Der Weg zur Promotion. Stephan Schmauke

Der Weg zur Promotion - Stephan Schmauke


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mitspielen möchten (besonders der »Dr. jur.« und der »Dr. med.« sind für viele immer noch die Eintrittskarten in exklusive gesellschaftliche Kreise.

      •Sie macht (möglicherweise) Ihre Eltern glücklich.

      •Sie ermöglicht es Ihnen (unter der Voraussetzung, dass sie Ihre Finanzierung für drei und mehr Jahre gesichert haben), eine relativ sorgenfreie Lebensphase, die sie ganz einer (hoffentlich interessanten) wissenschaftlichen Forschung widmen können.

       Contra Promotion:

      •Sie ist zwar notwendig, aber nicht hinreichend für eine wissenschaftliche Karriere. Ich muss es leider so deutlich sagen: Selbst wenn Sie während der Arbeit an Ihrer Dissertation noch so fleißig an Kongressen und Fachtagungen teilnehmen, Aufsätze in Fachzeitschriften veröffentlichen, als wissenschaftliche Hilfskraft an Ihrem Institut arbeiten, ist die Aussicht, eine langfristige Festanstellung an einer Universität zu bekommen, verschwindend gering. Wenn Sie nicht das Glück haben sollten, eine (zeitlich befristete) Juniorprofessur zu erlangen, steht Ihnen nach der Promotion nur der Weg der Habilitation offen – also weitere Jahre des unterbezahlten oder gar nicht bezahlten wissenschaftlichen Arbeitens. Und selbst wenn Sie sich nach der Promotion erfolgreich habilitieren sollten, ist das immer noch keine Garantie auf eine Professorinnenstelle, sondern häufig nur der Einstieg in ein ökonomisch prekäres Privatdozententum.

      •Sie führt – vor allem für Geistes- und Sozialwissenschaftlerinnen – relativ häufig zu unsicheren Berufsperspektiven.

      •Sie kann zu sozialer Ausgrenzung und Vereinsamung führen. Zum einen gibt es immer noch Menschen, die Vorurteile gegen Angehörige des akademischen Milieus haben. Zum anderen besteht die Gefahr, dass Sie durch die jahrelange Beschäftigung mit einem hochspezialisierten Thema zu einem Nerd werden, der nur noch wenige echte Sozialkontakte hat.

      •Sie garantiert keinen gesellschaftlichen Aufstieg, da bei der Elitenreproduktion immer noch der Besitz ökonomischen Kapitals höher rangiert als der Besitz kulturellen Kapitals; sollten Sie aus »einfachen Verhältnissen« kommen, wird man Sie das unter Umständen auch trotz ihres Doktortitels spüren lassen.

      •Sie bedeutet für mindestens drei Jahre Entbehrung, Verzicht auf viele Annehmlichkeiten und eine nicht zu unterschätzende geistige Anstrengung auf einem Gebiet, das nur ganz wenige Menschen interessiert.

      •Sie birgt Gefahren für Partnerschaft und Familie. Eine Promotion bedeutet, in Vollzeit berufstätig zu sein. Frauen sind nach wie vor besonders benachteiligt, wenn es um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht. Trotz aller inzwischen etablierten Hilfeprogrammen ist das Promovieren mit Kind immer noch eine besondere Belastung. (Auch als promovierender Vater haben Sie eine andere Belastung als kinderlose Kommilitonen.)

      •Sie ist teuer. Wenn Sie die Wahl zwischen einer bezahlten Festanstellung und einer Promotion haben: Überlegen Sie gut! Da die Promotion auf jeden Fall eine ökonomische Belastung darstellen wird, ist es nicht verkehrt, sich sehr früh Gedanken über die Finanzierung zu machen, am besten noch bevor Sie die nächsten konkreten Schritte einleiten (vgl. dazu unten den Abschnitt »Finanzplanung«, S. 32).

      Sie sehen: Die Entscheidung sollten Sie nicht dem Zufall überlassen, selbst wenn sie von einer Professorin darauf bereits angesprochen worden sind – gerade in einem solchen Fall nicht! Denn die schlechteste Ausgangsposition wäre die, dass sie von Dritten gleichsam zur Promotion gedrängt würden, und sie selbst sich nur wegen eines Mangels an Alternativen darauf einließen. Promovieren sollten Sie, wenn sie selbst es wollen, und nicht, weil Ihnen nichts Besseres einfällt.

       THEMEN- UND BETREUERINNENWAHL

      Ist die Entscheidung gefallen, sollten Sie als erstes eine doppelte Überlegung anstellen: Über welches Thema wollen Sie arbeiten? Und: An welcher Universität beziehungsweise bei wem würden Sie am liebsten promovieren? Wenn Ihr Entschluss zu promovieren primär aus dem Interesse an einem bestimmten Forschungsproblem entstanden sein sollte, zum Beispiel wenn sie darüber nachdenken, das Thema Ihrer Masterarbeit zu vertiefen, ist die Themenwahl zunächst einmal keine langwierige Angelegenheit. Und wenn der Plan aus Ihrer Bindung an ein Institut heraus gewachsen ist, dürfte auch die Frage, wo und bei wem sie promovieren wollen, leicht zu beantworten sein. Komplizierter wird die Sache, wenn sie von vornherein eine »externe« Promotion planen, also an einem Institut oder Seminar Ihre Arbeit schreiben möchten, das Sie noch gar nicht kennen.

