Seewölfe Paket 17. Roy Palmer

Seewölfe Paket 17 - Roy Palmer


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Hasard seufzend. „Schon schlimm genug, wenn ein Profos wegen einer lächerlichen Perücke außer Fassung gerät. Das war’s doch, nicht wahr, Mister Carberry?“

      Carberry brummelte etwas Unverständliches vor sich hin.

      „Wie bitte?“ fragte Hasard.

      „Äh – ich sagte, Scheißperücke.“ Und dann polterte er los: „Warum mußten mir diese Säcke auch das Mistding durch die Beine schießen?“

      „Das frag ich mich auch“, sagte Hasard. „Und vielleicht solltest du darüber einmal gründlich nachdenken, falls dich ein solches Nachdenken nicht überfordert. Na gut, fühlt ihr euch noch in der Lage, den Generalkapitän in die Zelle der Hafenkommandantur zu bringen? Ich meine, ohne mit Perücken oder sonstwas herumzuspielen? Oder sollen das lieber Dan O’Flynn und Batuti übernehmen?“

      Oh, der Kapitän steckte es ihnen. Und wie! Hohn und Spott in seiner Stimme waren nicht zu überhören. Dabei sagte er es ganz betulich, etwa so, wie man mit kleinen Kindern spricht, die man ermahnt, schön brav zu sein, weil sonst der Butzemann kommt.

      Es war erfreulich anzusehen, wie rot sie wurden, alle drei. Bei Carberry verfärbten sich sogar auch noch die Ohren. Sein Atem ging auch heftiger.

      „Das erledigen wir!“ stieß er hervor. Die Betonung lag auf dem „wir“.

      Darum schoß Hasard noch einen Pfeil ab und sagte: „Trotzdem begleite ich euch.“

      Das hieß im Klartext: Bei euch Brüdern bin ich mir nicht sicher, nehmt’s mir nicht übel. Darum gehe ich mit.

      Da bissen sie die Zähne zusammen, und das war auch wiederum sehr erfreulich, weil es zeigte, daß sie betroffen waren. Bei Carberry knirschte es, als zerbeiße er Eisennägel.

       3.

      „Hier entlang bitte“, sagte der dicke Hafenkapitän und deutete auf einen Gang, der vom Hauptflur abzweigte. Er hüstelte. „Wie gut, daß noch eine Zelle frei ist, wir haben nämlich nur zwei. In der anderen sitzen zwei Verrückte.“

      Nils Larsen dolmetschte wieder.

      Carberry grunzte etwas vor sich hin und marschierte in den Gang. Den Polen hatte er nach wie vor am Wickel und schleifte ihn neben sich her wie einen Lumpensack. Witold Woyda weilte noch im Traumland, wohin ihn Carberrys eisenharte Rechte befördert hatte. So schnell würde er sein Traumland auch nicht wieder verlassen.

      Carberry selbst wußte das, und darum wurmte es ihn noch mehr, daß der Kapitän sie begleitete. Völlig unnötig war das, fand er. Aber natürlich, der Kapitän hatte einen Piek auf ihn und wollte ihn ärgern. Das war schon deutlich geworden, als er wegen des Ausbringens der verdammten Stelling herumgemotzt hatte.

      Immer nimmt er ausgerechnet mich aufs Korn, dachte Carberry. Was hatte Smoky gesagt? Weil du der Profos bist und ein breites Kreuz hast! Ha! Der hatte gut reden …

      „Dort ist es!“ Die Stimme des Hafenkapitäns unterbrach Carberrys Gedankenkette. Der Dicke ging hinter ihm. Dann folgten die anderen.

      „Dort ist es!“ sagte Nils Larsen in der englischen Sprache.

      „Bin doch nicht blöd“, knurrte Carberry wütend. „Wo ’n Posten vorsteht, müssen ja wohl die Zellen sein, was, wie?“

      Der Posten starrte den Profos irritiert an, zumal der ja noch jemanden am Kragen hatte. Dieser Narbenmann war ihm ganz und gar nicht geheuer, aber dann erkannte er dahinter seinen Hafenkapitän und atmete erleichtert auf.

      „Sie können öffnen, Nielsen!“ rief der Hafenkapitän. „Wir kriegen noch einen Gefangenen – einen Mörder!“

      Der Posten zog die beiden Riegel zurück, öffnete die Tür, die zum Zellentrakt führte, und trat zur Seite, um Carberry vorbeizulassen.

      Carberry grunzte wieder vor sich hin und stampfte mit seinem Witold Woyda in den Trakt.

