Seewölfe Paket 10. Roy Palmer

Seewölfe Paket 10 - Roy Palmer


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in Fahrt, unser Kutscher. Aber ich an seiner Stelle würde doch vorsichtig sein. Wenn Shane, dieser krummbucklige Eisenbieger, seine große Wut kriegt, dann ist er imstande und rammt den Kutscher ungespitzt durch die Planken.“

      „Shane“, sagte Hasard scharf.

      Big Old Shane hob verdutzt den Kopf. „Was …“

      „Du hinderst den Kutscher nicht an der Ausübung seiner Pflicht, verstanden? Das ist ein Befehl!“

      „Aye, Sir“, murmelte der Schmied von Arwenack.

      „Philip“, sagte der Seewolf zu seinem Sohn. „Lauf in die Kombüse und hol eine Flasche Rum. Shane soll ruhig einen ordentlichen Schluck davon nehmen, aber erst, wenn der Kutscher ihn fertig verbunden hat.“

      „Ja, Dad, Sir“, gab Philip junior zurück. Und fort war er, flitzte über die Kuhl zum Kombüsenschott, öffnete es und schlüpfte in das Allerheiligste des Kutschers, um die gewünschte Flasche zu holen.

      Hasard ließ seinen Blick weiter nach links wandern und sah das Boot, das eben außenbords auftauchte, von den Männern höher gehievt und dann binnenbords geholt wurde. Vorsichtig fierten sie es auf die Kuhl ab. Batuti und Richard, der mittlerweile nun doch zu sich gekommen war, stiegen aus.

      Der Gambia-Mann, Jeff Bowie und Bob Grey dirigierten Luc und Richard vor sich her, führten sie zum Vordecksschott und brachten sie ins Kabelgatt, um sie dort ausbruchssicher einzusperren.

      Hasards Blick wanderte wieder über Deck und verharrte auf Alewas Gestalt. Sie schien den Männern, die sich rund um sie herum aufgebaut hatten, gerade etwas über die Begebenheiten an Land erzählt zu haben, soviel ließ sich aus ihrer ernsten Miene und ihren Gesten schließen. Dan O’Flynn stand dicht vor ihr und sagte auf spanisch: „Toll, wie du dich aus Louis’ Griff befreit hast, Alewa. Aber wie konntest du wissen, daß die Pistole nicht geladen war?“

      „Einmal hat er auf mich geschossen und dann nicht nachgeladen. Keine Zeit dazu gehabt“, erklärte sie, und ein feines Lächeln stahl sich in ihre Züge.

      „Ein hübsches Kind“, sagte die Rote Korsarin. „Und rein wie die Natur, nicht wahr? Hat sie dich auch geküßt?“

      „Ja.“

      „Sie sind schon hinreißend, diese Hawaii-Mädchen, nicht wahr?“

      Er sah sie an. „Ich finde deine Bemerkung ziemlich unpassend und unangebracht. Alewas Leute schweben sicherlich in der gleichen tödlichen Gefahr, in der sie sich bis vor kurzem befunden hat. Da solltest du nicht auch noch sticheln, Siri-Tong.“

      Sie nahm es hin, ohne mit der Wimper zu zucken. „Ja, du hast recht, ich sehe es ein. Aber wenn das so ist, dann dürfen wir keine Zeit verlieren. Wir müssen handeln. Die Piratenbande könnte sich aus Wut über unsere Landung über die gefangenen Insulaner hermachen. Denn Zegús Leute und auch Thomas Federmann befinden sich doch in der Gewalt der Seeräuber; nicht? Oder wie ist das eigentlich?“

      „Das will ich gerade von dem Mädchen erfahren“, sagte der Seewolf und ging zu Alewa hinüber. Siri-Tong, Ben Brighton, Old O’Flynn, Smoky und Hasard junior folgten ihm auf dem Fuß. Philip junior, der die Flasche Rum gerade an den Kutscher übergeben hatte, schloß sich ihnen an.

      Der Seewolf bedeutete dem Polynesiermädchen, sich auf dem Rand der Kuhlgräting niederzulassen. Er selbst nahm neben ihr Platz und begann: „Wann sind die Piraten auf Hawaii gelandet?“ Er hielt es für das beste, gezielte Fragen an sie zu richten. So gut, daß sie einen kompletten, zusammenhängenden Bericht liefern konnte, war ihr Spanisch nun doch wieder nicht.

      Sie dachte nach und hielt schließlich die gespreizten Finger beider Hände hoch. „Zehn – zehn Tage. Richtig?“

      Die Zeitrechnung der Bewohner von Hawaii schien sich von der der Europäer wesentlich zu unterscheiden, doch Thomas Federmann mußte auch diese Art des Denkens und Messens in seinem Bestreben, ihnen soviel wie möglich über die abendländische Kultur zu vermitteln, an seine eingeborenen Freunde weitergegeben haben.

