der Dissertation) einen Abschnitt, der ein paar Stichworte geben möchte, um Ihnen den Versuch zu erleichtern, Ihr eigenes wissenschaftliches Weltbild ein wenig klarer zu umreißen. (Was meine ich eigentlich damit, wenn ich einen »wissenschaftlichen Nachweis« für etwas erbringe?) Meiner bescheidenen Meinung nach sollten Sie sich nicht nur das Knowhow des Promovierens »draufschaffen«, sondern Sie sollten am Ende auch wissen, was Sie da eigentlich tun, wenn Sie promovieren.
Die Grundlage meines Schreibens ist, wie gesagt, die eigene Erfahrung – sowohl die Erfahrung, die darauf beruht, selbst einmal eine Dissertation geschrieben zu haben (mit allen emotionalen Höhen und Tiefen, die das mit sich brachte), als auch die Erfahrung mit der heutigen Generation Promovierender (die im Großen und Ganzen genau dieselben Probleme hat, wie ich sie vor 20 Jahren hatte. Bologna hat da keine neuen Probleme geschaffen, allenfalls ein gesteigertes Problembewusstsein). Erfahrung heißt das Zauberwort – und deswegen ist der hier gewählte Stil essayistisch, manchmal vielleicht salopp, aber er vermeidet den weihevollen Jargon von Ratgebern sowie einer wie auch immer gearteten Fachwissenschaft.
Und noch ein Wort zur Schreibweise: Da ich einerseits im Deutschen die sprachliche Unterrepräsentiertheit von Frauen als Problem ansehe (man redet von Professoren, meint aber damit Professoren und Professorinnen), andererseits aber alle üblichen Formen gendergerechter Schreibweise hässlich finde (Professor_in, ProfessorIn, Professor*in, Professor:in), habe ich mich für die generelle Verwendung des Femininums entschieden. Diese Formulierungen umfassen gleichermaßen weibliche, männliche und Transpersonen sowie alle, die binäre Zuschreibungen für sich ablehnen; alle sind damit selbstverständlich gleichberechtigt angesprochen. Die einzige Ausnahme ist das historische Kapitel, in dem es um die Geschichte der Universitäten geht, bei der es sich bis ins 20. Jahrhundert hinein um ausschließlich von Männern gebildete Organisationen handelt. Gerade dieser Umstand würde durch die generelle Verwendung des Femininums verwischt werden.
Ich danke allen, die mich bei der Planung, Ideenfindung und Abfassung dieses Buches unterstützt haben. Bei der Friedrich-Ebert-Stiftung: Roland Feicht, Jacob Hirsch, Kathrein Hölscher, Simone Stöhr und Markus Trömmer, ohne die dieses Buch weder entstanden noch gediehen wäre. Ganz besonders danke ich Ursula Bitzegeio, die mit ihrer Begeisterungsfähigkeit und ihrem geradezu übernatürlichen Sinn, die richtigen Leute zum richtigen Zeitpunkt zusammenzubringen, die Initialzündung gegeben hat. Schlaubischlumpf! Natürlich habe ich mich auch bei den vielen Promotionsstipendiatinnen der FES zu bedanken, bei denen ich über etliche Jahre hinweg viel gelernt habe – nicht nur über die Leiden der jungen Promovierenden, sondern auch über wissenschaftliche Moden, Konjunkturen und generell über Fachdisziplinen, die mir als Philosophen früher nichts gesagt haben. Stellvertretend darf ich hier Felix Kollritsch, Aymar Koukoubou, Carla Lohmann und Mariam Muwanga nennen, die Liste würde sonst einfach viel zu lang werden. Besonders danke ich auch Rainer Fattmann, meinem Mitstreiter bei der Strukturwerkstatt und dem Menschen mit dem trockensten Humor, den man sich vorstellen kann, ich danke Diana Gohle, die die Figur der »Försterin« erfunden hat, und Peter Gohle, mit dem ich mich immer gerne über Materialismus beziehungsweise Postmaterialismus und über Musik streite, und natürlich danke ich Alexander Behrens vom Dietz-Verlag für sein feinfühliges Lektorat. Vor allem aber danke ich meiner Familie: Flora – Emma – Beda.
Danke!
DIE ORGANISATION DER PROMOTION
In diesem Kapitel werden grundsätzliche Gesichtspunkte erwähnt, die die Entscheidung für (oder gegen) eine Promotion beeinflussen können. Ist die Entscheidung zu promovieren erst einmal gefallen – und davon gehe ich im weiteren Verlauf dieses Buches natürlich aus –, müssen etliche organisatorische Schritte unternommen werden. Darunter fällt zunächst einmal die Wahl des Promotionsortes beziehungsweise die Wahl der geeigneten Betreuerin. Sie finden dazu einige Kriterien, die Ihnen diese Suche erleichtern können. Dann wird die entscheidende Rolle des Exposés angesprochen, zusammen mit ersten Hinweisen für die Abfassung. Es folgt eine Anekdote über die nicht zu unterschätzende Bedeutung der Promotionsordnung, bevor es schließlich um die verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten geht, wobei die Hinweise zu möglichen Stipendiengeberinnen dabei den weitaus größten Raum einnehmen.
