Dunkler Paladin. Cole Brannighan

Dunkler Paladin - Cole Brannighan


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Hauptmann, neunzehn Mann, mit mir zwanzig.«

      »Gut. Die Männer sollen sich versorgen, nehmt Proviant mit, alles, was Ihr in diesem verfluchten Turm finden könnt. Ich will keinen in diesen ekelhaften Lumpen sehen, die Ihr hier tragt. Nehmt Euch die Ausrüstung aus dem ersten Stock. Es müsste noch alles da sein.« Sie warf einen Blick auf Schmutzbart. »Vielleicht reichte es auch noch, um Schmutzbart einzukleiden. Unter dem Pelz sieht er aus wie ein Haufen Schweinegedärm.«

      »Vater Klein sagt, es geht um innere Werte«, protestierte der Hüne, der den blutigen Hammer auf dem Boden abstellte und ein Stück Hirn mit dem Fuß von diesem herunter trat.

      »Innere Werte wollen auch nicht, dass man eine Klinge in sie hineinstößt, also wirst du eine Rüstung tragen. Hammling, nehmt ihn mit nach oben. Ich gehe davon aus, dass uns nicht viel Zeit bleibt, bis die Palastwache eintrifft. Ich will die Truppe in zehn Minuten einsatzbereit haben.«

      »Zu Befehl, Hauptmann«, erwiderte Hammling und ging hoch zu den anderen.

      Talisa war sich ihres eigenen Todesurteils bewusst. Sie half Gefangenen beim Ausbruch und desertierte, wenn man das bei einer Söldnerin ohne Dienstherren so bezeichnen konnte. Beides wurde mit Auspeitschen und anschließendem Hängen bestraft, sofern man es überlebte, dass sich einem die Hautstreifen vom Rücken schälten.

      Im Erdgeschoss herrschte Aufbruchsstimmung. Männer saßen auf Bänken und dem Boden, streiften sich Unterröcke, Socken, Bein und Armschienen über. Andere befestigten die Rückenschnallen der Brustpanzer ihrer Kameraden und schwatzten durcheinander. Das Elend aus dem Kerker war dem Schlachtenfieber gewichen, das die Herzen aller Krieger zum Schlagen brachte. Wer schon fertig eingekleidet und mit dem Bastardschwert der Bezwinger bewaffnet war, schob sich Hammelkeule und Brot in den Mund.

      Jeder, an dem Talisa vorbeischritt, himmelte sie mit Stolz und Bewunderung in den Augen an, was ihr befremdlich vorkam. Sie wusste mit Respekt umzugehen, aber das hier machte sie unsicher. Sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen, und führte die Truppeninspektion fort. Eine Routine, die ihr stets Ruhe vermittelt hatte.

      »Wer soll denn da hineinpassen, da ist nicht mal Platz für Vater Klein. Die Schienen sind kein Vergleich zum Drachenarm, wieso kann ich den nicht behalten?«, meckerte Schmutzbart.

      »Du blökst wie eine Ziege beim Kötteln«, kommentierte Talisa sein Gejammer. Sie löste die Spange – immer noch die, die sie sich von der Diebin geborgt hatte – bändigte ihre schwarze Haarmähne und fixierte sie hinten zum Zopf.

      »Dann behalte eben deinen dämlichen Drachenarm! Gebt ihm Brustpanzer und Mantel. Und bei den Verfluchten Sieben, verpasst ihm neue Unterbekleidung!«

      »Hauptmann, sie kommen«, rief einer der Männer. Schneeflocken schmolzen auf seinem dunklen Lockenkopf.

      »Fertig machen, aufsatteln! Ich will ein richtiges Kavallerieregiment sehen! Schmutzbart, kannst du reiten?«

      »Wie ein wranischer Wüstenteufel, sagt Vater Klein.« Ein Grinsen, das gelbe Zähne entblößte, stahl sich in sein Wildwuchsgesicht.

      Als Talisa und ihre Leute den Innenhof betraten, ließ ein Dienstmädchen ihren Wasserkrug in den Schnee fallen und rannte mit wirbelndem Rock vom Innenhof. Auch die verbliebenen Gardisten, die auf dem Wehrgang über dem Tor standen, erfasste die Lage und sie sprangen ohne Rücksicht auf die Höhe von der Mauer.

      Talisa und die anderen schnappten sich Pferde aus dem Stall und saßen auf. Sie presste die Zügel so fest zusammen, dass das Leder unter ihren Fingern knirschte. Neben ihr saß Schmutzbart im Sattel und hatte sich den Kriegshammer über die rechte Schulter gelegt.

      »Herrin, Palastwachen, dreißig Mann!«, schrie der lockenköpfige Bezwinger, der auf den Wehrgang geklettert war.

      Talisa knirschte mit den Zähnen. Zähe Bastarde. Gut gerüstet, gut trainiert, gut im Töten. Sie beäugte ihre Bezwinger. Die Pferde unter ihren Hintern standen besser im Futter als die Reiter.

      Hammling schob sich zu ihr durch. Sein Atem bildete Wolken in der kalten Luft. »Sie sind zu nah dran, wir können ihnen nicht davonreiten «, bemerkte er knapp.

