Seewölfe Paket 24. Roy Palmer

Seewölfe Paket 24 - Roy Palmer


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      De Zavallo konnte nur mit den Schultern zucken.

      „Das ist verdächtig“, sagte Don Lope de Sanamonte. „Jean Ribault – das ist kein deutscher, sondern ein französischer Name. Besteht die Besatzung dieser Karavelle nicht ausschließlich aus Deutschen?“

      „Bis auf den Bastard.“

      „Welchen Bastard?“

      „Den Indianermischling“, erwiderte de Zavallo. „Der Kapitän behauptet, er sei der Lotse, aber das glaube ich nun wieder nicht. Ja, Sie haben recht, Señor, es ist einiges faul an diesen Deutschen.“

      Don Lope brauchte im übrigen nur den Namen Killigrew zu vernehmen, und schon sah er rot. Innerlich war er aufgewühlt genug. Was steckte hinter diesen Vorgängen? Bereiteten irgendwelche Schnapphähne unter dem Oberkommando des Killigrew-Halunken neue Anschläge vor? Auf St. Augustine? Das mußte er herausfinden – mit allen Mitteln.

      „Gut“, sagte der Kommandant. „Holen Sie mir als ersten diesen O’Leary, Teniente. Aber denken Sie daran, ihn schwer bewachen zu lassen. Er ist bekannt für seine Gewalttätigkeiten.“

      „Ja, Señor“, sagte de Zavallo. Er zeigte klar und verließ den Raum. Hatte er das nicht prächtig hingekriegt? Der Kommandant hatte sogar den Verdacht bestätigt, den er, de Zavallo, von Anfang an gegen diese deutschen Kauffahrer gehegt hatte.

      Wenn sich jetzt noch herausstellte, daß sie in Wirklichkeit Piraten waren – nicht auszudenken! Er, der Teniente, hatte dann ein Komplott verhindert, einen Angriff auf St. Augustine!

      Diese und ähnliche Gedanken begleiteten Don José de Zavallo bei der Rückkehr in den Kerker. Er gab seine Befehle und ließ O’Leary aus der Zelle holen. Noch war der Kerl bewußtlos. Aber ein Kübel eiskalten Wassers, das ihm einer der Wärter ins Gesicht klatschte, beendete seine Träume.

      O’Leary fuhr hoch und verzog wegen der Schmerzen sein Gesicht.

      „Was ist?“ fragte er dumpf.

      „Das wirst du gleich sehen“, entgegnete de Zavallo. Er bedeutete seinen Soldaten mit einer Geste, daß sie O’Leary aufrichten sollten. Die Männer packten ihn und stellten ihn auf die Beine, dann zerrten und stießen sie ihn fort – vier Soldaten und drei Wärter, die ihn keinen Moment aus den Augen ließen.

      De Zavallo schritt hinter ihnen her, seine Miene war überheblich und triumphierend. Jetzt würde man ja erfahren, was es mit der Behauptung des Engländers auf sich hatte.

      Und sollte die Wahrheitsfindung schwierig werden, dann würde das peinliche Verhör den Hunden die Zunge lösen, entweder diesem O’Leary oder dem deutschen Ersten Offizier, der vielleicht doch kein richtiger Deutscher, sondern möglicherweise ein Franzose war. Oder ein englischer Pirat? Wie auch immer, es mußte sich jetzt herausstellen.

      Don Lope de Sanamonte empfing den ganzen Trupp in seinem Arbeitsraum. Die Wärter und Soldaten nahmen O’Leary in die Mitte, damit er ja nicht auf den Gedanken verfiel, dem Kommandanten etwa an die Gurgel zu springen. De Zavallo stand breitbeinig da und hatte die Hand auf dem Griff seiner im Waffengurt steckenden Steinschloßpistole liegen.

      Doch der ehemalige Bootsmann der „Lady Anne“ schien keine kämpferischen Absichten zu hegen. Nachdem ihm die Wärter in der Mangel gehabt hatten, sah er reichlich zerbeult und zerschrammt aus. Mit etwas gesenktem Kopf stand er da und musterte sein Gegenüber.

      Auch der Dolmetscher war eingetroffen. Er mußte jedes Wort übersetzen, da O’Leary ja des Spanischen nicht mächtig war und Don Lope wiederum kein Englisch konnte.

