Operation Mörderischer Auftrag: 7 Action Thriller in einem Band. Alfred Bekker
die entsprechende Datei noch nicht neu überschrieben worden war. Aber unsere Leute hatten auch schon aus halb eingeschmolzenen Notebooks hin und wieder noch Daten retten können.
Das wichtigste hatten wir jedenfalls.
Nämlich jenen Telefonanschluss, über den die Daten empfangen worden waren.
Der Anschluss gehörte zum Blackwood-Hotel in der Lower East Side. Ein Etablissement der gehobene Ansprüche.
"Kaum zu glauben", meinte Milo. "Da sitzen diese Kerle seelenruhig in einem Hotelzimmer, schließen ihre Notebook ans Telefonnetz an und spionieren ohne irgendein Risiko die bestgehütesten Geheimnisse von McGordon Inc. aus!"
"Ja, Spione sind auch nicht mehr das, was sie mal waren", murmelte ich.
Vor uns wichen die Wagen nach rechts und links aus.
Die Leute hinter denen wir her waren, hatten keinen Grund, ihren Horchposten aufrecht zu erhalten.
Sie hatten bekommen, was sie wollten.
Die Lizenz zum Gelddrucken.
Wenn wir Pech hatten, dann waren sie längst über alle Berge.
Die Reifen des Sportwagen quietschten, als ich um eine Ecke bog. Ich hoffte, dass die Kollegen schneller waren, als wir.
Immerhin kamen wir von Queens her, während die anderen alarmierten G-men von der Zentrale an der Federal Plaza in Manhattan aus einen viel kürzeren Weg hatten.
Allerdings musste das im dichten New Yorker Abendverkehr nicht unbedingt sehr viel bedeuten.
"Ich glaube nach wie vor, dass einer aus der Firma denen geholfen hat", war Milo überzeugt.
"Ach, und wieso? Dafür konnten wir keine Anhaltspunkte finden! Hacker können doch heute mehr der weniger überall eindringen, wenn sie gut genug sind!"
"Eben! Wenn sie gut genug sind - das ist der Punkt! Die Hacker-Szene ist relativ abgeschlossen, aber ich vermute, dass die Leute, mit denen wir es zu tun haben aus einer ganz anderen Ecke kommen. Die Benutzung der Bazooka spricht doch Bände!"
"Milo, wenn du das entsprechende Kleingeld hast, dann bekommst du jeden Hacker herum, für dich zu arbeiten!"
"Solche Leute sind eitel. Wenn ich so ein Projekt aufziehen würde, wäre mir das zu risikoreich jemanden von außen hereinzunehmen."
Ich war ziemlich erstaunt über Milos Worte.
"Da kann der FBI ja froh sein, dass du niemals so ein Ding aufziehen würdest. Sonst sähen wir wohl ziemlich alt aus!"
"Im Ernst, Jesse. Die Gangster wussten die Passwörter, sonst wären sie nicht ins System gekommen. Normalerweise kommen Hacker an diese Passwörter, indem sie probieren. Bei der Auswahl dieser Wörter werden nämlich immer wieder dieselben Fehler gemacht. Man nimmt das Geburtsdatum, den Vornamen der Ehefrau und so weiter. Aber ich habe mir die Liste der verwendeten Passwörter zeigen lassen. Solche Fehler hat man bei McGordon Inc. nicht gemacht."
"Vielleicht sind wir ja gleich schlauer, wenn wir dieses Hotelzimmer besichtigen."
"Ich hoffe nur, dass wir dort überhaupt noch irgend etwas finden, Jesse."
*
Als wir das Blackwood-Hotel erreichten, waren unsere Kollegen Medina und Caravaggio schon da, dazu noch ein gutes Dutzend weiterer G-men.
Caravaggio lockerte den Sitz seiner Dienstpistole.
"Alle Ausgänge sind von unseren Leuten besetzt, Jesse." Er deutete in die Höhe. "Wenn sie noch da oben sind, dann kriegen wir sie."
"Okay", murmelte ich.
Wir betraten die Eingangshalle.
Zwei unserer Agenten hatten sich am Portal postiert.
