Der Weg zur Promotion. Stephan Schmauke
beziehungsweise des Auswärtigen Amts und haben dementsprechend die Richtlinien dieser Behörden zu befolgen; dazu später mehr.)
Realistisch sind vier Jahre (in »strukturierten Promotionsprogrammen«) und fünf Jahre bei individuellen Promotionen; in geisteswissenschaftlichen Fächern sind es durchschnittlich noch ein paar Monate mehr. Doch auch hier handelt es sich um gemittelte Zahlen. Ihre eigene Promotionszeit kann durchaus länger sein als dieser Durchschnitt!
Machen Sie zunächst eine Kostenaufstellung: und zwar nicht für den gesamten Zeitraum von fünf Jahren, denn dann würde Ihnen sofort schlecht werden; sondern eine Aufstellung der ungefähren monatlichen Fixkosten, die auf Sie zukommen. (Das ist ein überschaubarer Betrag, der nicht sofort Herzrasen verursacht.) Sie setzen sich zusammen aus folgenden Posten:
•Miete
•Mietnebenkosten
•Strom- und Heizkosten
•Steuern und Abgaben
•Versicherungen (insbesondere Krankenversicherung)
•Semesterbeitrag beziehungsweise Studiengebühr,
•Kosten für Arbeitsmittel, Kommunikationsmittel und Mobilität
•Lebenshaltungskosten (Nahrung, Kleidung, Körperhygiene)
Sie sollten sich unbedingt bei Ihrer Krankenversicherung erkundigen, ob sie die geltende Rechtslage, dass Promovierende keinen Rechtsanspruch mehr auf den vergünstigten Studierendentarif (»Ausbildungstarif«) haben, wörtlich nimmt. Denn die verschiedenen Krankenkassen gehen mehr oder weniger kulant mit Promovierenden um: Bei einigen können Sie sich bis zum Alter von 30 Jahren noch nach dem verbilligten Tarif versichern, bei anderen sogar bis 34 Jahre. Für den Fall, dass Sie ein Stipendium von einem der 13 Begabtenförderungswerke bekommen, sollten Sie auf jeden Fall eine Krankenkasse wählen, die das Stipendium als steuerfreies Einkommen anerkennt – dann zahlen Sie nämlich nur einen Krankenversicherungsbeitrag auf der »Mindestbeitragsbemessungsgrundlage«. Erkundigen Sie sich gleichzeitig bei Ihrer Krankenkasse, wie sich die Beitragsbemessung ändert, wenn Sie einen Uni-Job haben. Da die Krankenkassen immer von Wettbewerb reden: Machen Sie sich das zunutze und wechseln Sie zu der Krankenkasse, die Ihnen den besten Tarif bietet! Und wenn Sie verheiratet sind: Dann können Sie sich über die Ehepartnerin kostenlos »familienversichern«.
Zu Ihrem Überschlag der auf Sie zukommenden monatlichen Kosten gehören auch forschungsbedingte Ausgaben, die zum Teil nur einmal anfallen oder sich nur schwierig als Anteil an den monatlichen Kosten vorausberechnen lassen: Computer, Fachliteratur, Büromaterial, eventuell Kosten für Forschungsreisen und Kongressteilnahmen. (Sie können im Vorfeld nicht wissen, ob sie an dem Kongress XY, der in zwei Jahren stattfinden wird, teilnehmen sollten, oder ob Sie sich das sparen können. Ebenso kann Ihnen ein Forschungsaufenthalt im Ausland zu Beginn Ihrer Promotion überflüssig erscheinen und sich später als unbedingt notwendig herausstellen. Einen Computer haben Sie wahrscheinlich ohnehin schon, er kann aber unverhofft kaputtgehen, usw.
Bedenken Sie bitte, dass Sie bei der Berechnung Ihres monatlichen Geldbedarfs noch einen Betrag berücksichtigen sollten, der für spontane Käufe, den Besuch von Kulturveranstaltungen, Freizeitaktivitäten oder für das Nachtleben reserviert ist – für das Leben also (insofern Ihr Leben als Doktorandin aus mehr bestehen sollte als aus Arbeit und der Erhaltung der basalen Körperfunktionen).
Ein Wort noch zur Steuer: Geben Sie während Ihrer Promotionszeit jährlich eine Einkommensteuererklärung ab! Auch und gerade wenn Sie nur ein »negatives Einkommen« haben. Denn das können Sie später – wenn Sie einmal »richtiges Geld« verdienen sollten – als Verlust eintragen. Dazu zählen alle Kosten, die für Sie im Zusammenhang mit der Promotion anfallen, vom Bleistift über Kongressgebühren bis hin zu den Kosten, die für die Veröffentlichung der Dissertation anfallen. Die einzige Bedingung: Es muss für das Finanzamt plausibel sein, dass Ihre Promotion in einem Zusammenhang mit Ihrer späteren Berufswahl steht.