      Ein Klotz von Kerl ragte urplötzlich vor ihm auf, und eine Faust raste auf ihn zu. Ein bißchen konnte Carberry reflexartig den Schädel noch zur Seite nehmen, nach rechts. Die Faust krachte ihm nur aufs linke Auge. Mit dem rechten Auge sah er flüchtig fünf, sechs Schritte entfernt ein Zellengitter, dessen Stäbe auseinandergebogen waren.

      Das geschah alles in Bruchteilen von Sekunden.

      Die Wut schoß wie eine Flamme in Carberry hoch.

      Das war ein unheimlicher Schlag gewesen, der ihm da aufs linke Auge gedonnert worden war. Aber Carberry war nicht der Mann, der sich eine Klüse dichtschlagen ließ – und nicht zurückzahlte.

      So rasselte der Generalkapitän ein zweites Mal zu Boden, und kaum hatte Carberry ihn entlassen, schoß auch schon seine Rechte aus der Hüfte hoch – wie gesagt: sein Hammer. Und hinter dem Hammer steckten Explosivkräfte. Die Treibladung bestand aus berstender Wut.

      Er traf voll.

      Der Kerl war auch viel zu vernagelt, um auszuweichen. Er stierte Carberry an, als sei der ein Ochse mit drei Köpfen. Dann war’s auch schon mit dem Stieren aus, weil er sich im gestreckten Flug rückwärts in Richtung der auseinandergebogenen Eisenstäbe befand.

      Dafür aber stierte jetzt Carberry – wenn auch nur mit einem Auge.

      Teufel, den Kerl kannte er doch?

      Der Kerl blieb zwischen den auseinandergebogenen Eisenstäben hängen wie ein Fisch in der Reuse. Er trug Riemensandalen, nach Wikingerart um die Waden geschnürt, und Fellkleidung.

      „Uahhh!“ röhrte Carberry und übertönte mühelos den Krach, der hinter ihm herrschte. „Ich werd noch wahnsinnig …“

      Aber das nutzte ihm nichts, und er konnte auch nicht mehr erklären, warum er wahnsinnig würde, denn noch ein Schatten tauchte auf, blitzartig und auf seiner linken Seite, die er wegen seines linken Auges nicht mehr so recht wahrnehmen konnte, und genau auf dieses linke Auge krachte noch ein Schlag, und zwar auch so ein Ding, das man getrost mit einer abgefeuerten Culverine vergleichen konnte – was die Wucht betraf.

      Carberry taumelte nach rechts. Der Schatten flog an ihm vorbei und prallte wie ein Rammbock in die Männer, die sich in der Tür drängelten. Sie flogen auseinander.

      Aber der Schatten wurde von Hasard aufgehalten, der sich ganz hinten befunden hatte. Er sah nur eine Gestalt auf sich zurasen. Wer diese Gestalt war, konnte er nicht erkennen, weil der Gang nicht genügend erhellt war. Er sah nur das Aufblitzen eines goldenen Ohrrings. Dann stand der Kerl auch schon vor ihm.

      Hasard empfing ihn mit einer vorschießenden Rechten, punktgenau auf die Kinnspitze gezielt.

      Der Kerl ging zu Boden, als habe ihn eine Axt gefällt.

      Im Gang und im Zellentrakt herrschte ein unbeschreiblicher Tumult.

      Da brach wieder Carberrys Stimme durch das Getöse, laut wie Donner, der einem Blitz unmittelbar folgt. Und er brüllte, daß es das doch gar nicht gäbe, weil dieser Affenarsch in dem Scheiß-Thule zugange wäre, aber nicht hier, und das sei doch alles Wahnsinn, verdammt und zum Teufel, und man müsse ja an seinem eigenen Verstand zweifeln.

      Ja, das rasselte der Profos nur so herunter, und es hörte sich ganz so an, als sei Carberry tatsächlich am Überschnappen.

      Irritiert beugte sich Hasard über den gefällten Mann, drehte ihn zu sich herum und starrte ihm ins Gesicht. Von hinten näherte sich ein Soldat mit einer Lampe, und der Lichtschein tanzte über das Gesicht des Mannes.

      Hasard glaubte, seine Augen spielten ihm einen Streich.

      Das war doch der Boston-Mann!

      Ja, er mußte es sein! Der goldene Ohrring am linken Ohr und der fehlende rechte Daumen waren die untrüglichen Zeichen, daß es sich um ihn handeln mußte.

      Neben Hasard ging Matt Davies in die Hocke und sah dabei aus, als hätte ihm jemand einen Hammer auf den Schädel geschlagen. Mit hervorquellenden Augen stierte er


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