Wir alle waren über kleine, zierliche Walkie Talkies miteinander verbinden.
In der Eingangshalle war verhältnismäßig viel Betrieb. Für diejenigen, hinter denen wir her waren, bedeutete das einen Vorteil. Schließlich waren wir es, die Rücksicht nehmen mussten und nicht einfach ein Blutbad riskieren konnten.
Das Zimmer, zu dem der Anschluss gehörte, lag im dritten Stock. Clive Caravaggio hatte mit dem Hotelmanager gesprochen. Schließlich wollten wir nicht, dass uns einer der Hoteldetektive in die Quere kam.
Also musste die andere Seite informiert sein.
Es war die Nummer 321, eine richtige Suite.
Die Schlüssel waren in der Rezeption nicht abgegeben worden. Vielleicht bedeutete das, dass jemand dort war.
Wir nahmen den Aufzug.
Dann ging es einen langen Flur entlang.
Vor der Zimmernummer 321 hing ein Schild BITTE NICHT STÖREN. Aber diesen Gefallen konnten wir ihnen nicht tun. Wie auf ein geheimes Zeichen hin griffen wir nach unseren Dienstwaffen, automatischen Pistolen vom Typ P 226 der Firma Sig Sauer. Eine Patrone im Lauf, 15 weitere im Magazin.
Medina nickte mir zu.
Ich nahm einen Schritt Anlauf. Mit einem wuchtigen Tritt ließ ich die Tür aus dem Schloss springen.
"FBI! Hände hoch!", brüllte ich mit der Waffe im Anschlag.
Vor mir lag ein recht weiträumiges Wohnzimmer. Eine Glastür führte zum Balkon. Eine Schiebetür trennte den Wohnraum von einem weiteren Raum - vermutlich dem Schlafzimmer.
Zwei Männer saßen an dem niedrigen Tisch, auf dem sich tatsächlich ein Notebook befand. Offene Taschen und Koffer lagen auf dem Sofa. Offenbar hatten wir hier jemandem beim Packen gestört.
Einer der beiden Männer war dunkelhaarig, der andere so strohblond, dass man seine Zweifel haben konnte, ob die Farbe echt war.
Der Blonde schnellte herum.
Hinter der Stuhllehne hatte ich die Uzi-Maschinenpistole nicht sofort sehen können.
Erst im letzten Moment sah ich das Mündungsfeuer aus dem kurzen Lauf der MPi herausschießen.
Ich duckte mich, sprang zur Seite und drückte gleichzeitig zweimal meine P226 ab.
Dann presste ich mich gegen die Wand, während das Dauerfeuer der Uzi den Türrahmen zersplittern ließ.
"Geben Sie auf! Hier ist der FBI! Das Gebäude ist umstellt! Sie haben keine Chance zu entkommen!", rief Medina, als der Kugelhagel nachgelassen hatte.
Hektische Schritte waren zu hören.
Jetzt tauchte Milo aus der Deckung heraus.
Die P226 hielt er mit beiden Händen umklammert.
Er war bereit abzudrücken, wenn ihm die Gangster keine Wahl ließen.
Doch er ließ schon in der nächsten Sekunde die Pistole sinken. Auf seinem Gesicht erschien ein Ausdruck, der ungläubiges Staunen signalisierte.
"Die sind weg", murmelte er.
Caravaggio gab es gleich per Funk an die Kollegen. Ich nahm ihm das Funkgerät kurz aus der Hand lieferte eine kappe Beschreibung der beiden.
Milo pirschte sich bis zu der Sitzgruppe heran.
Orry folgte. Er arbeitete sich zur Tür des Nebenzimmers voran, die einen Spalt offenstand. Mit einem Tritt öffnete er sie vollends und stürmte mit der Waffe im Anschlag hinein.
Caravaggio und ich betraten als letzte die Suite.
Mit ziemlich ratlosem Gesicht kehrte Orry aus dem Nebenzimmer zurück.
"Hier ist niemand", erklärte er. "Und auch im Bad nicht."
Ich ließ den Blick schweifen. Die Fenster und die Glastür zum Balkon waren geschlossen. Und mir erschien es