Das zahlt sich aus. Marcia Gerwers
selten eine Menge verbrannte Erde zurück und sind überdies mitverantwortlich für die 70 Prozent der oben genannten MitarbeiterInnen, die ebenfalls ein eher geringes Engagement aufweisen.1
Aber was ist der Hauptgrund für die Frustration am Arbeitsplatz und die deklarierte Lustlosigkeit, die so viele MitarbeiterInnen verspüren? Als Hauptproblem begegnet uns in der Praxis immer wieder Unzufriedenheit mit dem Management. MitarbeiterInnen haben häufig das Gefühl, dass sich die Führung zu wenig für sie und ihre Arbeit interessiert. Und je weniger Aufmerksamkeit, Interesse und Wertschätzung MitarbeiterInnen erfahren, desto geringer ist ihre emotionale Bindung an das Unternehmen.
Die volkswirtschaflichen Kosten, die durch unzufriedene MitarbeiterInnen entstehen, durch sogenannte »innere Kündigungen«, belaufen sich auf erschütternde 105 bis 122 Milliarden Euro!2
Ganz klar also, dass Maßnahmen zur verbesserten Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung am Arbeitsplatz sinnvoll sind. Eine höhere Zufriedenheit bedeutet höhere Motivation, bedeutet höheres Engagement, bedeutet höhere Produktivität, bedeutet bessere Wirtschaftlichkeit. Wer sich um die Zufriedenheit seiner ArbeitnehmerInnen kümmert, wer dafür sorgt, dass sie sich zufrieden und »pudelwohl« fühlen, darf sich also über eine erhöhte Produktivität bei der Arbeit freuen.3
Was bedeutet denn eigentlich Produktivität im Kontext Arbeit?
Produktivität kann viele Bedeutungen haben – auch rein technische. In diesem speziellen Fall ist mit »hoher Produktivität« gemeint, dass die Arbeitsleistung von MitarbeiterInnen im Kontext von Zeit und Qualität hoch ist.
Das Ziel sämtlicher Bindungsmaßnahmen sollte vor allem die sogenannte Verbundenheit, nicht die Gebundenheit sein. Man spricht zwar von Mitarbeiterbindungsmaßnahmen – strenggenommen müsste der Begriff jedoch Mitarbeiterverbundenheitsmaßnahmen lauten. Denn das eigentliche Ziel hinter sämtlichen Bindungsbemühungen ist, dass sich die MitarbeiterInnen verbunden mit dem Unternehmen fühlen, dass sie also eine freiwillige und emotional geprägte Beziehung mit dem/der ArbeitgeberIn eingehen. Bei der Gebundenheits-Beziehung zwischen ArbeitgeberIn und ArbeitnehmerIn hingegen entscheiden rechtliche, finanzielle oder andere »Zwänge« über den Verbleib der MitarbeiterInnen im Unternehmen. Solche Beziehungen entstehen also, wenn MitarbeiterInnen keine andere Wahl haben, als im Unternehmen zu verbleiben. Das Ziel sämtlicher Bindungsmaßnahmen, die wir Ihnen vorstellen, ist es, die Verbundenheit-Beziehung zu stärken.
Abb. 1: Bindungstypen, eigene Darstellung in Anlehnung an Bruhn, 2009, S. 60f.
Manfred Bruhn spricht in seinem Buch Relationship Management über verschiedene Kundenbeziehungen und die Kundenbindung zwischen KundInnen und Marke oder Unternehmen. Er bezeichnet KundInnen, die sich besonders verbunden mit einer Marke fühlen und gleichzeitig wenig gebunden sind, als »Fans«. Insgesamt lassen sich anhand der Parameter Verbundenheit und Gebundenheit vier verschiedene Mitarbeitertypen identifizieren, die Sie in unserer Grafik sehen. Ein Fan wäre etwa eine Person, die besonders loyal einer Marke gegenübertritt und das, obwohl es zahlreiche Alternativen gäbe. Vielleicht kennen Sie solche Marken und kaufen etwa immer dieselbe Lieblingsschokolade oder stets die gleiche Automarke? Aber warum erzählen wir Ihnen das? Diese Annahme lässt sich quasi vollständig auf das Verhältnis zwischen ArbeitgeberIn und MitarbeiterInnen übertragen. Wir wollen Ihnen mit diesem Buch dabei helfen, richtige Fans innerhalb der Belegschaft zu sammeln! Anhand Abbildung 2 (angelehnt an die Kundenbindungsstrategie von Manfred Bruhn) lassen sich die Unterschiede noch einmal bildlich nachvollziehen und alle vier Mitarbeitertypen darstellen.
