Seewölfe - Piraten der Weltmeere 176. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 176 - Roy Palmer


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      Impressum

      © 1976/2016 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-513-2

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1.

       Kapitel 2.

       Kapitel 3.

       Kapitel 4.

       Kapitel 5.

       Kapitel 6.

       Kapitel 7.

       Kapitel 8.

       Kapitel 9.

       Kapitel 10.

      1.

      Alles Unheil hatte für Kapitän Curly Saunders von der Zweimast-Karavelle „Miß Hannah“ an jenem stürmischen Maitag begonnen, an dem es den Kabeljau-Fänger von der Neufundlandbank zur Belle Isle, der nördlichen Festlandregion des von den Spaniern „Bacalaos“ genannten Landes, und von dort aus weiter nach Nordwesten verschlagen hatte – bis hin zu dem Land, das man Labrador getauft hatte.

      Von diesem Tag an, den Saunders fortan den „schwärzesten Tag“ seines Lebens zu nennen pflegte, hatte die Irrfahrt der „Miß Hannah“ begonnen, die nie mehr zu enden schien.

      Fockmastbruch, ein halbes Dutzend Lecks, zwei Tote und vier Verwundete – das war die Bilanz, die Saunders im Anschluß an das Toben des Wetters zog.

      Das Kompaßgehäuse mitsamt dem Kompaß, das auf dem Achterdeck in zwei stabilen Messinggabeln geruht hatte, war durch einen Brecher davongerissen und außenbords gespült worden. Allein mit dem Jakobsstab und dem Astrolabium vermochten Saunders und seine Achterdecksleute die genaue Position der „Miß Hannah“ nicht mehr festzustellen, und die Suche nach der Meeresstraße, die sie zurück nach Südosten und zu den Fischgründen von Bacalaos führte, wurde zu einem verzweifelten Unterfangen.

      Dann, nach vielen Tagen sinnlosen Manövrierens in unbekannten Gewässern und vor fremden, unwirtlichen, menschenabweisenden Küsten, mal den Anblick der lebensfeindlichen Tundra vor Augen, mal in den öden und grauen Weiten des Wassers verloren, hatte sich an diesem einen von vielen kalten Tagen das einschneidende Ereignis angebahnt, das ihrer aller Leben grundlegend verändern sollte.

      Der Ausguck der „Miß Hannah“ hatte einen Kajak gesichtet. Aus dem Mannloch des Eskimo-Bootes heraus hatte eine Gestalt gestikuliert, ein Mann in Fellkleidung, jedoch kein Ureinwohner des kalten, häßlichen Nordlandes, sondern – wie Saunders und seine Männer beim Nähersegeln durch ihre Spektive festgestellt hatten – ganz offensichtlich ein Mensch aus der Alten Welt, ein Europäer.

      Was hätte da nähergelegen, als nun mit der „Miß Hannah“ längsseits des Kajaks zu gehen und den wohl in Not befindlichen Fremden zu übernehmen? Saunders war nie ein Mann gewesen, der damit zögerte, anderen seine Hilfe zukommen zu lassen, denn er selbst hatte zur See und auf Land erfahren, was es bedeutete, im richtigen Moment Unterstützung durch entschlossene, couragierte Menschen zu erhalten.

      Einem Franzosen hatten sie da beigestanden, wie sich nun erweisen sollte, und wie es schien, wäre er jämmerlich zugrunde gegangen, wenn Curly Saunders, dessen Crew und die Karavelle nicht erschienen wären.

      „Mein Name ist Fagaralle“, hatte der Fremde sich vorgestellt.

      Ein Jäger und Fallensteller sei er, hatte er weiter berichtet, und nur um Haaresbreite sei er den Verfolgern entwichen, deren Mordlust er zum Opfer hatte fallen sollen – wilden Eskimos, Karibu-Jägern und Strandräubern, die ihm, Fagaralle, die Beute hatten abnehmen wollen. Offenbar hatten sie letzteres auch verwirklicht, denn weder Felle noch Fleisch von erlegten Tieren hatte Fagaralle bei seiner Flucht mit dem Kajak retten können.

