Seewölfe Paket 17. Roy Palmer

Seewölfe Paket 17 - Roy Palmer


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paar Wochen schmoren zu lassen. Woher kommen Sie, wohin wollten Sie?“

      „Wir segeln so spazieren“, erklärte der Fell-Mann pampig.

      „Das ist keine Antwort.“

      „Na schön, dann ist das eben keine Antwort“, knurrte der Fell-Mann. „Und jetzt will ich dir mal was sagen, du Dickmops! Wir haben es nicht nötig, uns von dänischen Lümmeln kontrollieren zu lassen. Die See ist frei und gehört niemandem. Wir haben das Recht, hinzusegeln, wohin es uns paßt. Niemandem sind wir darüber Rechenschaft schuldig. Soweit kommt’s noch, daß an jeder Pißecke einer steht, kontrolliert und Zollgebühren erhebt. Eine Sauerei ist das, jawohl! Und jetzt laß uns raus aus diesem Bums, sonst passiert was!“

      „Sie scheinen nicht zu begreifen, daß Sie sich ins Unrecht gesetzt haben“, sagte der Hafenkapitän verärgert. „Der Sund ist eben keine freie See, wie Sie das bezeichnen. Wer ihn passieren will, muß dafür bezahlen …“

      „Aasgeier!“ schnaubte der Fell-Mann.

      „Ihre Beleidigungen ändern daran nichts“, erklärte der Hafenkapitän. „Im übrigen waren Sie dabei, eine erhebliche Menge an Waffen und ein beträchtliches Vermögen in Form von Perlen, Edelsteinen, Schmuck sowie Gold- und Silbertalern in die Ostsee einzuführen. Was bezweckten Sie damit?“

      „Mit den Waffen“, brüllte der blonde Klotz, „wollten wir euch verdammten Schnüfflern Feuer unter dem Arsch machen, und die Klunker sind dazu da, die Puppen tanzen zu lassen!“

      „Wenn das so ist“, sagte der Dicke und grinste freundlich, „dann haben wir ja noch einen Grund, Sie hier für längere Zeit zu beherbergen. Na, wir werden sehen, wer den längeren Atem hat.“

      Und damit verließen der Hafenkapitän und Sverre Olsen den Zellentrakt. Die wilden Flüche überhörten sie.

       2.

      Am Nachmittag des 12. April 1593 – zehn Tage nach den Ereignissen mit den beiden Verrückten, die nach wie vor in der Zelle der Hafenkommandantur einsaßen – liefen die „Isabella IX.“ und die „Wappen von Kolberg“ in den Hafen von Helsingör ein und vertäuten an der Pier.

      Die Wachboote unten bei Saltholm hatten sie ungehindert passieren lassen. Das hatte seinen besonderen Grund. Denn Philip Hasard Killigrew, der Kapitän der „Isabella“, hatte einen Revers des Hafenkommandanten, auf dem verbrieft war, daß er, gleichgültig, wie oft er den Sund durchsegelte, keine Zollgebühren mehr zu bezahlen brauchte.

      Diese Sondergenehmigung kam nicht von ungefähr, sondern war viel mehr eine Dankesschuld des Hafenkapitäns Eric Hornborg an die Seewölfe, die einen schlimmen Bösewicht zur Strecke gebracht hatten: Aage Svensson und seine Sundpiraten.

      Im Geleit der „Isabella“ hatte auch die „Wappen von Kolberg“ Arne von Manteuffels den südlichen Zugang zum Sund passieren dürfen, ohne daß man sie zur Kasse bat.

      Beide Galeonen hätten ohne weiteres sofort weiter in das Kattegat segeln können, aber Hasard hatte einen triftigen Grund, Helsingör anzulaufen: er wollte einen Gefangenen loswerden, nämlich den polnischen Generalkapitän Witold Woyda, der nachweislich den dänischen Kaufmann Thorsten Tyndall in Hapsal oben am Rigaer Meerbusen ermordet und beraubt hatte.

      Da war wieder das „Gold der Ostsee“ – Bernstein – im Spiel gewesen, das die polnische Krone für sich beanspruchte. Daß im Vollzug dieses Anspruchs Morde passierten – um nämlich die privaten Bernsteinhändler auszuschalten –, verstieß gegen allgemeines, gültiges Recht und war nicht damit zu entschuldigen, daß man im Auftrag der polnischen Krone handelte. Mord blieb Mord, und Macht ging eben nicht vor Recht.

      Hasard maßte sich nicht an, den Richter zu spielen und den Mörder an die Rah zu knüpfen – was er durchaus hätte tun können, zumal Witold Woyda auch über die kleine „Wappen von Kolberg“, Arnes früheres Schiff, hergefallen war und es nach tapferer Gegenwehr versenkt hatte. Ein Teil von Arnes damaliger Crew war bei diesem Kampf gefallen oder ertrunken.

