Der Weg zur Promotion. Stephan Schmauke
einer Qualifikationsstelle, nur hat die Drittmittelstelle eine kürzere Laufzeit.
Häufig sind auch Kombinationen aus Qualifikations- und Drittmittelstellen – denn nirgendwo steht geschrieben, dass es sich dabei immer um Vollzeitstellen handeln muss. »Halbe« oder gar »Viertel« Mitarbeiterstellen sind gängige Praxis, der Rest Ihres monatlichen Auskommens wird dann aus Drittmitteln bestritten, oder Sie müssen sonst wie aufstocken.
STIPENDIEN
Hier lassen sich zwei Großgruppen unterscheiden: die 13 Begabtenförderungswerke, die aus den Mitteln des Ministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und des Auswärtigen Amts (AA) schöpfen, und freie Stipendiengeber, die sich teils an die Vorgaben des BMBF halten, teils nicht. Einen ersten Überblick über die Vielfalt möglicher Stipendien und dahinter stehender Institutionen können Sie sich auf der Seite »stipendienlotse« des Bildungsministeriums verschaffen (www.stipendienlotse.de). Da sich die Förderbedingungen bei den fast 200 freien Stipendiengebern (von »Airbus Operations GmbH« bis »ZONTA Club München II«) naturgemäß erheblich unterscheiden, kann ich hier keine speziellen Tipps geben. Schauen Sie einfach im Netz, welche Institution zu Ihnen und Ihrem Promotionsthema passen könnte.
Die 13 Begabtenförderungswerke arbeiten – anders als die freien Stipendiengeber – unter einheitlichen Vorgaben des BMBF, weshalb hier einige strukturelle Hinweise zu diesen Promotionsstipendien gegeben werden können.
Die Idee der Begabtenförderungswerke stammt aus der Weimarer Republik. Zum einen handelt es sich da um die von Friedrich Ebert angeregte (und nach seinem Tod 1925 gegründete) Stiftung, die proletarischen sozialistischen Studenten bei der Finanzierung des Studiums unter die Arme greifen sollte, und zum anderen um die Studienstiftung des deutschen Volkes, die aus dem Dachverband der studentischen Selbsthilfevereine, der »Wirtschaftshilfe der Deutschen Studentenschaft« hervorging, ebenfalls 1925. Die Friedrich-Ebert-Stiftung wurde im Nationalsozialismus verboten, die Studienstiftung gleichgeschaltet – doch wurde Letztere bereits vor der Verkündigung des Grundgesetzes der Bundesrepublik wieder neu gegründet, die Umwandlung der nach dem Krieg ebenfalls neugegründeten Friedrich-Ebert-Stiftung in einen gemeinnützigen Verein folgte 1954.
Der Gedanke, die Vergabe von Stipendien für begabte Nachwuchswissenschaftlerinnen nicht einer einzigen zentralen Institution zu überlassen, sondern die Auswahl und Betreuung der Stipendiatinnen auf mehrere Institutionen zu verteilen, die jeweils eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe repräsentieren, führte in der Bundesrepublik zu einer wachsenden Zahl von Begabtenförderungswerken: konfessionsgebundenen, parteinahen, gewerkschafts- und wirtschaftsnahen Stiftungen, meist in der Rechtsform des »eingetragenen Vereins«. Ich liste die 13 Förderwerke nach dem Jahr ihrer Aufnahme in die öffentliche Förderung auf:
•1948: Studienstiftung des deutschen Volkes – www.studienstiftung.de
•1948: Evangelisches Studienwerk Villigst – www.evstudienwerk.de
•1954: Friedrich-Ebert-Stiftung – parteinahe Stiftung (SPD) – www.fes.de
•1955: Konrad-Adenauer-Stiftung – parteinahe Stiftung (CDU) – www.kas.de
•1956: Cusanuswerk (Förderwerk der katholischen Kirche) – www.cusanuswerk.de
•1958: Friedrich-Naumann-Stiftung – parteinahe Stiftung (FDP) – www.freiheit.org
•1966: Hanns-Seidel-Stiftung – parteinahe Stiftung (CSU) – www.hss.de
•1977: Hans-Böckler-Stiftung – gewerkschaftsnahe Stiftung – www.boeckler.de
•1990: Rosa-Luxemburg-Stiftung – parteinahe Stiftung (Die Linke) – www.rosalux.de
