Jenny Marx. Marlene Ambrosi

Jenny Marx - Marlene Ambrosi


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gar keine geistigen Genüsse gäbe, daß man ein bloß materielles Leben führe. Wir haben Bücher die Hülle und Fülle, französische…, deutsche…, und was mehr wert ist, – höchst interessante, liebenswürdige Menschen zu unserm täglichen Umgang. Besonders intim bin ich mit der Frau eines Predigers, die jeden Nachmittag zu mir in den Kursaal kommt. Ihr Mann hat kürzlich angefangen, den Jean Paul zu übersetzen. Es ist überhaupt merkwürdig, wieviel man sich hier und in Frankreich mit deutscher Literatur beschäftigt, wieviel Deutsches hier in dem Volk noch überall durchblickt. Denkt Euch, in Straßburg wird in den meisten Kirchen deutsch und nur ausnahmsweise französisch gepredigt. Im Elsaß wird nur deutsch in den untern Volksklassen gesprochen …“33 Fräulein von Westphalen fühlte sich wohl, angemessen akzeptiert und konnte ihre Kenntnisse über eine andere Grenzregion erweitern. Aber, wo immer sie war, Karl fehlte. „Daß er hinter mir liegt, der Ort des Jammers, das alte Pfaffennest, mit seiner Miniatur-Menschheit, sagt Dir die überschrift dieses Blättchens; es soll Dir nun weiter erzählen von unsrer Reise ins Land der Vogesen, meinem innern und äußern Leben in der kleinen, freundlichen Baderesidenz, vorher aber mußt Du stille sein und lauschen, Du teurer Liebling, lausche den trauten Liebesgrüßen, die es Dir bringt, den süßen, zarten Worten der Liebe, die es Dir zulispelt. Teurer Karl, könntest Du jetzt bei mir sein, dürft’ ich an Deinem Herzen ruhen, mit Dir vereint hinausschauen ins heitre, freundliche Tal, die anmutigen Wiesengründe, die Berge mit ihren waldigen Höhen! Doch ach, Du weilst so fern, so fern, so unerreichbar; vergebens sucht Dich mein Auge, vergebens breiten sich meine Arme nach Dir aus, vergebens rufe ich sie Dir zu, alle die süßen Namen der zärtlichsten Liebe; den stummen Zeugen Deiner Liebe muß ich sie aufdrücken, alle die heißen Küsse …“34, schrieb Jenny am 24. Juni 1838 an Karl voller Sehnsucht. All ihr Denken und Sehnen galt nur dem Verlobten im so fernen Berlin. Wann würde ihr größter Wunsch erfüllt und sie seine Ehefrau werden? Die Entscheidung lag beim Manne. Nach drei Studienjahren war der Zeitpunkt für einen Abschluss mit Doktordiplom noch zu früh, und dies bedeutete warten, warten, warten und jedem Brief entgegenzufiebern.

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      Handschriftliche Volksliedersammlung von Karl Marx für Jenny von Westphalen von 1839

      Um die Jahreswende 1839/40, Karl war zur großen Enttäuschung über die Festtage wieder in Berlin geblieben, manövrierte sich das Paar in eine neuerliche Krise. Jenny war angeblich mit einem anderen Mann gesehen worden, der Verlobte hatte darauf mit heftigsten Vorwürfen reagiert und Briefe von Jenny hatten die Missstimmung noch gesteigert. Die Braut hielt die Ungewissheit nicht lange aus und griff zur Feder, um dem genauso unglücklichen Karl ihre Befindlichkeit zu vermitteln.

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      Ölbild von Jenny von Westphalen im Alter von 25Jahren (1839)

      „Liebes, einziges Liebchen!

      Ich war so aufgeregt als ich zuletzt schrieb, und in solchen Augenblicken sehe ich dann alles noch viel schwarzer und schrecklicher als es wirklich.


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