      „Nur meine nackte Haut habe ich gerettet“, hatte er Curly Saunders immer wieder gesagt. „Und dafür gebührt Ihnen, Mister Saunders, mein ganzer Dank, denn ohne Sie wäre ich jetzt ein toter Mann. Die Wilden hätten mich mit ihren Kajaks und Umiaks eingeholt, oder aber ich wäre verhungert und verdurstet, oder die See hätte mich verschlungen.“

      „Wie viele Tage haben Sie auf See zugebracht?“ hatte Saunders von ihm wissen wollen.

      „In dem Kajak, meinen Sie?“

      „Ja.“

      „Mehr als fünfzig Stunden, Sir, wenn ich mich nicht verschätzt habe.“

      „Und der Sturm?“

      „Meine Flucht fand nach dem Sturm statt, der über Labrador hinwegbrauste, Mister Saunders.“

      „Ja, richtig.“

      „Andernfalls wäre ich darin umgekommen“, hatte Fagaralle versichert. „Aber auch bei ruhiger See wären meine Stunden gezählt gewesen, ich habe mich in dieser Beziehung keinen Illusionen hingegeben.“

      Sie hatten sich stets auf englisch unterhalten, der Sprache, die auch Fagaralle, der ein kluger und belesener Mann zu sein schien, hervorragend beherrschte. Saunders war bald hocherfreut darüber gewesen, Fagaralle an Bord der „Miß Hannah“ zu haben, denn der Mann wußte nicht nur bildhaft und spannend Begebenheiten aus seinem Leben zu schildern, er verfügte auch über einen derartig großen Optimismus, daß Saunders neue Hoffnung schöpfte, bald den gesuchten Weg zurück nach Neufundland zu finden.

      Wie sich Fagaralles Auseinandersetzung mit den Eskimos von Labrador im einzelnen abgespielt hatte und was die wahren Hintergründe für die Flucht des Franzosen waren – das sollte Saunders nie erfahren.

      Niemals hätte er, der Kapitän eines solide gebauten und recht gut armierten Segelschiffes und einer fast vierzigköpfigen Mannschaft, diesen hochgewachsenen Franzosen an Bord aufgenommen, wenn er geahnt hätte, was er damit angerichtet hatte.

      Schließlich, an einem trügerisch ruhigen Tag unter dem fortdauernden dämmrigen Licht, das die „Miß Hannah“ jetzt umgab, folgte das böse Erwachen.

      Curly Saunders mußte einsehen, wie unbedarft, ja, unbekümmert er gehandelt, wie geradezu kindlich treuherzig er sich sträflicherweise benommen hatte. Jetzt erhielt er die Abrechnung dafür präsentiert.

      Die Pest in Person hatte er sich an Bord geholt, eine Schlange an seinem Busen genährt. Die Maske fiel, und das grausame, unbarmherzige Antlitz eines geborenen Verbrechers trat zum Vorschein.

      Zu diesem Zeitpunkt hatte die „Miß Hannah“ eine Irrfahrt von nahezu vier Wochen hinter sich. Nach wie vor. hatte alles Planen und Forschen nichts genutzt – kein Weg schien zurück nach Bacalaos, zu Dorsch und Kabeljau und dem großen, erleichterten Aufatmen zu führen.

      Kälter war es geworden, eiskalt. Die Besatzung fror und murrte, immer mehr griffen Unmut und Verzweiflung um sich. Wer aufmuckte, wurde vom Zuchtmeister der Karavelle ausgepeitscht oder in die Vorpiek gesperrt, und die Drohung, daß eines guten Tages der eine oder andere an der Rah baumeln würde, schwebte unausgesetzt über der Crew.

      Der Proviant war auf ein Minimum zusammengeschrumpft. Gegen die Kälte half keine noch so dicke Kleidung, und Feuer durfte nur noch in der Kombüse entzündet werden, da sonst die Holzvorräte der „Miß Hannah“ zu schnell zur Neige


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