Abb. 2: Typologie der Mitarbeiterbindung, eigene Darstellung in Anlehnung an Bruhn, 2009, S. 87
Woran erkenne ich, zu welcher Bindungsgruppe meine MitarbeiterInnen gehören?
Seien Sie aufmerksam! Beobachten Sie, wie die Laune, die Motivation und das Engagement der MitarbeiterInnen ist. Wie sieht es mit der Arbeitsmoral und der Verlässlichkeit aus? Wie hoch ist das Gehalt und wie wird beispielsweise über das Unternehmen gesprochen? Wie gehen MitarbeiterInnen mit Kritik um und wie ist die Integration in den Kollegenkreis? Erscheinen die MitarbeiterInnen zu freiwilligen Veranstaltungen des Unternehmens? Schnell lässt sich so gerade der Faktor Verbundenheit feststellen. Um die Gebundenheit hinreichend zu beurteilen, müssen oftmals externe Faktoren, wie die Lebenslage der MitarbeiterInnen und daraus resultierende (finanzielle) Verpflichtungen (sofern bekannt) beachtet werden. In diesem Kontext ist außerdem relevant, wie attraktiv ein/e MitarbeiterIn für den Arbeitsmarkt ist und ob sie/er sich dieser Attraktivität bewusst ist.
Die Erkenntnis, dass zufriedene, mit dem Unternehmen verbundene MitarbeiterInnen produktiver sind als jene, die dies nicht sind, nutzen bereits viele Dienstleister in ihren Dienstleistungsangeboten rund um das Thema Mitarbeiterbindung. Nicht selten werden hier horrende Summen aufgerufen. Im Ergebnis bedeutet das meistens: Besonders große Unternehmen mit großen Budgets haben die Möglichkeiten, umfangreiche Zufriedenheitsanalysen durchzuführen und Mitarbeiterbindungsmaßnahmen zu implementieren. Kleinere und mittelständische Unternehmen bleiben häufig auf der Strecke.
Ein weiteres Problem zeigt sich bei der Umsetzung: Oft werden Bindungsmaßnahmen und -instrumente der internen Kommunikation etabliert, in der Hoffnung, dass sie auf jede/n MitarbeiterIn passen, ohne dies wirklich zu überprüfen. Bleibt der Erfolg dann aus, wurde das Geld wortwörtlich zum Fenster herausgeschmissen. Und gerade das können sich insbesondere kleinere Unternehmen nicht leisten. Wenn es um das Thema Bindungsmaßnahmen geht, bleiben die Kleinen so immer wieder hinter den Großen zurück. Die Großen gehen währenddessen triumphierend aus dem »War for Talents« heraus und dürfen sich über die qualifiziertesten MitarbeiterInnen freuen.
UnternehmensberaterInnen, die für einen zielgerichteten und vor allem effizienten Einsatz von Mitarbeiterbindungsmaßnahmen sorgen, sind oft teuer. Kleine Unternehmen, denen die Liquidität für etwaige Investitionen fehlt, sparen hier lieber, stellen einen Kicker auf und hoffen, dass die Motivation im Anschluss an die Weihnachtsfeier auf ein Allzeithoch schießt. Wir möchten Sie nicht demotivieren – aber sie wird es nicht. Warum? Die Instrumente »Kicker« und »Weihnachtsfeier«, die hier nur exemplarisch genannt werden, sind nicht passgenau. Sie holen nicht jeden ab.
So empfand eine Autorin dieses Buches Weihnachtsfeiern als »noch einen Punkt auf der langen To-do-Liste«, die andere findet Kickern einfach blöd. Und zack, Vermögen versenkt, ohne nur ein Fitzelchen Wirkung zu erzielen. Aber, was und wie dann?
Also ist ein Kicker Quatsch?
Das kann man pauschal nicht sagen! Sie sollten nur wissen, ob Ihre MitarbeiterInnen überhaupt gern Kickern. Oder ob etwa der Wunsch nach einer Tischtennisplatte größer ist? Allgemein hilft gemeinsames Spielen durchaus dabei, die Stimmung und Bindung in Teams zu verbessern – jedoch nur dann, wenn das gewählte Spiel angenommen wird und gefällt. Also: Kicker ja, sofern passend und gewünscht.
Da wir ja selbst Berater sind und nicht alles verteufeln wollen, was wir und unsere KollegInnen tagtäglich tun, werden wir Ihnen in diesem Buch auch ganz klar