Denken Sie dann über mögliche Einnahmequellen nach. Einnahmequellen – neben einer eventuellen Unterstützung durch die Eltern, den Dividenden aus Ihrem Aktienportfolio oder einer solventen Partnerin – gibt es drei: eine Beschäftigung an der Universität (beziehungsweise einem Forschungsinstitut), einen Job außerhalb der Forschung, ein Stipendium. Alle drei Einnahmequellen können (in Grenzen) miteinander kombiniert werden. Zum Jobben brauche ich hier nicht viel zu sagen: Sie wissen selbst am besten, wo Sie sich in Ihrer Unistadt als studentische Aushilfe verdingen können. Deshalb rede ich hier jetzt nur über Univerträge und Stipendien.
BESCHÄFTIGUNGSVERHÄLTNISSE AN DER UNIVERSITÄT ODER AN EINEM FORSCHUNGSINSTITUT
Es gibt prinzipiell zwei Varianten: »Qualifikationsstellen« (Wissenschaftlicher Mitarbeiter), die aus den Haushaltsmitteln der Hochschule finanziert werden, und »Drittmittelstellen«, deren Finanzierung eingeworben werden muss. Die Bezahlung richtet sich im Allgemeinen nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L; das Land Hessen hat einen eigenen Tarifvertrag, TV-H), und darin jeweils nach der Entgeltgruppe 13. Qualifikationsstellen sind auf maximal 6 Jahre befristet, sie können allerdings nach einer erfolgreichen Promotion (und beiderseitigem Wunsch nach Weiterbeschäftigung) einmalig um weitere 6 Jahre verlängert werden (bei Medizinerinnen sogar um 9 Jahre). Das ist dann die Postdoc-Phase. (Den Gesetzestext zu den Befristungen finden Sie im Wissenschaftszeitvertragsgesetz – WissZeitVG).
Das Schöne (und zugleich Belastende) an Qualifikationsstellen ist, dass Sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in den akademischen Betrieb eingebunden werden. Denn das Hochschulrahmengesetz (HRG) sieht vor, dass Promovierenden »ausreichend Gelegenheit zu eigener wissenschaftlicher Arbeit gegeben« werden soll, aber auch, dass Ihnen »wissenschaftliche Dienstleistungen obliegen«, die nicht näher spezifiziert werden, und dass Ihnen in »begründeten Fällen […] die selbständige Wahrnehmung von Aufgaben in Forschung und Lehre übertragen werden« kann (§ 53 HRG).
Schön daran ist, dass Sie dadurch viele Einblicke in den Hochschulalltag von der »anderen Seite«, also der nichtstudentischen Seite bekommen, dass Sie (falls Sie mit der Abhaltung von Lehrveranstaltungen beauftragt werden) Ihre pädagogischen Fähigkeiten und Ihre »Bühnenpräsenz« trainieren können, und vor allem, dass Sie eine Menge informelles Wissen aufnehmen können und Menschen treffen, die am Lehrstuhl beschäftigt sind, an die Sie sonst nie herankämen.
Belastend kann es allerdings sein, wenn Sie an eine Professorin geraten, die übergroßen Wert auf die Erbringung »wissenschaftlicher Dienstleistungen« aller Art legt und sich dabei einen sehr weiten Interpretationsspielraum vorbehält, was eine »wissenschaftliche Dienstleistung« ist und was nicht – und die dabei aus dem Blick verliert, dass eine Qualifikationsstelle hauptsächlich dazu dienen sollte, dass Sie Ihre Promotion voranbringen können. (Lesen Sie dazu auch unten den Abschnitt »Die Vielbeschäftigte«, S. 106 ff.)
Drittmittelstellen sind meistens projektgebunden, und die Dauer der Finanzierung richtet sich nach der Laufzeit des Projekts – ist also immer zu kurz. Um die Mitteleinwerbung für ein Folgeprojekt (zur Anschlussfinanzierung) müssen Sie sich meist selbst kümmern, da von Ihnen als Inhaberin einer Drittmittelstelle erwartet wird, dass Sie sich im Metier der Drittmitteleinwerbung auskennen. Haben Sie allerdings erfolgreich Drittmittel eingeworben, ist das ein Pfund, mit dem Sie später auf dem Arbeitsmarkt wuchern können. (»Was haben Sie bisher so gemacht?« – »Ich habe wissenschaftlich geforscht!« – »Meh … und sonst so?« – »Ich bin gut in Marketing …« – »Ok. Gekauft!«)
Der Einwerbungs-, Administrations- und Evaluationsaufwand ist hoch, denn natürlich möchte der Finanzier Ihrer Promotion genau über den Fortschritt Ihrer Bemühungen und den Zusammenhang dieser Bemühungen zum Fortschritt des Gesamtprojekts informiert werden. (Die Stipendiengeber verfahren da übrigens nicht anders.) Darüber hinaus sind Sie auch als Inhaberin einer Drittmittelstelle nicht davor gefeit, mit mehr oder weniger wörtlich zu nehmenden »wissenschaftlichen Dienstleistungen« beauftragt zu werden: Mit der Erstellung von Sitzungsprotokollen, Pressetexten, der Organisation von Tagungen, redaktionellen