Siana. Jasmin Windfeder

Siana - Jasmin Windfeder


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seiner gebrüllten Frage ruhig geworden ist, sehe ich ihn gespannt an. Der dreht sich jedoch um und verschwindet wieder in der Halle.

      Klasse!

      Genervt gehe ich zur Box, aus der nun Kay den Kopf streckt und mich angrinst.

      »Musste das sein?«, frage ich verärgert.

      »Kathleen wollte Aufmerksamkeit«, meint nun ein anderer Typ, der sich zu Kay gesellt. Ich hatte ihn zuvor überhaupt nicht bemerkt und auch jetzt beäuge ich Kay, der sogar mit Stroh im Haar gut aussieht.

      »Hey!«, kommt es von dieser Kathleen, was mich aus den Gedanken holt. »Wenn ihr mich nicht genervt hättet, hätte ich damit gar nicht angefangen.«

      Ich sehe kurz zu, wie sie sich gegenseitig hochziehen und abermals mit etwas Stroh um sich werfen, ehe mir der Geduldsfaden endgültig reißt.

      »Es reicht!«, sage ich noch lauter. »Wegen euch habe ich eine Ansage kassiert und die kann ich zur Zeit echt nicht gebrauchen! Ihr räumt sofort das Chaos hier auf und verschwindet danach aus dem Stall!«

      Ich bin so sauer, dass keiner von ihnen widerspricht. Die Jungs schlurfen in die Box und machen sie fertig, während diese Kathleen vor der Box wischt. Unterdessen hole ich das Putz- und Reitzeug von Bonny aus der Sattelkammer und stelle es vor ihre Box. Ich schnappe mir das Halfter vom Haken, öffne die Tür einen kleinen Spalt breit und schlüpfe hindurch. Neugierig, wie sie immer ist, kommt die fuchsfarbene Stute auf mich zu, drückt die Nüster an meine Wange und macht ein Grunzgeräusch. Lächelnd streichle ich ihr über den Nasenrücken, danach streife ich vorsichtig das Halfter über Bonnys Ohren.

      ***

      Das Training mit Bonny verläuft zum Glück ohne Probleme und ich bringe sie danach wieder in ihre Box. Wie üblich sattle ich sie ab und bürste über ihr schwitzendes Fell, bevor sie auf die Weide darf. Heute ist es ausnahmsweise kühl, was daran liegt, dass zurzeit Frühling ist, und die Pferde dürfen somit über den Tag raus.

      »Hi! Ich wollte mich wegen vorhin entschuldigen.« Kay ist neben Bonny aufgetaucht.

      »Danke!«

      Ich finde es toll, dass er sich entschuldigt, aber das bringt mir leider nichts mehr. Den Anschiss habe ich schon kassiert.

      »Ist Richard immer so schlecht gelaunt?«, fragt er, als von mir nichts mehr kommt.

      »Meistens, ja.«

      »Weswegen?«

      »Keine Ahnung. Schätze, da er kaum eine Nacht durchschläft, ist er übermüdet«, antworte ich und hebe kurz die Schultern.

      Ich spüre seinen Blick auf mir, während ich mich zum Huf bücke, um es anzuheben und auszukratzen.

      »Wenn du willst, kann ich nachher gerne mit ihm reden, und ihm klar machen, dass es nicht deine Schuld war.«

      Langsam lasse ich Bonnys Huf sinken, bevor ich mich aufrichte und Kay ansehe.

      »Das ist lieb von dir, aber es wird nichts bringen. Er hat Recht: Es ist meine Verantwortung, wen ich in den Stall lasse.«

      Kay sieht mich schweigend an und nickt dann langsam.

      »Werde es trotzdem versuchen.« Mit diesen Worten wendet er sich von mir ab und lässt mich mit Bonny wieder allein.

      Ich sehe ihm nach. Wenn ich doch nur wüsste, ob das aufkeimende Gefühl im Bauch von der Müdigkeit herrührt oder wegen ihm ist. Erschöpft streiche ich mit der Hand über mein Gesicht. Das fängt ja gut an! Wenn ich jetzt schon halluziniere, kann es echt noch heiter werden ...

      ***

      Erleichtert setze ich mich kurz auf die Bank vor dem Stall, die uns hauptsächlich zum Aufsteigen dient. Ich habe die Aufgaben für heute alle erledigt und der Stall ist auch sauber. Anscheinend ist Kay mit den anderen weggefahren, denn gesehen habe ich ihn nicht mehr und das Auto seines Kumpels ist nicht zu entdecken. Das neue Pferd habe ich auch noch nicht kennengelernt, sondern nur von Weitem beäugt, da es auf die Weide gebracht wurde. Aus der Entfernung scheint es allerdings schon eine Schönheit zu sein. Wirklich kennenlernen werde ich es erst morgen. Richard meinte vorhin, als ich das Pferd von der Weide holen wollte, dass er das später selbst erledigen will. Dann halt nicht.

