Operation Mörderischer Auftrag: 7 Action Thriller in einem Band. Alfred Bekker
Seite pirschten sich ein paar dunkel gekleidete Bewaffnete heran. Das Niesen ihrer Schalldämpferwaffen fiel überhaupt nicht auf. Der Straßenlärm verschluckte es.
Nur ein paar hundert Meter entfernt standen Einsatzwagen der Polizei und suchten noch nach dem Ursprung von Schussgeräuschen. Vielleicht hatten sie sogar schon die toten Killer im Fulton Hotel gefunden.
Und ganz in der Nähe tobte lautlos eine verbissene Schlacht.
Ein unbarmherziger Kampf auf Leben und Tod...
Walid taumelte in einen Hauseingang, als eines der Projektile ihn an der Seite erwischte. Die Jacke wurde aufgerissen, das Futter schneite in Form von Wattebällchen heraus. Die kugelsichere Weste hatte das Projektil aufgenommen.
Walid verschanzte sich im Hauseingang. Es dauerte ein paar Sekunden, ehe er die Welle des Schmerzes spürte, die ihn erfasste. Er blickte an sich herab.
Das Hosenbein hatte sich in Höhe des Oberschenkels rot verfärbt.
Walid fluchte stumm vor sich hin.
Auch das noch...
Jetzt saß er wirklich in der Falle. Er hörte Schritte. Die Killer kamen näher.
Mit der einen Hand umfasste Walid Kerim den Griff seiner Pistole, mit der anderen versuchte er, die Tür zu öffnen.
Abgeschlossen. Er setzte den Schalldämpfer auf das Schloss.
Ein Schuss und das Schloss sprang auf.
Dann schleppte er sich ins Treppenhaus, während die Tür hinter sich mit einem Klappen schloss. Der Puls schlug ihm bis zum Hals. Weit würde er so nicht kommen, das wusste er.
Dazu war er Profi genug. Er schleppte sich bis zum Aufzug und keuchte.
Die Haustür öffnete sich. Im Halbdunkel sah Walid eine Gestalt als dunklen Umriss auftauchen.
Walid legte kurz an und feuerte.
Die Gestalt sackte getroffen zu Boden, ohne noch einen Laut von sich zu geben.
Der Aufzug funktionierte. Mit einem Ächzen öffnete sich die Schiebetür. Er wankte hinein, drückte auf den Knopf für das oberste Geschoss.
Er brauchte etwas Aufschub und die Zeit, die er durch die Schnelligkeit des Aufzugs gewann, würde ihm etwas Luft verschaffen. Einen zweiten Aufzug gab es nicht und bis seine Gegner die Treppen hinter sich gebracht hatten, würde einige Zeit vergehen...
Wertvolle Zeit.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht rutschte Walid an der Wand zu Boden und hinterließ einen Blutfleck.
Alles war schiefgegangen.
Sein dickes Nummernkonto in der Schweiz...
Es war keinen Cent mehr wert.
Er schleppte sich aus der Aufzugskabine heraus.
Und dann nahm er die erstbeste Wohnungstür. Die Klingel war defekt, also klopfte er. Ein Mann im Unterhemd öffnete. Er war Mitte fünfzig und hatte eine Tätowierung am Oberarm.
Seine wässrig blauen Augen wurden starr, als er in den Lauf von Walids Pistole blickte.
"Was...?"
"Keinen Laut!", zischte Walid.
Der Mann ging rückwärts in seine Wohnung herein. Walid folgte ihm, schloss die Tür hinter sich.
"Wo ist das Telefon?", zischte Walid.
*
Milo und ich waren auf dem Weg nach Hause. Die Lichter von unzähligen Autos erhellten die Dämmerung, während wir die Seventh Avenue hinauffuhren.
"Meinst du, dieser Gettis legt uns tatsächlich Videobänder auf den Tisch?", meinte Milo irgendwann in die Stille hinein.
