Seewölfe Paket 6. Roy Palmer

Seewölfe Paket 6 - Roy Palmer


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Holzknüppel.

      Beide kippten um. Jeff schlug zur Sicherheit noch zweimal mit dem Knüppel zu, dann winkte er und zeigte triumphierend seine Zähne.

      „Wer sagt’s denn“, brummte Hasard. „Und jetzt müssen wir Ed und den anderen Bescheid geben. Die warten nämlich immer noch darauf, daß hier oben der Tanz losgeht.“

      „Schöner Tanz“, sagte Ferris fröhlich.

      Mit ein paar Schritten erreichte er den Rand des Kliffs. Da stand er nun in voller Größe, und den beiden Spaniern, die angestrengt zu der Hochfläche hinaufgestarrt hatten, drohten fast die Augen aus dem Kopf zu fallen.

      „Buh!“ rief Ferris.

      „Ed! Matt! Bob!“ befahl Hasard scharf.

      Ehe die beiden Spanier dort unten begriffen, wie ihnen geschah, fielen die drei Seewölfe über sie her wie die Teufel.

      Matt Davies knallte dem ersten seinen Stahlhaken gegen die Stirn.

      Bob Grey klopfte Nummer zwei mit einem Stein auf den Schädel, so daß der Bursche wie ein Bündel Lumpen in sich zusammenfiel.

      Ed Carberry stemmte beide Hände in die Hüften, holte tief Luft und durchbohrte Bob Grey mit einem vernichtenden Blick.

      „Das war meiner!“ fauchte der Profos aufgebracht.

      „Wer zuerst kommt, haut zuerst“, widersprach Bob mit schlagender Logik. Der Profos zählte prompt sämtliche fürchterlichen Strafen auf, die auf See, an Land oder in der Hölle auf vorwitzige, unverschämte Kerle warteten. Aber immerhin verschnürte er dabei schon einen der Spanier, während Bob den zweiten fesselte.

      Ein paar Minuten später wurden auch diese beiden auf die Hochfläche gezogen.

      Dreizehn Männer waren jetzt hier oben an die Felsblöcke gebunden und geknebelt, damit sie ihre Leute nicht durch Geschrei warnen konnten. Siebzehn Männer hielten sich noch an Bord der „Santa Monica“ auf. Und diese Männer standen unter dem Kommando eines Kapitäns, der sein Schiff fast auf das Riff gesetzt, den zweiten Suchtrupp viel zu spät losgeschickt hatte und der demnach schlicht und einfach nichts taugte.

      „Die frühstücken wir im Vorbeigehen“, sagte Ed Carberry überzeugt.

      „Sicher“, bestätigte Hasard. „Nur dürfen sie nicht merken, daß gar nicht ihre eigenen Leute in den Booten sitzen. Sonst schießen sie uns nämlich in Fetzen, nur mal so im Vorbeigehen.“

      „Nachts sind alle Katzen grau“, bemerkte Smoky weise.

      „Richtig. Aber wir werden uns trotzdem zumindest mit den Kopfbedekkungen der Dons tarnen, damit der Unterschied nicht so auffällt. Bill bleibt hier oben und …“

      Der Schiffsjunge protestierte. „Warum soll ich …“

      „Weil ich es sage!“ Gegen diesen Ton gab es keinen Widerspruch, und Bill zog beleidigt den Kopf ein. „Dreizehn Mann von uns besetzen die Boote“, fuhr Hasard fort. „Und zwar diejenigen, die am ehesten als Spanier durchgehen würden, also keine Riesen wie Ferris oder Ed. Die anderen schwimmen, und zwar im Sichtschutz der Boote. Wer seinen verdammten Schädel zu weit vorstreckt, kriegt von mir persönlich die Haut abgezogen. Gary, du spielst den Drahtigen und legst die Hände in den Schoß. Ben wird dicht neben dir bleiben, damit er auf spanisch für dich antworten kann, falls die Kerle an Bord dich anrufen. Aber sieh zu, daß du deine blonden Haare versteckst, klar? Noch Fragen?“

      „Wer schwimmt?“ fragte Ferris Tucker sachlich.

      Hasard grinste. „Du, Ed, Smoky, Stenmark, Shane und ich. Bill, du paßt auf Arwenack auf! Ed, wo steckt Sir John?“

      „In meiner Tasche“, sagte der Profos grinsend. „Aber ich laß ihn lieber hier bei Bill. Nicht, daß mir jemand das Rabenaas versehentlich zu Brei schlägt, wenn da drüben das Fest losgeht.“

      „Gut. Und jetzt knöpft euch die Spanier vor und seht zu, daß das mit den Kopfbedeckungen klar geht. Wenn die Dons an Bord ein blondes Haar sehen, sind wir verraten!“

      Die Männer brauchten nur wenige Minuten.

