Umgelegt vom Killer: Krimi Koffer 9 Romane. A. F. Morland
"Haben Sie inzwischen schon etwas über diesen... Verrückten herausgefunden?", fragte diese, während sie ihren Namen schrieb.
"Ja", nickte Bremshey.
Sie blickte auf.
"Und?"
Bremshey lehnte sich zurück.
"Eine ziemlich traurige Geschichte. Ein Heimkind. Dann Erziehungsheim, dann Jugendpsychiatrie, galt immer als schwierig und unzugänglich. Ein verschlossener Junge, der unter einem frühkindlichen Trauma litt."
"Was für ein Trauma?", fragte Katja.
Thomas war bereits im Begriff, sich zu erheben.
Seine Fingerkuppen tickten wieder unruhig auf der Stuhllehne herum.
"Katja..."
"Ja, es interessiert mich eben!", rechtfertigte sie sich, wobei ihr Blick auf Bremshey gerichtet blieb.
"Seine Eltern sind einem Mordanschlag zum Opfer gefallen", fuhr dieser fort. "Wahrscheinlich ein Raubüberfall. Ich habe mir mal die Akten kommen lassen, weil ich wissen wollte, was der reale Hintergrund war..."
"Und?", hakte Katja nach.
"Es steht nicht viel drin in der Akte. Ein ungeklärter Fall. Ein alter Bekannter wurde festgenommen, musste dann aber wieder freigelassen werden, weil die Beweise nicht ausreichten." Bremshey wandte den Kopf und sah Thomas an. "Naja, ich begreife übrigens immer noch nicht, warum Sie sich anfangs so angestellt haben!"
Thomas machte eine verlegene Geste.
"Sie wissen doch...", meinte er und stockte.
"Was?"
"Die Öffentlichkeit."
"Wieso?"
"Ich bin Geschäftsmann, und da ist es wichtig darauf zu achten, wie man in der Öffentlichkeit so dasteht..."
Bremshey zuckte die Achseln.
"Ist denn etwas Ehrenrühriges dabei, wenn ein Verrückter versucht, einen umzubringen?"
"Das nicht. Aber würden Sie sich gerne ein Auto bei jemandem kaufen, den man versucht umzubringen, um dann die Kugel abzubekommen, die eigentlich für ihn bestimmt war?"
Bremshey musste unwillkürlich lachen.
"Nun, so kann die Sache natürlich auch sehen."
"Na, sehen Sie!" Thomas atmete tief durch. "Tja, wenn wir hier nicht mehr gebraucht werden..."
"Sie können gehen, wenn Sie wollen. Was allerdings die Waffe angeht, mit der Sie Brandes erschossen haben..."
"Ja?"
"Sie bleibt weiter in Beschlagnahme. Sie müssen außerdem mit einem Bußgeld rechnen, schließlich haben Sie keinen Waffenschein."
"Verstehe."
"Auf Wiedersehen, Herr Hansen."
"Auf Wiedersehen. Oder vielleicht besser: nicht auf Wiedersehen."
24
"Du warst großartig Schatz!", sagte Thomas während der Fahrt nach Hause.
Er hatte das Radio angestellt und trommelte zum Rhythmus der Musik auf dem Steuerrad herum.
Katja schwieg.
Er sagte: "Die haben uns aus der Hand gefressen wie zahme Tauben, was?"
"Hm", machte sie abweisend.
"Du sagst ja gar nichts!"
"Es hat mir auch im wahrsten Sinne des Wortes die Sprache verschlagen, Thomas."
"Was? Wovon sprichst du, bitte schön?"
Sie wandte den Kopf und musterte ihn kühl von der Seite.
"Von deiner Kaltblütigkeit. Das bringst du mit einer... ja, Routine. Routine, das ist das richtige Wort!"
"Nun mach aber mal halblang..."
"Der Mann auf dem zweiten Foto! Das war einer deiner Opfer, nicht wahr? Ein 'Auftrag', wie du das so blumig ausgedrückt hast!"
"Hör, mal, Katja, müssen wir denn wirklich jetzt darüber reden. Ich meine..."
"Und ich meine, dass ich ein Recht habe, jetzt von dir die Wahrheit zu hören! Ich habe für dich geschwiegen, ich habe ein falsches Protokoll unterschrieben..." Und dann brachte Katja alles auf den Punkt. "Du warst kein Spion, Thomas. Du warst ein Killer."
"Katja..."
"Du brauchst es nicht abzustreiten. Der Mann mit dem Motorradhelm hat es mir gesagt. Brandes. Du hast seine Eltern umgebracht."
"Herrgott, nochmal!", schimpfte Thomas und schlug die Handballen gegen das Lenkrad.
Katja war unerbittlich.
"Erinnerst du dich an einen vierjährigen Jungen, der dich beobachtet hat, kurz nachdem du seine Eltern über den Jordan geschickt hast...."
Eisige Stille.
Katja fuhr fort: "Ich wette das Schießeisen, das du mit dir herumgetragen hast, ist noch die Tatwaffe von damals. Ordentlich bist du ja! Alles hebst du auf!"
Eine Pause entstand. Das Schweigen wirkte drückend. Thomas holte zweimal Luft, um etwas zu sagen.
"Gut", brachte er schließlich heraus. "Du weißt es also."
"Es ist also wirklich wahr?"
Er lachte verzweifelt.
"Hast du daran denn noch gezweifelt?"
"Nein."
"Na, also!"
"Vielleicht habe ich gehofft, dass es nicht wahr ist."
Er zuckte die Schultern.
"Was gibt's dazu noch zu sagen?", meinte er resignierend.
"Ich weiß auch nicht", murmelte sie und sah dabei aus dem Seitenfenster.
Er spürte in seinem Innersten, dass er sie verloren hatte.
Jetzt, genau in diesem Augenblick.
Er musste schlucken.
Und dann fing er an zu reden. Gedämpft, tonlos und fast verzweifelt.
"Wenn ich's ungeschehen machen könnte, würde ich es tun. Bestimmt! Aber das geht nunmal nicht! Und damals brauchte ich Geld, saß auch sonst ziemlich tief in der Scheiße! Und bevor DU jetzt hier jetzt deine moralisch saubere, makellos weiße Weste zum Fenster hinaushängst, solltest du vielleicht mal eins vor Augen führen: Es hat dir all die Jahre nichts ausgemacht, von den Erträgen dieser 'Aufträge' zu leben."
"Ich habe es bis jetzt ja auch nicht gewusst", erwiderte sie. „Aber jetzt, jetzt weiß ich Bescheid. Und das ändert alles!"
"Was meinst du damit?"
Er fragte, obwohl er die Antwort im Grunde schon wusste.
"Das... muss ich mir noch überlegen", log sie.
"Überlegen? Willst du mich etwa nach all den Jahren hochgehen lassen?"
Katja