Zum Glück gibt es Wege. Clemens Bittlinger

Zum Glück gibt es Wege - Clemens Bittlinger


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es gibt

      Wege

      zum

      Glück.

      Es gibt innere Wege, die mich dazu führen, mit mir selbst in Einklang zu kommen. Und wenn ich im Einklang bin mit mir, dann fühle ich mich glücklich. Es gibt aber auch Menschen, die mich an die Hand nehmen, um mit mir das Glück des Miteinanders zu erfahren.

      Die Wege, die wir gehen, bereiten uns vor, geben uns Zeit, dass wir uns auf das Kommende einstellen können: Eine Schwangerschaft dauert neun Monate. Die Eltern lernen, sich auf das Baby einzustellen und sich vorzubereiten. Menschen, die, z. B. bei einem Lottogewinn, plötzlich und allzu schnell vom Glück übereilt werden, sind oft ganz einfach überfordert und haben nicht gelernt, mit der neuen Situation „umzugehen“. Deshalb ist es gut und wichtig, sich dem Glück behutsam zu nähern.

      Zum Glück gibt es Wege, die uns herausführen, z. B. aus der Trauer. Wenn wir einen geliebten Menschen verloren haben, brauchen wir eine Weile, um uns neu zu sortieren, wir „durchlaufen“ bestimmte Phasen der Trauer, bis wir wieder in der Lage sind aufzuschauen und neuen Mut zu fassen.

      Zum Glück gibt es Wege heraus aus der Lethargie – hin zu neuer Lebensfreude, heraus aus der Ängstlichkeit – zu neuem Lebensmut.

      Die Bibel ist voller Weggeschichten, die uns an die Hand nehmen und zum Leben ermutigen wollen.

      Davon handelt dieses Buch, und wir fragen bei jeder dieser Erzählungen: „Was ist das Spezielle an diesem Weg zum Glück?“ Und wo kommt dieses Spezielle in unserem Alltag vor? Denn auch die biblischen Wege zum Glück führen uns nur dann zum Glück, wenn wir sie auch selbst gehen: im eigenen Leben, im eigenen Alltag und in den eigenen Begegnungen.

      „Das Glück ist eine Reise, kein Ziel“, sagt ein altes Sprichwort der Wüstenväter. Zu dieser Reise wollen wir Sie nun einladen.

      Herzlich

      Pater Anselm Grün & Clemens Bittlinger

      1. Wegweiser: Höhepunkte

      Im Urlaub zieht es viele Menschen in die Berge: einfach losmarschieren und dann von Hütte zu Hütte wandern, weit weg von allem anderen. Und während wir wandern, wird der Kopf freier und freier. Zwischendurch wird immer wieder mal angehalten, wir schauen hinunter ins Tal, trinken frisches Quellwasser und genießen die gute Bergluft. Wie schön ist es, wenn wir dann gegen Spätnachmittag die Hütte erreichen, ausgepowert und doch glücklich! Da schmecken die Brotzeit und das kühle Bier gleich doppelt so gut. Aber ohne den zurückgelegten Weg gäbe es diesen Glücksmoment nicht.

      In solchen Momenten sammeln wir innerlich „Farben für den Winter“, wir tanken auf, wir atmen kräftig durch und lassen die Bilder auf uns wirken.

      Auch Jesus und seine Jünger brauchen diese Zeiten, in denen sie einfach einmal auf Abstand gehen können – weg von den Menschenmassen, weg von den Streitgesprächen mit den Schriftgelehrten und dem stetig wachsenden Erwartungsdruck der Menschen, die ihnen begegnen. Da ist eine Bergtour genau das Richtige: Jesus und drei seiner Freunde auf einer kleinen Wanderung. Das muss ein sehr schönes Erlebnis gewesen sein – endlich Zeit zum Reden, Zeit, um auch persönlichere Dinge zu besprechen, Zeit auf dem Weg, Gelegenheit dazu, auch Ängste und Fragen zu formulieren. Was für ein Glück, diese Zeit zu haben, diesen Weg zu gehen und die Gedanken einfach einmal kommen und gehen zu lassen. Jesus von Nazareth als Bergführer, das muss man sich einfach einmal vorstellen!

      Jeder, der schon einmal einen Berg erklommen hat, weiß: Das Gipfelerlebnis ist etwas ganz Besonderes. Wenn wir dann endlich oben stehen, am Gipfelkreuz, und wenn dann auch noch schönes Wetter und eine klare Sicht herrschen, dann kann einem das schon einmal den Atem rauben – nichts als wunderschöne Bergwelt, so weit das Auge reicht.

