Operation Terra 2.0. Andrea Ross

Operation Terra 2.0 - Andrea Ross


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so … und das wissen Sie … aus welcher Quelle?«, fragte die Sekretärin schnippisch.

      »Verzeihen Sie, aber darüber würde ich gerne mit jemandem reden, der wissenschaftlich ausgebildet ist«, gab der Tiberianer bissig zurück. Er war am Ende seiner Geduld angelangt.

      Die Tür zum Allerheiligsten öffnete sich einen Spalt, und der Wissenschaftliche Leiter steckte den Kopf heraus. Die hitzig geführte Diskussion in seinem Vorzimmer war ihm offensichtlich nicht verborgen geblieben.

      »Was gibt es hier?«

      Die Sekretärin schnaubte wie ein wütendes Walross. »Diese mir nicht bekannten Herrschaften hier behaupten … «

      »…dass sie sehr wichtige Informationen für Sie und Ihre Kollegen haben«, beendete Solaras den Satz. Das kobaltblaue Wissenschaftlergewand schien ihm tatsächlich Selbstbewusstsein zu verleihen. Er entledigte sich demonstrativ seines Mantels, und Kalmes tat es ihm nach.

      Der Mann trat vollends ins Vorzimmer, taxierte die beiden Besucher in den farbigen Gewändern erstaunt von oben bis unten. Die Sekretärin räusperte sich, grinste hochmütig.

      »Sie tauchen hier in Karnevalskleidung auf und erwarten, dass man Sie ernst nimmt?«

      Solaras ließ sich nicht beirren. »Das ist auf dem Planeten, von dem wir kommen, die Bekleidung der Wissenschaftssektion, ergo Ihres Standes. Meine Begleiterin ist dort eine angesehene Dozentin und trägt daher Gelb. Die Farbe unserer Gewänder zeigt die Sektionszugehörigkeit an.«

      Missbilligendes Kopfschütteln.

      Die Tiberianer merkten, dass sie mit Reden nicht weiter kamen. Verstohlen aktivierte Solaras den Holographen, was die beiden Ignoranten mit einem erschrockenen Keuchen quittierten. Wie damals auch Aaron und Levi, wähnten sie sich urplötzlich umgeben vom Weltall, welches aus undurchdringlicher Schwärze zu bestehen schien.

      Als der bedrohlich aussehende Asteroid schließlich in einem Flammenmeer durch die Erdatmosphäre raste, wimmerte die Sekretärin, die inzwischen merklich an Arroganz verloren hatte, wie ein kleines Kind. Der Wissenschaftliche Leiter wirkte wie paralysiert, er drehte die Augäpfel heraus.

      Die eindrucksvolle Show war kurz darauf zu Ende. Die überrumpelten Terraner brauchten eine Weile, bis sie sich wieder gefangen hatten. Beide waren ein wenig blass um die Nase.

      »Ich muss schon sagen! Etwas Vergleichbares habe ich in der Tat noch nie zuvor gesehen«, krächzte der terrestrische Professor. »Was sind Sie wirklich – ein Entwickler für PCGames oder ein FXSpezialist aus der Filmindustrie? Ich werde Ihre Vorführung gerne im Gedächtnis behalten und Sie informieren, wenn wir eine gelungene Simulation zu Unterrichtszwecken oder für unsere Webseite gebrauchen können. Lassen Sie Frau Stenglein einfach Ihre Visitenkarte da. Und nun entschuldigen Sie mich bitte«, sagte er in versöhnlichem Ton. Er stand immer noch sichtlich unter dem Eindruck des Erlebten.

      Solaras riss der Geduldsfaden.

      »Nein, warten Sie! Ich bin kein FX … Dingsda. Bitte verzeihen Sie, dass wir uns noch nicht richtig vorgestellt haben. Wir hatten einen negativen Start und fangen einfach noch mal ganz von vorne an, ja?

      Auch wenn das für Sie schwer zu akzeptieren sein muss – jedes Wort ist wahr. Wir beide kommen von einem zirka zweitausenddreihundert Lichtjahre entfernten Planeten namens Tiberia, der im CygnusSystem angesiedelt ist. Wir beherrschen die Raumzeitkrümmung und haben in der Vergangenheit wiederholt in die terrestrische Geschichte eingegriffen. Der Raumgleiter, mit dem wir direkt vom Mars hierher reisten, liegt in der Nähe der libyschen Stadt Darna unter Wüstensand begraben. Ich heiße Solaras, bin meines Zeichens Raketenwissenschaftler. Das hier ist meine Lebensgefährtin Kalmes, eine angesehene Dozentin für Bildung und Ideologie.

      Was Sie vorhin beobachtet haben, war die holographische Simulation eines fatalen Asteroideneinschlags, und zwar mitsamt sämtlichen Berechnungen, wie er sich in einigen Jahrhunderten zutragen wird. Wir wollen die Erdbevölkerung warnen, damit sie rechtzeitig Vorkehrungen treffen kann, die Katastrophe abzuwehren.«

      Der Professor und seine Vorzimmerdame sahen sich für einen Augenblick verblüfft an, dann lachte der Wissenschaftliche Leiter schallend los.