      Die Themen- und Betreuerinnenwahl sollten Sie nicht getrennt voneinander angehen. Da es keine Universalgelehrten mehr gibt, und da redlicherweise nicht einmal die »Koryphäen« eines Faches mehr behaupten können, Expertise zu sämtlichen Facetten ihrer Disziplin zu besitzen, sollten die Untersuchungsgebiete der zukünftigen Betreuerin schon einigermaßen nahe an dem sein, was Sie als Ihr Dissertationsthema anpeilen. Dabei muss es sich nicht um eine hundertprozentige Deckung handeln – schlecht wäre es aber, wenn Ihre zukünftige Betreuerin vom Thema, von der einschlägigen Fachliteratur und von den anzuwendenden Methoden überhaupt keine Ahnung hätte. Sammeln Sie also als erstes eine Namensliste derjenigen Wissenschaftlerinnen, die zu Ihrem Wunschthema affine Literatur publiziert haben. Auf den Personalseiten der Webauftritte der Forschungsinstitute beziehungsweise Fakultäten finden Sie eigentlich immer auch entsprechende Publikationslisten.

      Es spielt letztlich keine Rolle, ob Sie die Auswahl Ihres Themas von der Entscheidung, bei Betreuerin X zu promovieren, abhängig machen, oder ob Sie mögliche geeignete Betreuerinnen nach der Entscheidung für ein bestimmtes Thema auswählen: Wichtig ist lediglich, dass Betreuerin und Thema zueinander passen.

      Bei der Begutachtung der Liste der grundsätzlich für Sie in Frage kommenden Betreuerinnen gibt es mehrere Kriterien, nach denen Sie eine engere Auswahl treffen können:

      •Das Renommee: Bei berühmten Persönlichkeiten zu promovieren kann natürlich förderlich sein für Ihr eigenes Standing innerhalb der Scientific Community. Bedenken Sie jedoch, dass sich berühmte Professorinnen ihre wissenschaftliche Reputation in der Regel nicht aufgrund ihrer herausragenden Lehrfähigkeiten erworben haben, sondern aufgrund ihrer Fähigkeiten, die eigenen Forschungsprojekte zu bewerben, zu finanzieren und in den akademischen Diskursen up to date zu halten. Für besonders gute Betreuungsleistungen hat noch niemand den Nobelpreis bekommen! Ein weiterer Aspekt kommt hinzu: Berühmtheit generiert in der Regel Neid bei den Minderberühmten. Wenn Sie sich entscheiden, bei einem wissenschaftlichen Superstar zu promovieren, müssen sie später eher mit Gegenwind rechnen, als wenn Sie bei einer in der akademischen Welt eher unauffälligen Betreuerin promovieren.

      •Die Anzahl der betreuten Promotionen: Professorinnen, die jedes Jahr viele Promotionen betreuen, stehen unter Studentinnen im Ruf, dass es bei ihnen leichter zu promovieren sei als bei jenen Professorinnen, die nur ganz wenige Doktorandinnen haben. Das mag gelegentlich sogar zutreffen, nur sollten Sie sich selbst die Frage stellen, ob »Leichtigkeit« hier das richtige Kriterium ist. Jemand, der 20 und mehr laufende Promotionen betreut beziehungsweise von seinen Mitarbeiterinnen betreuen lässt, wird mit Sicherheit weniger Zeit für jedes einzelne Projekt haben und generell seltener ansprechbar sein als jemand, der nur ein oder zwei laufende Promotionen betreut. Ob Sie sich für eine Betreuerin entscheiden, bei der viele oder nur sehr wenige Promotionsverfahren angängig sind, hängt auch von Ihrer eigenen Persönlichkeit ab und dem, was sie sich wissenschaftlich zutrauen: Gehören Sie selbst zu den eher selbstbewussten Menschen, die sich nicht gerne allzu viel in ihre Projekte hineinreden lassen wollen, dann wählen Sie eine Betreuerin, die ohnehin wenig Zeit für Beratungsgespräche hat. Gehören Sie aber zu den eher anleitungsbedürftigen Menschen, suchen Sie sich eine Betreuerin, die sich dafür viel Zeit nehmen kann.

      •Die Vernetztheit: Eine inner- und außeruniversitär gut vernetzte Professorin kann Ihnen viel leichter Zugänge zu Kongressen, Fachtagungen, Publikationsmöglichkeiten verschaffen als eine Professorin, die kaum jemand kennt. Gleichzeitig steigt bei zunehmender Vernetztheit Ihrer Betreuerin natürlich die Gefahr, dass Sie vor lauter Anfragen, am Workshop X, der Fachtagung Y oder dem Publikationsband Z teilzunehmen, gar nicht mehr die Zeit für Ihre eigene Dissertation finden – dass Sie zur


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