Seewölfe Paket 17. Roy Palmer

Seewölfe Paket 17 - Roy Palmer


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erfahren und sie nichts von uns. Das genau ist der Zufall, oder wie du es nennen magst. Ist das nicht verrückt?“

      „Mehr als verrückt“, sagte Arne, „und das nur, weil ihr Witold Woyda in die Kommandantur brachtet.“

      Hasard nickte.

      „Thule“, murmelte Arne von Manteuffel nachdenklich, „das ist doch nur eine Legende. Weißt du, wo das liegen soll?“

      „Keine Ahnung, Arne.“ Plötzlich umwölkte sich Hasards Miene, weil ihn Arnes Bemerkung auf einen Gedanken gebracht hatte, der ihm gar nicht gefiel: Thorfin Njal mußte in Schwierigkeiten stecken. Hatte er sich mit „Eiliger Drache über den Wassern“ da oben im ewigen Eis verrannt und saß in der weißen Hölle fest? Und hatten Eike und der Boston-Mann Hilfe holen sollen? Aber was hatte die beiden dann hierher verschlagen?

      Es war, als habe Arne mitgedacht. Er sagte: „Vielleicht waren die beiden Männer auf der Suche nach euch. Wußten sie, daß ihr die Absicht hattet, in die Ostsee zu segeln?“

      Hasard starrte ihn verblüfft an. „Eigentlich nicht, denn wir wußten es ja selbst noch nicht, als wir uns trennten. Wir hatten eine geheime, königliche Order, die wir erst öffnen durften, wenn wir die Höhe von Skagen erreicht hatten.“

      „Aber der Wikinger wußte von der Order?“

      „Ja.“

      „Auch, wo ihr sie öffnen durftet?“

      „Ja, auch das“, erwiderte Hasard.

      Arne lächelte. „Für mich wäre das klar. Wer oben bei Skagen – von England kommend – eine geheime Order öffnen soll, kann als Ziel eigentlich nur die Ostsee haben.“

      „Und warum nicht das südliche Norwegen?“

      Arne schüttelte den Kopf.

      „Schau auf die Karte, Hasard“, sagte er. „Dann hättet ihr von Skagen aus nach Norden aufkreuzen müssen, quer über den ganzen Skagerrak, und das ist eine verdammt happige Ecke. Eure königlichen Pläneschmiede wären schlecht beraten gewesen, euch unten bei Skagen erfahren zu lassen, daß ihr das südliche Norwegen ansteuern sollt. Nein, gerade Skagen deutet darauf hin, daß man plante, euch in die Ostsee zu schicken. Ihr brauchtet nur noch Skagens Horn, die Nordspitze Jütlands, zu runden und nach Süden zu steuern. Wenn ich diesen logischen Schluß ziehe, müßten das auch der Wikinger und seine Leute getan haben.“

      Hasard nickte. „Eike und der Boston-Mann werden es uns sagen. Jetzt bin ich doch ziemlich gespannt.“

      Philip Hasard Killigrew sollte sich noch wundern.

       4.

      Sie saßen wie arme Sünder aufgereiht auf der Langbank im Krankenraum, Carberry am rechten Flügel, dann folgte Eike, neben ihm der Boston-Mann.

      Mac Pellew war in der Kombüse verschwunden und tauchte mit einer recht ansehnlichen Kruke wieder auf. Inzwischen hatte der Kutscher seinen Bedarf aus der Bordapotheke auf einem Tisch bereit gelegt.

      „Jetzt gluckern wir erst mal einen“, sagte Mac Pellew, „weil der Kapitän das befohlen hat.“ Er entkorkte die Kruke.

      Der Kutscher schnüffelte zu ihm hin und sagte: „Du hast doch schon eben einen in der Kombüse gegluckert, Mac.“

      „Hab ich“, gab Mac ohne weiteres zu. „Muß ja probieren, ob das Zeug noch gut ist, nicht?“

      „Du endest noch mal im Suff“, sagte der Kutscher mißbilligend. „Außerdem wird Schnaps, der lange lagert, nie schlecht, sondern eher noch besser.“

      „Und wenn jemand Gift reingetan hat?“

      „Dann wärst du jetzt ein toter Mann“, sagte der Kutscher lakonisch.

      Mac Pellew reckte die magere Gestalt. „Dann wäre ich für euch alle gestorben.“

      „Amen“, sagte der Kutscher ungerührt. „Gib Ed die Buddel, du Flaschennuckler, ihn hat’s am ärgsten erwischt.“

      „Ich trink nur, weil’s der Kapitän befohlen hat“, sagte Carberry dumpf, starrte aber mit seinem einen Auge begehrlich auf die Flasche. Es sah aus, als beäuge ein Huhn mit schiefgeneigtem Kopf einen besonders fetten Regenwurm.

