Seewölfe - Piraten der Weltmeere 421. Burt Frederick

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 421 - Burt Frederick


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verschränkte die Arme vor der schmalen Brust und nickte ermunternd.

      „Nur zu, Mister Corbett. Sie stören nicht im mindesten. Lassen Sie sich gesagt sein, daß ich über Ihre Anwesenheit durchaus froh bin.“

      Corbett zog erstaunt die Augenbrauen hoch. Die so unvermutete Offenheit des Kapitäns brachte ihn in Verlegenheit. Deshalb ging er nicht darauf ein, sondern wandte sich dem Grund seines Auftauchens zu.

      „Wenn ich Sie mit einer Angelegenheit behelligen darf, die ich selbst zu verantworten habe“, sagte er gedehnt.

      Nun war es Tottenham, der sein Erstaunen nicht verbergen konnte.

      „Das klingt ja beinahe so, als ob Sie sich etwas vorzuwerfen hätten. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, weshalb. Nicht bei Ihnen, Mister Corbett.“

      Der Erste Offizier senkte geschmeichelt den Kopf. Ihm war nicht entgangen, daß sich in Sir Edward seit dem Untergang der „Orion“ offenbar eine Wandlung vollzogen hatte. In seinem ganzen Verhalten wirkte er jetzt bestimmter und geradliniger. Gleichzeitig gab es aber auch Momente, in denen er von tiefer Nachdenklichkeit gepackt wurde. So war es der Fall gewesen, als er sich hierher abgesondert hatte.

      Marc Corbett gab sich innerlich einen Ruck, nahm wieder Haltung an und blickte dem hageren Mann offen in die Augen.

      „Es handelt sich um die Gefangenen von der ‚Lady Anne‘, Sir Edward, die achtundzwanzigköpfige Crew des Sir John Killigrew. Ich kann mir Selbstvorwürfe in dieser Beziehung nicht ersparen. Die Dinge entwickeln sich auf eine Art und Weise, wie ich es nicht erwartet habe.“

      „Weil Sie die Kerle aus der Vorpiek befreit haben?“ entgegnete Sir Edward stirnrunzelnd. „Deshalb trifft Sie doch keine Schuld. Im Gegenteil.“

      „Sicher war es richtig, Sir, die Kerle nicht wie Ratten absaufen zu lassen. Insofern gebot es schon die Christenpflicht, sie über Bord zu jagen, als feststand, daß der Untergang der ‚Orion‘ nicht mehr abzuwenden war.“

      „Meine Rede“, sagte Tottenham mit bekräftigendem Nicken. „Dieser Christenpflicht haben Sie genügt. Und nicht nur das. Ihnen gebührt noch besonderes Lob dafür, daß Sie als einziger an Bord der ‚Orion‘ daran gedacht haben, die hilflosen Gefangenen zu retten. Denn hilflos waren sie in diesem Moment, einerlei, was man ihnen auch sonst alles zur Last legen kann.“

      „Ich weiß, Sir Edward“, sagte Marc Corbett leise. „Und ich danke Ihnen aufrichtig. Aber ich hätte vorhersehen müssen, wie sich die Kerle hier an Land aufführen. Ein Umstand, der mir erhebliche Sorgen bereitet.“

      Sir Edward rieb sich das Kinn mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand.

      „Ich verstehe. Aber auch in dem Punkt meine ich, Sie beruhigen zu müssen. Erstens gab es keine Möglichkeit, die Killigrew-Kerle hier auf der Insel sofort wieder zu fesseln und zu bewachen. Dafür waren wir alle zu sehr mit uns selbst beschäftigt. Zweitens haben wir meines Erachtens keine ernsthaften Schwierigkeiten zu befürchten, da unsere Mannschaft zahlenmäßig weit überlegen ist. Und wir verfügen über Waffen und Munition, mein lieber Corbett – was wir wiederum auch Ihrer Umsicht verdanken.“

      „Sie sollten mir nicht zu sehr schmeicheln, Sir Edward. Ich habe nur meine Pflicht getan.“

      „Ehre, wem Ehre gebührt. Ich habe jedenfalls meine Gründe, wenn ich jetzt, in dieser Situation, einiges sage, was ich früher nie gesagt habe.“

      Marc Corbett starrte ihn Atemzüge lang ungläubig an.

      „Sir Edward!“ rief er dann voller Bestürzung. „Wenn ich Ihnen durch mein Verhalten das Gefühl gegeben haben sollte, ihre Autorität anzuzweifeln, dann bitte ich um …“

      Tottenham unterbrach ihn mit einer energischen Handbewegung.