      »Wer sagt denn, dass wir entkommen wollen? Wir nehmen sie in der Front, brechen durch und teilen sie auf. Im Ansturm sind wir ihnen überlegen.« Sie gab dem Mann am Tor ein Handzeichen.

      Er schnitt das Gegengewicht los. Das Seil schnappte über den Flaschenzug hoch, während die beiden Hoftorflügel gegen die Innenwände schlugen.

      Talisa, mit Schmutzbart zur Rechten und Hammling zur Linken, trabte hinaus, das Bastardschwert baumelte am Sattel. Die restlichen Bezwinger folgten ihr. Sie beschleunigten ihr Tempo und richteten ihre Speere nach vorn. Der Boden erbebte unter den Hufen der gepanzerten Einheit, die Schnee und Erdklumpen in die Luft sprengte.

      Die Palastwachen, auch im Zinnoberrot aller Eliteeinheiten der Krone, richteten ihre Kavallerieformation neu aus im Versuch, sich auf das Unerwartete einzustellen. Sie schnallten ihre Schilde von den Sätteln ab und kombinierten sie mit Speeren. Ihre Helmbüsche wippten bei dem Manöver, das zu langsam ausgeführt wurde. Ein tödlicher Fehler.

      »Sterbt gut!«, brüllte Talisa in dem Wissen, dass der Tod auf dem Feld eine Ehre für jeden Krieger war. Kurz darauf brachen die Bezwinger mit Gewalt in die Reihen der Palastwache. Die ersten Feinde fielen mit Speeren in den Bäuchen, dann schmetterte der Rest der Angreifer in sie hinein. Talisa stieß ihr Schwert in die Brust einer jungen Palastwache. Blut schäumte dem Mann aus dem Mund, während sie ihre Klinge herauszog, den Griff beidhändig umfasste und nach einem Pferdehals schlug. Das Tier brach unter dem Genickschlag zusammen. Talisa achtete darauf, ihren Schwung nicht zu verlieren und die Wucht des Angriffs weiterzutragen, sonst konnten sie nicht durchbrechen.

      Das Gerangel verdichtete sich. Das Geschiebe und Gedränge begann; das Leid einer jeden Schlacht.

      Schmutzbart schlug einer Palastwache so hart vor die Brust, dass sie aus dem Sattel gehoben und auf ihren Hintermann geschleudert wurde. Der Hüne hob seine Waffe und hämmerte einem Pferd den Dorn seiner Waffe in die Hinterbacke. Es bäumte sich auf und warf den Reiter vom Sattel, bevor es zur Seite wegbrach. Metall schrammte über die Schuppen seines Drachenarms, doch das hielt ihn nicht auf. Er holte aus und zertrümmerte dem Angreifer die rechte Schulter samt Rüstung. Mit einem Mpfff sackte der Angreifer zur Seite. Jemand fasste Schmutzbart am Arm und wollte ihn herunterziehen. Ein Rückhandschlag seiner Linken zerschmetterte das dreckige Gesicht zu Brei. Er lachte, während sein Hammer wie ein Kolben im Butterfass auf und ab fuhr.

      Talisa wandte den Blick von Schmutzbart ab und verteilte wilde Hiebe nach links und rechts. Ihrem Gaul gab sie mit dem Druck ihrer Schenkel zu verstehen, dass er immer weiter nach vorn zu schreiten hatte. »Weiter!«, brüllte Talisa über den Kampfeslärm. »Wir sind gleich durch, weiter!« Mit einem Stich nach vorn riss sie eine weitere Palastwache vom Sattel. Sie machte sich nicht die Mühe, ihn zu töten. Wer im Getümmel fiel, kam unter den Füßen und Hufen nie wieder hoch.

      Mit blutverschmiertem Gesicht schnappte sie nach Luft, ihr Körper brannte vor Hitze. Um sie herum war Platz – der Durchbruch war gelungen. Als sie sich umdrehte, beobachtete sie, wie die beiden Flanken kollabierten. Einzelne Reiter lösten sich und galoppierten vor den Bezwingern davon.

      »Haltet ein!« Talisa wollte verhindern, dass ihre Leute den Rest der Wachen niedermachten. Aufreiben genügte und würde ihnen Zeit verschaffen, die Flucht anzutreten. Trotz des Siegs war eine Flucht nichts, was sie so leicht mit sich selbst vereinbaren konnte.

      Sammle dich, um dann härter zuzuschlagen.

      Talisa atmete durch. Vier ihrer Leute lagen am Boden, mindestens achtzehn von der Palastwache. Schmutzbart war abgestiegen und rammte einem Verletzten, der auf dem Bauch lag und jammerte, den Hammer ins Rückgrat. Er drehte sich um, hielt den Hammer in der Rechten und funkelte Talisa aus tiefliegenden Augen an. So sah es also aus, wenn der Dämon des Mordens höchstpersönlich aus den Höllen der Verfluchten Sieben emporstieg und sich am Leid der Sterblichen ergötzte.

      »Nehmt Proviant. Keine Beute, keine Trophäen oder Ballast«, befahl Talisa. Sie wollte den Schneefall nutzen, damit


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