      Ich erhebe mich gerade von der Bank, um mich in meine Wohnung zurückzuziehen, als das Auto von Kays Kumpel auf den Parkplatz fährt. Diesmal scheinen die Männer allein zu sein. Bevor ich mir Gedanken machen kann, ob ich mich verdrücken soll, ruft Kay meinen Namen und winkt in meine Richtung. Jetzt komme ich nicht mehr so leicht davon. Ich setze mich also erneut hin und warte auf die beiden. Komischerweise breitet sich dieses Gefühl von vorhin abermals aus. Ob ich krank werde?

      »Hi! Hast du Feierabend?«, erkundigt sich Kay, als mich die beiden erreicht haben.

      »Ja, endlich«, antworte ich. »Das bedeutet, dass ihr euren Kram selbst beseitigen müsst, falls ihr nochmal Flausen im Kopf haben solltet.«

      Kay lacht laut auf, während der andere Typ nur kurz grinst.

      »Das ist übrigens Phelan. Ihm gehört River.«

      »Hi!«, begrüße ich ihn, will erst die Hand ausstrecken, überlege es mir aber im letzten Moment anders. Phelan macht keine Anstalten, mich richtig zu begrüßen, nickt nur und sieht eher genervt aus. Was ist dem denn für eine Laus über die Leber gelaufen?

      »River ist bei euch, um zu trainieren und fit für das Springturnier in zwei Wochen zu werden. Ich hoffe, ihr macht das ordentlich!«

      Oha! Der Schweiger hat ja ein Mundwerk und was für eines.

      »Wir nehmen jedes Pferd und jedes Training sehr ernst«, erwidere ich beleidigt.

      »Das hoffe ich.«

      Na, das wird ja spaßig!

      »Werde mich aber erst morgen darum kümmern.« Nach diesen Worten wünsche ich ihnen knapp einen schönen Abend und eile in Richtung meiner Wohnung. Ich blicke dabei stur geradeaus. Nicht, dass noch jemand auf die Idee kommt, mich aufzuhalten.

      Kapitel 2

       Sonntag

      Nach einer halbwegs erholsamen Nacht longiere ich River in der Halle. Meine Hoffnung bestand darin, dass es mit ihr ein Spaziergang werden würde, doch sie belehrt mich eines Besseren. Dauernd bricht sie aus oder bockt sich in Rage. Gerade eben steht sie mit bebender Flanke wieder bei mir in der Mitte, weil ich sie beruhigen musste. Seufzend streichle ich ihr über die Nüstern. In zwei Wochen soll sie für das Springturnier fit sein, aber dafür sehe ich zum aktuellen Zeitpunkt schwarz. Ich hole mein Handy aus der Halterung, die ich immer an der Hose trage, um auf die Uhr zu schauen. Halb Elf. Seit über zwanzig Minuten diskutiere ich mit ihr, ohne Erfolg. Ständig muss sie bocken oder ihren Kopf wütend in die Luft werfen.

      Jetzt hebt sie ihren Kopf und spitzt die Ohren zum Halleneingang, der hinter mir liegt. Ich mache eine halbe Drehung, um zu sehen, was ihre Aufmerksamkeit erregt.

      »Sie ist nicht einfach«, ertönt es in diesem Moment von Kay, der soeben das Tor öffnet und in die Halle kommt. Diesmal hat er die gestrigen Kleider gegen eine verwaschene Jeans, ein kurzärmeliges Flanellhemd und Cowboystiefel eingetauscht.

      Wenn will er damit imponieren?

      »Das habe ich bemerkt.« Ich seufze, wobei ich gleichzeitig die Stute mit der Peitsche antippe, die ich in der rechten Hand halte.

      Widerwillig macht sie einige Schritte, bleibt aber kurz darauf erneut stehen und sieht zu Kay, der nun auf uns zu kommt.

      »Es hat heute keinen Sinn«, sage ich genervt und lasse die Peitsche auf den Boden fallen.

      »Dann macht eine Pause. Es bringt nichts, wenn man etwas erzwingt.« Kay ist unterdessen zu uns gestoßen und krault die Stute hinter den Ohren.

      »Das ist mir bewusst«, knurre ich leise.


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