      „Zehn Tage nur“, sagte Hasard nachdenklich. „Ich dachte, die Franzosen hätten sich schon seit längerer Zeit auf der Insel niedergelassen.“ Er sprach spanisch, damit auch Alewa ihn verstand.

      „Vielleicht sind wir gerade rechtzeitig gekommen“, warf Siri-Tong ein. „Das ist ja ein toller Zufall.“

      „Warte“, sagte er. „Nicht so voreilig.“

      Alewa blickte sie alle der Reihe nach an, ihre Augen waren geweitet, als wäre sie von einer wunderbaren Erscheinung überwältigt. „Pele – die Göttin der Feuerseen –, sie hat euch geschickt“, sagte sie. „Sie hat Alewas Flehen erhört.“

      „Alewa“, fuhr der Seewolf in seiner Befragung fort. „Wo sind die anderen? Deine Schwestern und Brüder? Zegú, der König von Hawaii – und Thomas Federmann, unser deutscher Freund?“

      „Fort …“

      „Was? Alle fort?“

      Sie holte tief Luft, dann entgegnete sie: „Nicht alle, Lobo del Mar. Zwei Schiffe erschienen vor zehn Tagen. Zwei. Jedes mit drei Bäumen.“

      „Masten“, berichtigte Hasard.

      „Ja, Masten. Männer landeten, und wir dachten, sie wären Freunde. Zegú ließ Musik spielen und Tänze vorführen. Wir Mädchen hängten Fremden Kränze aus Blumen um. Dann kam das Böse …“

      „Die Franzosen zeigten sich von ihrer üblen Seite?“

      „Ja. Ein kurzer Kampf – zwei Brüder von uns wurden getötet. Wir weinten und klagten. Die Piraten wollten uns Mädchen in den Busch schleppen. Aber Thomas Federmann half uns. Er rettete uns.“

      „Dieser Teufelskerl“, entfuhr es Siri-Tong. „Aber ich möchte gern wissen, wie er das fertiggebracht hat. Die Freibeuter sind wie die wilden Tiere. Es erscheint mir unwahrscheinlich, daß er das verhindern konnte.“

      „Warte doch“, sagte der Seewolf noch einmal. Zu Alewa gewandt, erkundigte er sich: „Was tat Thomas Federmann?“

      „Sagte, er würde ihnen seinen Schatz schenken.“

      „Seinen Schatz?“

      „Ach, ich weiß schon!“ rief Carberry. „Sir, die ‚Pieces of eight‘, die Achterstücke, die wir ihnen damals hiergelassen haben. Der Anteil der Insulaner am Schatz der ‚Santa Ana‘.“

      „Ja, ja“, sagte Alewa aufgeregt. Obwohl der Profos englisch gesprochen hatte, hatte sie doch die Wörter „Pieces of eight“ und „Santa Ana“ verstanden. „Nao de China“, stieß sie hervor. „Die Manila-Galeone. Thomas Federmann hat die Münzen vergraben, damals. Wie Lobo del Mar ihm gesagt hatte.“

      „Himmel“, sagte der Seewolf. „Er wollte sie nicht annehmen, aber ich riet ihm dazu. Ich war der Meinung, eines Tages könnte der Stamm das Geld doch vielleicht gebrauchen. Wenn ich gewußt hätte, daß er es benutzen müßte, um sich und seine Freunde freizukaufen, hätte ich das wahrscheinlich anders formuliert.“

      „Piraten waren gierig. Ließen von uns ab. Drohten Thomas, er würde sterben, falls gelogen“, fuhr Alewa erregt fort. „Dann Mitte der Insel, Hügel. Dort graben, viel graben. Thomas und vier Männer des Stammes. Masot brüllte los wie böser Geist, als er dann Achterstücke sah.“

      „Masot? Wer ist das?“ wollte Hasard wissen.

      „Der Anführer.“

      „Moment mal, ich denke, das ist Louis.“

      Sie schüttelte den Kopf. „Masot Häuptling. Louis Unterhäuptling von anderes Schiff. Louis hiergeblieben mit Hälfte von Horde. Masot mit den anderen auf größerem Schiff fort. Fort – vor sieben Tagen.“

      „Masot ist der wirkliche Piratenführer“, sagte Hasard versonnen. „Louis ist der Kapitän auf dem zweiten Segler, untersteht aber Masots Kommando. So weit, so gut. Warum aber haben sie sich getrennt?“

      Alewa


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