      „Natürlich“, sagte der Kutscher.

      „Glaubst du mir nicht, Kutscher?“ fragte Carberry drohend.

      „Doch, doch, ist schon recht, Ed.“ Der Kutscher hatte sich vorgenommen, dieses Mal keinen Streit mit Carberry zu suchen, dem er sonst nie aus dem Wege ging. „Es ist immer gut, sich vorher zu stärken, um allen Schicksalsschlägen gegenüber gewappnet zu sein. Man sieht dann alles leichter an, auch mit einem Auge.“

      „Richtig“, sagte Mac Pellew und reichte dem Profos die Kruke.

      Carberry nahm sie in Empfang und schluckte erst einmal trocken. Die Andeutung des Kutschers zwang ihn dazu. Teufel! Die Sache mit seinem Auge schien doch ziemlich schlimm zu sein, wenn der Kutscher schon von Schicksalsschlägen sprach. Tatsächlich sah er links überhaupt nichts mehr. Da war’s ihm doch ein bißchen schwummerig. Allerdings hing sein Unvermögen, etwas zu sehen, damit zusammen, daß sein Auge total zugeschwollen war. Aber daran dachte er nicht.

      Und dann gluckerte er einen, um sich gegen die Schicksalsschläge zu wappnen. Der eine, den er gluckerte, bestand aus einer ganzen Reihe. Mac Pellew zählte im stillen mit. Der Profos hörte erst bei zehn auf. Zehnmal geschluckt! Mein lieber Mann! Denn Carberrys Schlucke waren sowieso schon doppelte, wenn nicht dreifache. In den ging soviel rein wie in einen Ochsen, aye, aye, Sir!

      Carberry grunzte zufrieden, wischte sich über den Mund und reichte die Kruke an Eike weiter.

      Der grinste gequält mit seinem verschwollenen Mund und nuschelte: „Tut mir leid, Ed, daß ich dich erwischt hab. Ich – ich hab dich erst erkannt, als ich schon zugeschlagen hatte.“

      Carberry mußte den Kopf sehr weit nach links drehen, um Eike fixieren zu können.

      „Ich bin tieftraurig“, sagte er und hatte wieder seine dumpfe Stimme. „Meine besten Freunde erkennen mich nicht mehr. Schon das ist ein herber Schicksalsschlag.“

      „Ich – ich wußte ja nicht, daß du eine neue Frisur hast“, sagte Eike entschuldigend in seiner Nuschelsprache, die im Nuscheltext so klang: „Isch – isch wusche scha nisch, dasch schu eische neusche Frischur hascht.“

      „Was hat er gesagt?“ fragte Carberry den Kutscher.

      „Laß ihn, Ed. Er kann nicht deutlich sprechen, und das tut ihm auch weh. Mußtest du denn so hart zulangen?“

      „Tut mir leid“, sagte Carberry dumpf.

      Und dann half er Eike, die Krukenöffnung zwischen die Zähne zu kriegen. Bei Eike zählte Mac Pellew fünf Schlucke, aber die waren natürlich wesentlich kleiner als Carberrys.

      Dann war der Boston-Mann dran, den Hasard am Kinn erwischt hatte. Das war jetzt ebenfalls verschwollen und verfärbt, und er hatte auch etwas Mühe, zu sprechen, aber nicht so sehr wie Eike. Er sagte ebenfalls, daß es ihm leid täte, Carberry mit der Faust begrüßt zu haben – „und dann noch aufs selbe Auge.“

      „Das war nicht Absicht, Ed“, sagte er, „ganz bestimmt nicht. Hätten wir denn ahnen können, daß ausgerechnet unser alter Freund Carberry durch die Tür tritt? Wie Eike hab ich dich nicht erkannt. Aber du hast schon recht. Es ist eine Schande, wenn sich alte Freunde nicht mehr erkennen und statt dessen mit den Fäusten aufeinander losgehen. Also, ich trinke auf das Wohl deines Auges, Mister Carberry!“

      „Danke“, sagte der Profos gerührt.

      Der Boston-Mann gluckerte sieben Schlucke, wie Mac Pellew feststellte. Der Kutscher hielt sich mal wieder zurück und genehmigte sich nur zwei. Dafür brachte dann wieder Mac ordentlich Luft in die Kruke, obwohl ihn der Kutscher tadelnd fixierte.

      „Mac,


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