      Danach war kein blondes, rotes oder weißes Haar mehr zu sehen, und die Dons auf der „Santa Monica“ würden erst im letzten Moment erkennen, daß nicht ihre Landsleute zurückkehrten, sondern eine englische Entermannschaft.

      Im Westen stand die Sonne als blutrote Scheibe über der Kimm.

      Noch eine Viertelstunde, schätzte Hasard, dann würde es dunkel sein.

      Von jetzt an konnten sie nur noch warten.

      9.

      Der letzte winzige Rest der roten Sonne versank hinter der Kimm.

      Wie ein Tuch breitete sich die Dunkelheit über die See und die Insel. Der Mond stand als schmale Sichel am Himmel, auch die Sterne verbreiteten nur einen schwachen Schimmer, der mit seinen glitzernden, tanzenden Reflexen auf dem Wasser mehr verbarg, als er enthüllte. Es war unmöglich, bei dieser Beleuchtung auf mehr als vier, fünf Schritte Entfernung ein Gesicht genau zu erkennen. Die Spanier auf der „Santa Monica“ würden erst aufmerksam werden, wenn es zu spät war – und zu spät sein würde es in dem Augenblick, in dem die beiden Boote nicht mehr im Schußbereich der Kanonen lagen.

      Hasard wartete noch ein paar Minuten, dann richtete er sich auf und stieß den Daumen nach oben.

      Der lange, hagere Gary Andrews, der von der Statur her dem drahtigen spanischen Offizier am ähnlichsten sah, stieg als erster ins Boot, Ben Brighton, der Kutscher, Old O’Flynn, Will Thorne, Matt Davies und Jeff Bowie folgten ihm. Die Männer, die schwimmen würden, standen auf der Brandungsplatte bereit. Sie waren vollständig angezogen. Das würde das Schwimmen zwar erschweren, aber dafür würden sie im Wasser nicht so leicht zu erkennen sein.

      Hasard wartete und lauschte in die Dunkelheit. Das Boot, das in Sichtweite der „Santa Monica“ lag, würde als erstes starten. Und es war mit den Männern besetzt, die als Spanier gelten konnten: Sam Roskill, Bob Grey, der sich ein Tuch um sein blondes Haar geschlungen hatte, Luke Morgan, Blacky, Pete Ballie und Al Conroy. Sie alle konnten in etwa Spanisch. Es würde reichen, um dem Capitan zu erklären, sie hätten sich verirrt, falls er fragte, und jedem anderen Überneugierigen zu sagen, er solle gefälligst nicht so herumbrüllen, Caramba!

      Hasard grinste, als er die Schritte der Männer hörte, die zur Landzunge marschierten.

      Sie übten bereits. „Caramba!“ fauchte Sam Roskill. „Hijo de Puta!“ gab Luke Morgan prompt zurück. Und Al Conroy, der Stückmeister, demonstrierte genießerisch, daß er von allen Teufeln der Hölle über eine kastilische Wanderhure bis hin zum blöden Hammel und anderen freundlichen Bezeichnungen aus dem Tierreich eine ganze Menge saftiger englischer Flüche ins Spanische übersetzen konnte.

      „Die sollen bloß nicht so übertreiben“, murmelte Ben Brighton besorgt.

      „Werden sie auch nicht.“ Hasard nickte seinem Bootsmann zu. „Gut, Ben! Gary, laß verdammt noch mal die Finger von den Riemen! Ein spanischer Offizier pullt doch nicht, du Esel!“

      „Scheiß-Spanier“, sagte Gary Andrews ungerührt.

      „Da kannst du recht haben. Alles fertig?“

      Zustimmendes Gemurmel. Hasard watete als erster ins Wasser. Ed Carberry, Ferris Tucker, Big Old Shane, Smoky und Stenmark folgten ihm. Der rothaarige Tucker und der blonde Stenmark trugen Tücher um die Köpfe, der riesenhafte Shane hatte sich zusätzlich das halbe Gesicht verhüllt, um seinen grauen Bart zu verbergen. Sie hatten zwar nicht vor, sich den Spaniern zu zeigen, aber sicher war sicher.

      Die Männer begannen in dem Augenblick zu schwimmen, in dem sich das Boot unter kräftigen, langen Riemenschlägen in Bewegung setzte. Die Rudergasten pullten, als wollten sie Rekorde brechen. Oder als legten sie es darauf an, mit den Schwimmern ein Wettrennen zu veranstalten.

      „Ben!“ zischte Hasard. „Ihr seid wohl übergeschnappt!


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