Drug trail - Spur der Drogen. Matthias Kluger

Drug trail - Spur der Drogen - Matthias Kluger


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den Präsidenten dazu veranlasst, ihn aufzugreifen. Dad ist nicht überzeugt – aber Ober sticht Unter, wie es so schön heißt.“ Robert grinste.

      „Das wird ein Riesenfass, bist du dir dessen bewusst?“

      „Phil, noch mal“, versuchte sich Robert zu verteidigen, „es war zu Beginn nur der Fetzen eines Gedankens. Jetzt ist er zum Politikum geworden, einem Politikum, das sämtliche Werte und alle bisher verfolgten Strategien aus den Angeln hebt. Sollte sich der Präsident tatsächlich für die Legalisierung von harten Drogen entscheiden, wird es nicht unerhebliche Gesetzesänderungen geben müssen. Ganz zu schweigen von den Folgen für die Amerikaner, die Wirtschaft …“

      „Und die Drogenkartelle“, ergänzte Philipp. „Ihr macht euch damit mächtige Feinde.“

      „Du meintest, wir machen uns damit mächtige Feinde“, korrigierte Robert ernst.

      Philipp zuckte mit den Schultern. „Klar, wir, deswegen bin ich ja hier. Aber unter uns: Du bist der Angsthase von uns beiden, nicht ich. Wer versichert uns, dass nicht irgendein Heckenschütze dir oder mir die Birne wegpustet?“

      „Wird schon nicht …“

      „Sicher, Robert?“, unterbrach Philipp. „Wenn die, wer auch immer die sind, mitbekommen, dass wir eine Steilvorlage für den Präsidenten ausarbeiten, Drogen zu legalisieren …“ Philipp machte eine kurze Pause und pfiff durch die Zähne. „Jeder Kleindealer, dem du dadurch seinen Markt wegnimmst, jeder Drogenbaron, oder wie sich die Bosse nennen, wird uns und alle daran Beteiligten aus dem Weg schaffen wollen. Mit der Legalisierung trocknest du den illegalen Drogenmarkt aus. Genauso war es zu Zeiten der Prohibition – nur dass der Drogenmarkt größer und weltumspannend ist. Je mehr ich versuche, es dir zu erklären, desto heftiger drückt meine Blase. Ich piss mir bei dem Gedanken fast in die Hose.“

      „Das haben wir intern alles bereits diskutiert. Wir schreiben Geschichte, Bruderherz.“ Jetzt grinste Robert breit, während Philipp nur mit dem Kopf schütteln konnte.

      „Wann geht’s los?“, wollte Philipp wissen.

      „Heute um 14:00 Uhr ist ein Treffen bei Bob Thompson angesetzt.“

      Philipp nickte und betrachtete stumm durch die getönten Scheiben der Limousine die beleuchteten Straßen Washingtons. Ein erstes Treffen mit dem mächtigsten Mann der Welt, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, hätte er sich unter anderen Vorzeichen gewünscht. Niemand im Wagen achtete auf den hellblauen Toyota, der der Limousine in sicherem Abstand folgte.

      Peng, peng, peng

      „Woher haben Sie Ihre Information?“

      Statt eine Antwort auf die Frage zu geben, folgte auf dem Fuße eine Gegenfrage: „Wie ist Ihr Plan? Haben Sie überhaupt einen?“

      Die Person am anderen Ende der Leitung atmete tief ein, bevor sie eine Antwort gab: „Mister Eagle, der Präsident ist ein mächtiger Mann mit umfangreichen Befugnissen, zweifellos. Doch ohne Zustimmung des Senats und der Kongressmitglieder wird er, außer heißer Luft, nichts bewirken.“

      „Dessen bin ich mir nicht so sicher“, antwortete jener Mann, der auf den Namen Eagle hörte, mit sonorer Stimme.

      „Sitzen Sie im Senat oder ich?“ Die Frage des Senators klang genervt.

      Mr. Eagle umschloss den Hörer noch fester, sodass das Weiße seiner Knöchel hervortrat. „Vergessen Sie nie, was Sie uns zu verdanken haben, Senator Coleman. Lassen Sie Ihre Beziehungen spielen. Sie verdienen Unsummen durch uns. Wie geht es im Übrigen Ihrer Tochter auf der Privatschule?“

      Am anderen Ende wurde es ruhig. Die Drohung war angekommen. „Lassen Sie meine Familie aus dem Spiel!“

      „Sie müssen handeln, Senator, und zwar schnell. Das Team um Bob Thompson rüstet sich bereits für die Legalisierung. Sollte es so weit kommen, verlieren wir über Nacht unsere Einnahmequellen. Das wird aber nicht passieren. Und Sie, Senator, sorgen dafür! Wenn nicht, regeln wir es auf unsere Weise.“

      „Was wollen Sie damit andeuten?“

      Es wurde still in der Leitung. Nach unendlichen zwanzig Sekunden erhielt Senator Coleman eine Antwort: „Peng, peng, peng“, flüsterte Mr. Eagle und legte auf.