EINE ENTSCHEIDUNG TREFFEN!
Vermutlich haben Sie die Entscheidung, das Abenteuer einer Promotion auf sich zu nehmen, längst getroffen, wenn Sie dieses Buch in die Hand nehmen. Rekapitulieren Sie aber trotzdem noch einmal, welche Gründe es waren, die Sie dazu bewogen haben! Es klingt zwar auf den ersten Blick banal, dass alles mit der Entscheidung zu promovieren anfängt. Aber ganz so banal ist es nicht. Denn von der Tatsache, ob Sie sich entscheiden, und von den Gründen, die für Ihre Entscheidung ausschlaggebend sind, hängt bereits vieles ab. Vor allem beeinflusst die Art und Weise Ihrer Entscheidung bereits unmittelbar gewisse organisatorische Aspekte, die sie beachten sollten. Denn in diesem Kapitel geht es darum, was es am Anfang eines Promotionsprojekts zu beachten und zu organisieren gibt.
Was also steht am Anfang Ihrer Überlegungen? Ist es der Wunsch, eine akademische Karriere anzustreben? Wollen Sie Professorin werden? Oder wollen Sie ganz allgemein Ihre persönliche Qualifikation für den Arbeitsmarkt erhöhen, weil sie denken, ein höherer Universitätsabschluss erleichtere die Chancen auf einen gut dotierten Job? Oder hat Sie so etwas wie ein akademischer Furor gepackt, ein wissenschaftliches Problem, das Sie schon während Ihres Studiums so fasziniert hat, dass sie daran unbedingt weiter arbeiten möchten?
Oder ist es ganz anders: Wollen Sie sich selbst beweisen, dass sie eine Promotion schaffen können, dass Sie drei und mehr Jahre an einem hochkomplexen Thema arbeiten können? Oder wollen Sie das vielleicht gar nicht so sehr sich selbst beweisen, sondern Ihren Eltern? Ist Ihr Entschluss, zu promovieren, Ausdruck der Konformität Ihrem Elternhaus gegenüber? Stammen Sie aus einem bildungsbürgerlichen Haushalt, in dem Sie nicht die erste Angehörige mit Universitätsabschluss wären, wo der Entschluss, den Doktortitel zu erlangen, also gleichsam die Familientradition fortführt? Oder ist es umgekehrt: Sie nehmen das Wagnis einer Promotion als Erste in Ihrer Familie auf sich, wie Sie bereits die Erste waren, die überhaupt angefangen hat zu studieren?
Diese Fragen können Sie natürlich nur selbst beantworten, da es sich um subjektive und letztlich persönliche Gründe für oder gegen eine Promotion handelt. Um die Entscheidung ein wenig zu objektivieren, komme ich zu ein paar Aspekten, die Ihnen bei der konkreten Entscheidungsfindung helfen könnten, und die Ihnen vor allem auch dabei helfen können, Ihre Entscheidung gegenüber anderen als wohlerwogene Entscheidung zu verantworten; denn wie für fast alles gibt es auch für eine Promotion Gründe, die dafür und dagegen sprechen.
GRÜNDE FÜR UND GEGEN EINE PROMOTION
Pro Promotion:
•Sie ist notwendig für eine wissenschaftliche Karriere. Ohne Promotion ist eine unbefristete Festanstellung an einer Hochschule oder an einem Forschungsinstitut unmöglich.
•Sie ist in manchen Berufsfeldern, die eine akademische Ausbildung voraussetzen, oftmals die Grundbedingung dafür, später überhaupt in einem Arbeitsbereich beschäftigt zu werden, der annähernd Ihrem akademischen Bildungsstand entspricht. Vor allem für Geistes- und Kulturwissenschaftlerinnen ist der Doktortitel häufig die Voraussetzung, um eine adäquate Beschäftigung im Kultursektor zu bekommen.
•Sie gilt potenziellen Arbeitgebern als Ausweis für die Eignung als Führungspersönlichkeit, da Sie mit Ihrer Promotion zeigen, dass sie selbstständig arbeiten können, durchsetzungsfähig und belastbar sind, ausgeprägte analytische Fähigkeiten besitzen sowie Organisationstalent und Projekterfahrung. Auch in technischen Berufen geraten übrigens die Diplomingenieure zunehmend durch den »Dr. ing.« unter Druck.
•Sie erleichtert den Zugang zu höheren Gehaltsklassen beziehungsweise Besoldungsstufen