•1994: Stiftung der Deutschen Wirtschaft – www.sdw.org
•1996: Heinrich-Böll-Stiftung – parteinahe Stiftung (Bündnis 90/Die Grünen) – www.boell.de
•2009: Ernst-Ludwig-Ehrlich-Studienwerk (ELES) – Förderwerk der jüdischen Gemeinschaft – eles-studienwerk.de
•2013: Avicenna-Studienwerk – Förderwerk für muslimische Studierende und Promovierende – www.avicenna-studienwerk.de
Laut Auskunft der Bundesregierung wurden im Jahr 2017 von allen 13 Werken zusammen 4.001 Doktorandinnen gefördert. Davon waren 2.065 Frauen (= 51 %), 856 Doktorandinnen mit Migrationshintergrund (= 21 %) und eine nicht genannte Zahl Promovierender aus »bildungsfernen Haushalten« beziehungsweise »Erstakademikerinnen«. Naturgemäß ist die statistische Erfassung des Bildungshintergrunds schwieriger als die der Staatsangehörigkeit der Eltern oder des Geschlechts – der Schulabschluss Ihrer Eltern steht halt nicht im Pass. Daher verweist die Bundesregierung auf eine Umfrage der Studienstiftung bei den von ihr geförderten Promotionstipendiatinnen der Abschlussjahrgänge 2003 bis 2012, nach der 30 Prozent aus einem nichtakademischen Elternhaus stammen. (Weiteres zum Bildungshintergrund der in Deutschland Promovierenden finden Sie weiter unten, S. 133.)
Im selben Jahr – 2017 – wurden an allen deutschen Hochschulen (laut Statistischem Bundesamt) 28.404 Menschen promoviert, was circa 1 % der in diesem Jahr eingeschriebenen Studierenden (2.844.978) entspricht. Dagegen ist die Quote der Promotionsförderungen durch die 13 Förderwerke gar nicht so schlecht: 4.001 gegen 28.404, das sind 14 Prozent. Sie sollten also keinesfalls die Option eines Promotionsstipendiums in den Wind schlagen, weil Sie etwa glauben, dass Ihre persönlichen Chancen zu gering seien. Sehen Sie es mal so: Wenn Sie sich zur Promotion entschlossen haben, ist die Wahrscheinlichkeit, ein Promotionsstipendium zu bekommen, 14-mal höher als die Wahrscheinlichkeit zu Beginn des Studiums, Ihr Studium überhaupt mit einer Promotion abzuschließen …
Wenn Sie sich also »weltanschaulich« mit einem der 13 Begabtenförderungswerke anfreunden können, sollten Sie die Gelegenheit nutzen und sich die erforderlichen Bewerbungsinformationen beschaffen (online!). Beachten Sie aber schon im Vorfeld folgende Aspekte:
•Sie können sich für ein Promotionsstipendium auch dann bewerben, wenn sie während Ihres Studiums noch nicht von einem der Begabtenförderungswerke unterstützt wurden. Sie sollten sich allerdings möglichst früh bewerben, am besten gleich, nachdem Sie die Zulassung zur Promotion erhalten haben, und nicht erst, wenn Sie bereits zwei oder drei Jahre im Promotionsprozess stecken.
•Bei der finanziellen Förderung einer Promotion kommt es nicht darauf an, dass Sie nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz BAföG-berechtigt sind; das heißt, das Elterneinkommen spielt keine Rolle.
•Eine Förderung durch eine parteinahe Stiftung setzt nicht die Mitgliedschaft in der Partei voraus, derer sich die entsprechende Stiftung »nahe« fühlt. Doch sollten Sie sich zumindest vorstellen können, diese Partei zu wählen. Das heißt, Sie sollten über eine argumentativ gestützte politische Meinung verfügen, die den gesellschaftspolitischen Idealen der jeweiligen Stiftung einigermaßen entspricht. Sollten Sie beispielsweise dem Anarchosyndikalismus zugetan sein, empfiehlt sich eine Bewerbung bei der Hanns-Seidel-Stiftung nicht. Und wenn Sie von sich selbst behaupten, ein »eher unpolitischer« Mensch zu sein, empfiehlt sich eine Bewerbung bei den parteinahen Stiftungen generell nicht.
•Für eine Förderung durch eine konfessionelle Stiftung gilt natürlich dasselbe. Sich