      »Jetzt reicht es mir aber. Auch wenn Ihre alberne Vorstellung recht amüsant ist, muss ich jetzt weiterarbeiten. Sie sollten sich überlegen, wem Sie diesen frei erfundenen Schwachsinn zeigen. Ich finde es übrigens verwerflich, aus Spaß und Tollerei mit den Ängsten der Menschen zu spielen. Auf Wiedersehen!« Mit dieser süffisanten Bemerkung verschwand er kopfschüttelnd in seinem Büro, schlug die Tür hinter sich zu.

      »Sie haben es gehört! Wir müssen heute auch noch einiges Sinnvolle tun. Ich darf Sie also bitten …?«, blaffte die Sekretärin unfreundlich und wandte den Blick demonstrativ auf den Monitor vor ihrer Nase.

      Ein paar Minuten später standen die Tiberianer draußen auf der Straße. »Solche eitlen Ignoranten! Manchmal frage ich mich ernsthaft, ob die Terraner einen verheerenden Asteroideneinschlag nicht doch verdient hätten«, schimpfte Solaras mit gerunzelter Stirn. Er sperrte das kleine Elektroauto, einen Renault Zoe, auf. Sie hatten sich den Wagen erst vor einem Monat gebraucht zugelegt.

      »Wir dürfen wegen einem ersten Misserfolg nicht gleich aufgeben«, warnte Kalmes. »Lass es uns bei einer kleineren Sternwarte versuchen. Vielleicht sind die Mitarbeiter dort nicht ganz so borniert. Wir sollten die zwei Tage Urlaub nutzen und noch weitere Institute mit unserer Aufzeichnung belästigen.«

      Die InternetSuchmaschine lieferte eine Vielzahl von Eintragungen auf Solaras‘ Smartphone. Es gab Vereine, Stiftungen und jede Menge Privatpersonen, die ihre neugierigen Blicke über kleine und mittelgroße Observatorien gen Himmel richteten. Anstatt kreuz und quer durch die Bundesrepublik zu fahren, entschlossen sich die Außerirdischen, systematisch vorzugehen und suchten sich deshalb ausschließlich Einträge in der weiteren Umgebung von Potsdam heraus.

      Die Reaktionen der Berufsund Hobbyastronomen in den Sternwarten Berlin, Demmin, Oranienburg, Prenzlau, Rostock und Stralsund waren ähnlich derer in Potsdam. In einer Einrichtung beschimpfte man die Tiberianer gar als ›lächerliche Kasper‹, die sich zum Teufel scheren sollten, anstatt einen ehrbaren Berufsstand mit voller Absicht in den Dreck zu ziehen.

      »Über die Kleiderwahl sollten wir lieber nochmal nachdenken«, brummte Kalmes und parkte den Renault kurzentschlossen vor der Filiale einer Bekleidungskette.

      *

      Völlig entmutigt und todmüde kamen die missverstandenen Tiberianer am späten Nachmittag des zweiten Tages der Rundreise bei einer kleinen Privatsternwarte

      namens Adlerhorst an. Ein findiger Hobbyastronom hatte die Observationskuppel kurzerhand auf den Neubau seines Einfamilienhauses in der Uckermark gesetzt, empfing die beiden Besucher mit offenen Armen.

      »Sie hatten vorhin angerufen, nicht wahr? Gestatten, Rainald Hemmauer. Kommen Sie, ich zeige Ihnen mein Reich und stelle Ihnen meine Frau vor. Danach können wir bei einem Bierchen in Ruhe über Ihre sensationelle Entdeckung reden«, plauderte der launige, ungefähr sechzigjährige Mann mit dem dichten Vollbart. Sie betraten eine breite Diele, von der aus Zimmertüren in alle Himmelsrichtungen abgingen und eine metallene Wendeltreppe unters Dach führte. Die weiß gestrichene Diele mit dem ebenfalls weißen Fliesenboden wirkte ein wenig steril. Vermutlich waren die Hausherren erst vor kurzem hier eingezogen. Persönliche Gegenstände, die das Haus zu einem Heim gemacht hätten, fehlten noch.

      »Es war gar nicht so einfach, das hier zu ermöglichen. Hat eine Stange Geld gekostet. Kuppel, Teleskop, Montierung und Betonsäule benötigen ein massives Fundament, damit nachher die Gesamtkonstruktion möglichst steif und schwingungsarm ist. Dafür mussten wir eine zwanzig Zentimeter starke Stahlbetonplatte verwenden, die auf das Treppenhaus aufgelegt wurde und bereits die Armierung für die Betonsäule des Teleskops bereitstellte«, referierte Rainald Hemmauer voller Besitzerstolz. Sie stiegen hintereinander die Metalltreppe hinauf, welche unter der Belastung vibrierte. Oben angekommen, offenbarte sich eine völlig andere Welt. Neben der, verhältnismäßig kleinen, Observationskuppel gab es ein großzügiges


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