      „Unsinn. Wenn Sie so wollen, haben Sie mir vielleicht ein wenig die Augen geöffnet. Etwas, wofür ich Ihnen dankbar sein muß. Aber davon wollen wir nicht reden. Nicht jetzt.“ Sein Blick wanderte für einen Moment auf die Bucht hinaus. Dann sah er wieder den Ersten Offizier an. „Was bereitet Ihnen solches Unbehagen in Zusammenhang mit Killigrews Strolchen?“

      „Ich vermute, daß sie sich mit Mister Stewart verbünden werden.“

      „Ja, und?“

      „Daraus könnte dann doch eine ernsthafte Gefahr entstehen.“

      Sir Edward sah den Ersten Offizier an, als studiere er dessen Gedanken.

      „Ihre Rechnung weist einen kleinen Denkfehler auf, Mister Corbett. Sie dürfen die achtzig Mann von der Crew der ‚Dragon‘ nicht zusammen mit Stewart und den Killigrew-Kerlen in einen Topf werfen. Mit den adligen Gentlemen noch viel weniger.“

      Marc Corbett schwieg sekundenlang. Er mußte zugeben, daß er diesen Gesichtspunkt nicht erwogen hatte. Aber wäre Sir Edward früher in der Lage gewesen, solche Überlegungen anzustellen? Es war das Erstaunliche, das mit seiner rätselhaften Wandlung zu tun haben mußte – mit eben jener Wandlung, die wiederum mit ihrem gerade beginnenden Dasein als Schiffbrüchige zusammenzuhängen schien.

      „Sie meinen, Sir Edward, die ‚Dragon‘-Crew würde sich nicht unbedingt mit Killigrews Leuten verbünden?“

      „Genau das. Kennen Sie nicht den Unterschied zwischen anständigen Seeleuten und durchtriebenen Küstenhaien? Wissen Sie denn nicht, zu welcher Sorte diese Sippschaft in Cornwall gehörte?“

      „Doch, Sir, das ist mir durchaus bekannt.“

      „Na also. Dann sollten Sie aufhören, diesen Punkt überzubewerten. Ich denke, es gibt zur Zeit Vordringlicheres, mit dem wir uns beschäftigen müssen.“

      „Allerdings, Sir“, erwiderte der Erste und konnte abermals sein Erstaunen nicht verbergen. Sir Edward entwickelte eine Art von praktischem Denken, die einem geradezu unheimlich erscheinen konnte. „Die Männer haben eine erste Bestandsaufnahme abgeschlossen. Alle sechs Jollen befinden sich in seetüchtigem Zustand, einschließlich der Besegelung.“

      „Ausgezeichnet. Und weiter?“

      „Waffen und Munition konnten wir ebenfalls in genügender Menge bergen. Ich habe veranlaßt, daß die Pulverfässer an einen geschützten und doch ausreichend luftigen Platz in Strandnähe gebracht werden – vorläufig, bis wir eine bessere Lagermöglichkeit haben. Darauf komme ich gleich noch zu sprechen, Sir.“

      Tottenham lächelte, denn er ahnte bereits, auf was dieser stets praktisch denkende Mann hinaus wollte.

      „Wie sieht es mit den Waffen aus, Mister Corbett?“

      „Musketen, Tromblons und Pistolen in ausreichender Zahl, Sir. Wir können jeden Mann mit mindestens einer Waffe ausrüsten, etliche sogar mit Muskete und Pistole zugleich, wenn es sein muß. Wir haben außerdem bereits Äxte, Sägen und andere Werkzeuge geborgen. Die Proviantvorräte werden für die nächsten paar Tage reichen. Ich meine aber, wir sollten schon heute die erste Gruppe von Männern mit Musketen losschicken. Wir sollten so rasch wie möglich feststellen, ob es auf der Insel jagdbares Wild gibt.“

      „Der Meinung bin ich auch“, sagte Kapitän Tottenham.

      „Außerdem“, fuhr Corbett fort, „sollten wir unverzüglich mit dem Bau von Hütten beginnen. Verstehen Sie mich nicht falsch, Sir. Es klingt vielleicht so, als hätte ich vor, mich für einen längeren Aufenthalt auf der Insel einzurichten. Ich halte die Hütten aber aus Gründen der Zweckmäßigkeit für angebracht. Zum einen wären natürlich die Männer vor Sturm und Regen geschützt. Wichtiger erscheint mir aber, daß wir unsere gesamte Ausrüstung sicher unter Dach und Fach haben. Ich denke also auch an ein kleines Munitionsdepot, das besonders bewacht werden müßte.“

      Sir Edward nickte und dachte eine Weile darüber nach.

      „Ich stimme Ihnen zu“, erwiderte er dann. „Was ich über Killigrews Meute gesagt habe, soll nicht heißen, daß ich das Risiko etwa unterschätze. Ihr Vorschlag ist gut, Mister Corbett. Hütten sind für uns auf jeden Fall von Vorteil.“

      „Dann


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