      Nein, Hasard hielt es für richtig, den Mörder den dänischen Behörden zu übergeben, denn der Ermordete war ein Däne gewesen. Mochten die Dänen entscheiden, was mit Witold Woyda geschehen sollte. Sie waren dafür zuständig, nicht er. Und in Helsingör war die letzte Gelegenheit, den Mann von Bord zu geben, bevor sie nach England zurückkehrten. Hier kannte er ja auch den dicken Hafenkapitän, der ihm zu Dank verpflichtet war. Er würde sich um den Mörder kümmern müssen und ihn dem Gericht zuführen.

      Das war also der Grund, warum er Helsingör angelaufen hatte. Was das allerdings zur Folge haben würde, dazu hätte keine noch so verwegene Phantasie ausgereicht, sich das auszumalen, geschweige denn vorauszuahnen.

      Der Zufall, dieser windige Bursche, dieser Zauberer und Scharlatan, war mit im Spiel und hatte bereits die Karten gemischt. Den Seewölfen sollten gerade die Haare zu Berge stehen.

      Merkwürdig war nur, daß in diesem Fall Old Donegal Daniel O’Flynn total versagte, kein Jucken im Holzbein hatte und auch keinerlei spiritistische Impulse empfing – nichts da.

      Er lümmelte gähnend am Schanzkleid, betrachtete die Hafenszenerie und dachte an gar nichts. Nur als der dicke Hafenkapitän eilfertig und schnaufend heranwatschelte, verzog er das wetterharte Gesicht zu einem herablassenden Grinsen.

      „Da ist ja unser Dickerchen“, sagte er zu Smoky, der gleich ihm am Schanzkleid lümmelte, sich allerdings nicht für den Hafenkapitän interessierte, sondern in eine andere Richtung peilte, deren Endpunkt ein wohlgerundetes Frauenzimmer war, das hinten über den Kai lustwandelte und dabei sehr hübsch die Hüften schwenkte.

      „Wie?“ fragte er desinteressiert und peilte weiter in seine Richtung, wobei er an vieles dachte, was mit runden Formen und dem Paradies zu tun hatte.

      „Wo schaust du denn hin?“ sagte Old O’Flynn erbost und wollte noch einiges Moralische hinzufügen, aber Hasards Stimme schnitt dazwischen.

      Er sagte, ein bißchen klirrend: „Ist hier vielleicht jemand an Bord, der so freundlich wäre, die Stelling auszubringen? Aber bitte, ich kann’s auch selbst tun, wenn die Gentlemen anderweitig beschäftigt sind.“

      Smoky zuckte zusammen, und Edwin Carberry röhrte in altgewohnter Manier los, daß er es bald leid sei, sich von morgens bis abends mit einer verlausten Bande von Tagedieben, Nichtsnutzen, Faulenzern und gesengten Affenärschen herumschinden zu müssen, die dem lieben Gott die Zeit klauten und nur in die Hände spuckten, wenn’s was zu fressen oder zu saufen gäbe.

      „Und wer steckt den Anschiß ein?“ brüllte er Smoky an.

      „Du, weil du der Profos bist und ein breites Kreuz hast“, sagte Smoky, und weil sich Carberrys Brustkasten wie ein riesiger Blasebalg aufblähte, fügte er hastig hinzu: „Ich muß jetzt die Stelling ausbringen, Ed!“

      Und schon flitzte er zur Kuhl, wo Paddy Rogers, Jan Ranse und Luke Morgan bereits die Stelling aus dem Laderaum wuchteten und zum Schanzkleid schleppten.

      Carberry öffnete die Pforte und war am Knurren wie eine gereizte Bulldogge.

      Ein paar Minuten später konnte der Hafenkapitän über die Stelling an Bord marschieren, lächelnd wie ein Posaunenengel.

      „Freunde!“ rief er und breitete die Arme aus, als wolle er alle umarmen. „Daß ihr wieder da seid! Nein, wie ich mich freue!“

      Nils Larsen übersetzte grinsend.

      Hasard sprang auf die Kuhl hinunter und begrüßte den Dicken. Daß er jetzt wieder lachte, verbuchte der grimmige Profos zu seinen Gunsten. Schließlich war die Stelling ja noch rechtzeitig auf die Pier geschoben worden.

      Der Hafenkapitän zwinkerte Hasard listig an.

      „Na, war mein Tip für Wisby gut, Kapitän Killigrew?“ fragte er.

      Hasard hatte ihn vor zwei Monaten nach einer Bezugsquelle für Bernstein gefragt, und da hatte ihm der Dicke ebenso augenzwinkernd wie jetzt


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