      Das Gipfelerlebnis, das die drei Jünger Petrus, Jakobus und Johannes haben, ist allerdings von ganz besonderer Art. Sie beginnen auf einmal, „ihren Jesus“ in einem völlig neuen Licht zu sehen, und nicht nur das: Sie erkennen auf einmal den historischen und religiösen Zusammenhang, in dem ihr Meister zu sehen ist: Jesus wird vor ihren Augen verklärt, sein Gesicht leuchtet hell wie die Sonne, und seine Kleider werden weiß wie das Licht. Und während sie ihn so in einem ganz neuen Licht sehen, wird die „Erscheinung“ noch erweitert, und zwar durch zwei herausragende Persönlichkeiten der jüdischen, also ihrer eigenen, Geschichte: Unverkennbar stehen da plötzlich – neben dem verklärten Jesus – Mose und der Prophet Elia (Mt 17,2f.).

      Das muss ein unglaublicher Moment gewesen sein – die Jünger stehen da und sehen Mose, den Befreier, den Überbringer der Gesetzestafeln, den, der alles auf eine Karte gesetzt und sein Volk, die Israeliten, aus der Gefangenschaft der Ägypter in das gelobte Land geführt hat. Mose, den Mann, der den Betern im Sinn ist, wann immer das Urbekenntnis des Volkes Israel gesprochen wird: „Der Gott Abrahams und Isaaks, der uns aus Ägyptenland geführt hat!“

      Wir können uns kaum vorstellen, wie beglückend diese Vision für einen gläubigen Juden sein muss! Und dazu noch Elia, der wichtigste Prophet nach Mose, der, von dem es heißt, er sei mit einem Feuerwagen direkt in den Himmel aufgenommen worden (2 Kön 2,1-18) – Elia, der Wegbereiter des erwarteten Messias.

      Nun stehen diese beiden da, im Gespräch mit ihrem Jesus – was für ein erhabener, historischer Moment. Ein absoluter Höhepunkt im Leben dieser drei Freunde. Kein Wunder also, dass sie diesen Moment gerne festhalten würden.

      Heutzutage würde bei so einem Ereignis vermutlich das Smartphone gezückt und der Augenblick mit der Smartcam festgehalten werden. Vielleicht würde er auch gleich über Facebook geteilt … und dabei wahrscheinlich der wichtigste Teil dieses Ereignisses verpasst werden.

      Ich wundere mich immer, wie viele Leute, auch im Urlaub, permanent mit ihrem Smartphone zugange sind. Alles wird sofort digital gespeichert und gepostet: der Strand, das Essen, das Meer, und hier noch ein Selfie und da noch ein Klick und hier noch mal schnell ein Filmchen. Da denke ich manchmal: Leute, die so unterwegs sind, verpassen oft das eigentlich Schöne an solchen Momenten – nämlich die wunderbare Atmosphäre, den lauen Wind, das gemütliche Beisammensein am Tisch, die Entspannung, die sich langsam einstellt, und das Glücksgefühl: Wie schön, dass wir alle mal wieder beisammensitzen und uns aneinander freuen dürfen.

      Der eigentliche Höhepunkt, er lässt sich doch gar nicht festhalten – er lebt doch von eben dem stillen Augenblick, in dem er stattfindet, und diesen Höhepunkt verpasse ich, wenn ich allzu sehr damit beschäftigt bin, ihn irgendwie zu fixieren und zu dokumentieren. Hinzu kommt: Ein Sonnenuntergang durch das kleine Display des Smartphones betrachtet ist längst nicht so eindrucksvoll wie ein Sonnenuntergang, bei dem ich das Ding einfach auslasse und den Moment voll und ganz auf mich wirken lasse. In so einem Moment wird das sogenannte „Smartphone“ ganz schnell zu „Stupid­phone“, denn es hindert mich daran, einfach da zu sein und den Moment zu genießen. Glück kann man nicht festhalten, Glück braucht dieses Innehalten. Zum Glück braucht es stille Momente, stille Wege.

      Die Jünger Jesu haben keine Smartphones und auch keine Kameras, aber auch sie wollen diesen wunderbaren Moment doch irgendwie festhalten. So ganz nach dem Motto „Hier gefällt es uns, hier bleiben wir!“ macht Petrus einen Vorschlag: „Wollen wir uns hier nicht einfach niederlassen – wir würden auch drei Hütten bauen: eine für dich, eine für Mose und eine für Elia!“ Doch der Vorschlag des Petrus geht unter in einem weiteren großartigen Schauspiel. Auf einmal sind sie umgeben von einer großen Wolke und einer Nebelwand, und aus dieser Nebelwand hören sie die Stimme: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe, auf ihn sollt ihr hören!“ Nicht genug, dass sie Jesus vor wenigen Augenblicken in einem völlig neuen Licht sehen durften – nein, jetzt kommt auch noch die verbale Bestätigung hinzu: Dieser Jesus ist weit mehr als irgendein Mensch oder Wanderprediger, er ist der Sohn Gottes. In ihm begegnet uns auf einzigartige Weise Gott selbst – was für ein unglaublicher Moment, was für ein erschreckendes und gleichzeitig beglückendes Erlebnis, was für ein Höhepunkt, in vielerlei Hinsicht! Aber natürlich sind sie bis ins Mark erschrocken, als sie plötzlich die Stimme des allmächtigen Gottes vernehmen können, das lässt sie regelrecht erstarren.

      Ja, es gibt diese


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