"Wäre fast zu schön, um wahr zu sein. Aber wenn er das nicht tut, werden wir seinem Nobelladen einen Besuch abstatten. Und das wird dann ziemlich ärgerlich für ihn."
"Also für mich steht eins fest", meinte Milo. "Dieser Kerl will in erster Linie Carini eins auswischen, aber dabei im Hintergrund bleiben. Ich glaube nicht, dass er ein mutiger Zeuge wäre. Er wirkte auf mich wie ein Maulheld, der viel ankündigt und nachher nichts davon hält."
"Plausibel klang für mich trotzdem, was er gesagt hat."
"Das schon, Jesse..."
"Mal angenommen, wir haben die Bänder auf dem Tisch, dann werden wir trotzdem sehr vorsichtig vorgehen müssen", meinte ich. "Wir können erst losschlagen, wenn wirklich alles hieb-und stichfest ist. Außerdem kann ich mir nach wie vor nicht gut vorstellen, dass Carini wirklich nur auf eigene Rechnung tätig war. Da müssen noch andere beteiligt sein..."
"Und du meinst, diese Vögel fliegen davon, wenn wir uns zu früh bewegen."
"Die Gefahr besteht."
Milo atmete tief durch. "Was mich nach wie vor sehr wundert, ist die Tatsache, dass Clives Ermittlungen bislang überhaupt kein Ergebnis erbracht haben. Keiner unserer Informanten in der Unterwelt hat irgend etwas mitgekriegt. Die großen Familien und ihre Paten scheinen völlig desinteressiert zu sein und nirgends gibt es wenigstens Gerüchte darüber, dass jemand Druckplatten verkaufen möchte..."
Milos Handy meldete sich mit seinem charakteristischen Klingelzeichen.
"Hier Agent Tucker, was gibt's?", fragte er.
Man brauchte nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass jemand aus der Telefonzentrale des FBI am anderen Ende der Leitung war. Und dass dieser Anruf etwas anderes bedeutete, als dass sich unser Überstundenkontingent noch um einiges erhöhte, konnte ich mir eigentlich auch nicht vorstellen.
Mein Sportwagen kam an einer Ampel zum Stehen.
"Das war die Zentrale", sagte Milo.
"Ich hätte drauf wetten sollen."
"Walid Kerim hat sich gemeldet."
"Ach!"
"Wenn wir auf seine Aussage noch wertlegen würden, sollten wir uns beeilen. Er ist im Moment ziemlich in der Bedrouille. Angeblich sind Carinis Männer hinter ihm her..."
"Er muss ja wirklich ziemlich verzweifelt sein, wenn ihm nichts besseres mehr einfällt, als sich an den FBI zu wenden."
"Das kannst laut sagen, Alter!"
"Wohin geht es?"
"Wir sind ganz in der Nähe. Kennst du die Prince Street?"
"Was für eine Frage, Milo!"
"Verstärkung ist auch unterwegs."
Ich ließ das Fenster an meiner Seite herunter und setzte das Blaulicht auf das Dach meines Sportwagens.
*
Als wir am Ort des Geschehens eintrafen, waren bereits ein paar Männer der City Police da.
Die kümmerten sich um einen verletzten Kollegen, der offenbar angeschossen worden war. Einer der Officers hatte ihm provisorisch die Wunde verbunden, um die Blutung an der Schulter zu stillen. Ziemlich am Anfang der düsteren Seitenstraße stellte ich den Sportwagen ab. Wir stiegen aus.
"Trevellian, FBI", wies ich mich mit dem Dienstausweis in der Rechten gegenüber einem Officer aus, der uns entgegenkam.
Der Officer deutete auf ein fünfgeschossiges Haus, das seine beste Zeit wohl hinter sich hatte. Das war selbst in der fortgeschrittenen Dämmerung, die alles in ein trübes Zwielicht tauchte, deutlich zu sehen.
Vor dem Eingang lag ein Toter.
"Dort haben sie sich verschanzt", sagte