      Müde, doch konzentriert zog Verteidigungsminister Ashton Brown den Gürtel des weißen Bademantels enger, während er sich in seinem Lederstuhl aufrichtete. Auf dem Arbeitstisch vor ihm lagen diverse Hängeakten sowie etliche Fotos, die er wiederholt eingehend betrachtete. Die Farbfotos zeigten Schnappschüsse von drei Personen. Zwei davon waren ihm bestens bekannt. William Baker und dessen Sohn Robert. Das Gesicht des dritten Individuums war ihm neu. Es zeigte einen blonden Mann, Mitte/Ende zwanzig, der direkt neben Robert Baker vor dem Washington Dulles International Airport stand und diesem zum Verwechseln ähnlich sah. Dann griff Ashton Brown zu einer der Hängemappen und legte das Foto hinein. Auf der Mappe war ein Name notiert: Philipp Baker.

      Habe ich Ihr Wort?

      Zwar hatte er über die Jahre schon zigfach darüber berichtet, ganze Rubriken über Entscheidungen, die in diesem Raum getroffen wurden, gefüllt, doch betreten hatte er jenes Heiligtum noch nie. Als er die Einladung auf seinem Schreibtisch liegen sah, traf ihn diese wie ein Vorschlaghammer. Der Präsident selbst hatte sie unterzeichnet und ihn, Oliver Konecki, um ein Treffen gebeten. Er müsste lügen, würde er behaupten, an diesem Morgen nicht ein Grundrauschen an Nervosität zu verspüren.

      Frisch geduscht und glatt rasiert durchwühlte er seinen Kleiderschrank nach einem ungetragenen weißen Hemd. Das erste, was ihm in die Finger fiel, bestand nicht den Geruchstest. Ebenso das zweite, das er aus dem Schrank zog. Beide Kleidungsstücke landeten auf einem Berg Schmutzwäsche neben seinem Bett. Das dritte Hemd musste – etwas aufgebügelt – als tragbar eingestuft werden, denn ihm gingen die Alternativen aus. Eine grauschwarz gestreifte Krawatte rundete das Bild mit seinem schwarzen Jackett, das er lässig über der Bluejeans trug, farblich perfekt ab.

      Am Weißen Haus angekommen entging Oliver nicht die aufgebrachte Menschenmenge, die mit Plakaten und Megaphonen gegen die derzeitige Drogenpolitik demonstrierte. Bestens durch Sicherheitskräfte abgeschirmt, ließ man sie nun schon seit Monaten gewähren. Ihn freute und faszinierte zugleich das Durchhaltevermögen dieser Menschen.

      Dann, Punkt 11:30 Uhr, durchschritt er den Körperscanner des Weißen Hauses und wurde von einem Sicherheitsbeamten abgetastet, bevor eine nette, etwas mollige Dunkelhaarige ihn direkt ins Oval Office geleitete.

      „Zum ersten Mal hier?“, erkundigte sich der weibliche Scout, schnellen Schrittes vorangehend.

      „Yep“, antwortete Oliver knapp.

      Die Dunkelhaarige überflog die Einladung, die Oliver ihr zuvor gereicht hatte, auf ihrem vor die massige Brust gepressten Klemmbrett, ohne deswegen an Geschwindigkeit einzubüßen. „Oliver Konecki. Richtig?“, rief sie im Laufschritt nach hinten.

      „Der bin ich“, lächelte Oliver und hastete der Dame hinterher.

      Abrupt blieb sie stehen. „Etwa der Oliver Konecki von der Washington Post?“

      „Ganz recht“, bestätigte Oliver und wäre fast auf seine Begleitung aufgelaufen.

      „Na, da haben Sie ja für mächtigen Wirbel gesorgt. Scharf auf den Pulitzer, was?“

      „Zufall, Ms.?“

      „Smith“, lächelte die Mollige.

      Olivers Blick fiel auf das Namensschild, das neben der Tür hing, vor der sie zum Stehen gekommen waren. Darauf las er „Vice President of the United States“ und noch immer stand darunter der Name „Logan Winston“.

      „Ja, tragisch, nicht?“, seufzte die mollige Ms. Smith, als sie bemerkte, wie Oliver das Schild betrachtete. „Ganz unter uns, Mr. Konecki: Hätten Sie nicht aufgedeckt, dass unser Vice an diesen vergifteten Drogen gestorben ist – früher oder später hätte sein Herz sowieso nicht mehr mitgespielt. Logan Winston hat Tag und Nacht geackert,


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