      „O’Leary“, sagte Don Lope, nachdem er den Bootsmann eingehend betrachtet hatte. „Du hast versucht, eine Gefängnisrevolte anzuzetteln. Weißt du, welche Strafe darauf steht?“

      „Ich kann mir das denken“, erwiderte O’Leary, als der Dolmetscher für ihn ins Englische übersetzte, was der Kommandant sagte. „Aber ich habe keine Meuterei anzetteln wollen. Das ist nicht wahr. Ich will nur meine Rechte geltend machen.“

      „Rechte?“ wiederholte Don Lope höhnisch. „Was für Rechte hat ein gefangener Engländer auf spanischem Herrschaftsgebiet?“

      „Das Recht, die Wahrheit über alle Hundesöhne und Piraten auszusagen, die diese Küsten bedrohen“, entgegnete O’Leary. „Dieser eine Kerl, den die Soldaten heute früh angeschleppt haben – ich hab’ in ihm einen Kumpan des Killigrew wiedererkannt, jawohl, des Seewolfs. Ich schwöre Stein und Bein, daß es die Wahrheit ist, Herr Kommandant.“

      „Also ist er kein deutscher Handelsfahrer?“ fragte Don Lope.

      „Daß ich nicht lache!“ stieß O’Leary höhnisch hervor. „Der und ein harmloser Kauffahrer? Ich werd’ nicht wieder! Er ist ein Galgenstrick, ein skrupelloser Pirat! Er ist sogar derjenige gewesen, der als Kapitän mit der gekaperten ‚Lady Anne‘, dem Schiff des erschossenen Sir John, davongesegelt ist, wahrscheinlich zum Schlupfwinkel dieser Piratenstrolche. Sie kennen ja unsere Geschichte, nicht wahr, Herr Kommandant?“

      „Ja, ja, schon gut“, sagte Don Lope. Er hatte diese Geschichte der „Schiffbrüchigen und Versprengten“ der „Lady Anne“ ja oft genug vernommen, insbesondere aus dem Mund des Sir James. Er hatte keinerlei Interesse, sie schon wieder zu hören. „O’Leary“, sagte er. „Ich höre das sehr gern. Aber wo sind die Beweise? Behauptungen kann jeder aufstellen.“

      „Es sind keine Behauptungen“, sagte O’Leary. „Es ist die reine Wahrheit, nichts als die Wahrheit.“

      „Du lügst nicht, um Vorteile für dich herauszuschinden?“ fragte Don Lope lauernd.

      „Das würde ich nie tun!“ stieß O’Leary empört hervor. „Ich weiß, was ich sage. Und jeder aus der Crew kann meine Aussage bestätigen! Selbst unter der Folter könnte ich nichts anderes aussagen!“

      „Gut“, sagte Don Lope. Er hob die Hand und gab dem Teniente einen Wink. „Abführen. Er wird in den Nebenraum gesperrt und streng bewacht.“

      „Ja, Señor“, sagte de Zavallo.

      „Und Sie holen mir den anderen Mann“, sagte der Kommandant. „Diesen Ribo oder Rebau oder wie er heißt.“

      O’Leary frohlockte, als die Wärter und Soldaten ihn in den fensterlosen Nebenraum sperrten. Don Lope glaubte ihm – er wollte ihm glauben. Und sehr schnell würde er herausfinden, daß er, O’Leary tatsächlich die Wahrheit gesprochen hatte. Dann war Ribault geliefert.

      Und für O’Leary gab es vielleicht eine Vergünstigung. Vielleicht ließen die Spanier, diese Hunde, ihn sogar frei. Als Gegenleistung wäre das durchaus angemessen gewesen, denn über Ribault konnten die Spanier in Erfahrung bringen, wo sich der Schlupfwinkel des Seewolfs befand.

      Und wenn Ribault auf der Folterbank nicht zu singen begann, sondern lieber verreckte, würde schon einer seiner Kumpane zwitschern – ganz gewiß sogar.

       7.

      Als die Soldaten und Wärter ihn aus seiner Einzelzelle holten, konnte Jean Ribault sich ausmalen, was jetzt geschah. Scharfsinn gehörte nicht dazu, das zu erraten. Er schritt zwischen seinen Bewachern zur Treppe und dann die Stufen hinauf.

      Es gab keine Gelegenheit mehr, sich mit Renke Eggens und den anderen Kameraden zu verständigen. Aber was sollte er ihnen auch sagen? Daß er nichts verraten würde, war sicher, und mehr konnte ein Mann in seiner Lage nicht tun. Jeder Fluchtversuch war sinnlos. Aus der Festung St. Augustine kam keiner heraus.

      Kurze Zeit darauf stand Jean Ribault vor Don Lope de Sanamonte. Er hielt dessen Blick stand und verzog keine Miene.

      „Sie sind Jean Ribault“, sagte der Festungskommandant.

      Sollte Ribault es leugnen, sich des deutschen Namens bedienen? Nein – etwas sagte ihm, daß es keinen Sinn hatte. Er verließ sich darauf, daß de Sanamonte ihn nicht kennen konnte, deswegen sagte ihm der Name nichts. Er mußte ihn


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