Dunkler Paladin. Cole Brannighan

Dunkler Paladin - Cole Brannighan


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ihn an, während sich eine dunkle Silhouette zwischen ihnen bewegte.

      Finn ging in die Knie und sprach die Kraftbitte. »Dunkelheit naht o Herr, verleihe mir das Feuer, um gegen sie zu bestehen.«

      Er erhob sich mit flammender Klinge und setzte darauf, dass die Macht des Indigos die Herzen schwacher Geister und vor allem die der Tiere in Angst versetzen würde.

      Zu seiner Überraschung zeigten sich die Riesenwölfe weder beeindruckt noch sonst in irgendeiner Form überrascht. Stattdessen behaupteten die beiden Tiere ihre Stellung, während der Wind ihr Knurren an Finns Ohren herantrug. Das Schicksal machte sich über ihn lustig, indem es ihm Kräfte gegen Dämonen und Magie verlieh, ihn aber gegen einen Meeresschwamm, Riesenwölfe und Khalea, deren Sticheleien reine Folter darstellten, in Kämpfe schickte, in denen ihm seine Gebete wenig nützten.

      Finn verbannte den Frust aus seinen Gedanken und wog seine Optionen ab. Wenn er sich in die Tür stellte, konnte er nur von vorn angegriffen werden, was die Chancen ausgleichen und ihm Deckung verleihen würde. Mit etwas Glück stieß Flöckchen zu ihm, wenn sie noch lebte, andererseits waren manche Wesen so hässlich, das nicht einmal der Tod sie holen wollte.

      Eine Windbö rauschte an ihm vorbei und zerrte an seinem Umhang. Zwischen den Wölfen erstrahlte indigofarbenes Licht und schälte eine Frau aus der Dunkelheit, die einen flammenden Morgenstern in der rechten trug. Beide Riesenwölfe kauerten sich neben sie und verstummten.

      Finn fühlte Erleichterung. Er hatte sie gefunden, Schwester Meena.

      »Entweder fressen sie einen Narren an dir oder den Narren, der es wagt, sie anzufassen.«

      – Aus Bruder Malesens Bestiarium, Kapitel 13 – Riesenwölfe

      Kapitel Sechs

      Flucht

      Vom Wind verwirbelte Schneeflocken fielen zwischen den Brücken der Oberstadt, deren Türme und Balustraden spinnennetzartig miteinander verbunden waren, und legten sich auf den gefrorenen Boden der Unterstadt. Kaum, dass sie ihn berührt hatten, wurden sie von hunderten Menschen in dicken Schals, Fellen und Wollmützen zu Matsch getreten.

      Talisa hauchte eine warme Dampfwolke in ihre Handkuhlen und bewegte ihre Finger durch, während sie das Desinteresse der Menschen um sie herum genoss. Dies war typisch für die Bewohner des Nordens. Sie hatten durch das Leben in der Kälte keine Wärme zu verschenken, ob am Herdfeuer oder in ihren Herzen.

      Talisa zog sich den haselnussbraunen Bepastonpelzmantel enger um den Körper. Weniger, weil sie fror, sondern weil sie sichergehen wollte, dass niemand ihre Bezwingerrüstung sah. Zu ihrem Glück hatte sie ihre Rüstung in Firuwahrs Keller wiedergefunden, als sie den ausgebrannten Landeturm durchsucht hatte. Möglich, dass der Dieb ihr Zeug an Hehler verkaufen wollte, aber die Rüstung eines Bezwingers ließ sich nicht ohne Aufsehen verscherbeln. Zudem konnte sie im Beutekeller ein Vermögen an Perlen, Ohrringen, Rubinen und Prunkringen mitgehen lassen.

      Es war, als wäre sie vorher nackt gewesen. Die Platten knirschten aufeinander. Ein Geräusch, das sie in all seinen Tonlagen so gut kannte, dass sie allein am Klang des Metalls Schadstellen und Beulen heraushören konnte. Das Bastardschwert an ihrer Seite klapperte mit der Beständigkeit eines Herzschlags gegen die Beinschiene. Tip-Tap, Tip-Tap. Sie wusste Schmutzbart hinter sich, der wahrscheinlich damit beschäftigt war, seinem Nager die Stadt zu zeigen. Obwohl sein Verstand nicht mehr zu gebrauchen war, besaß er eine Loyalität, die unzerstörbar war. Doch er allein würde nicht reichen, um Firuwahr ihre Rache in den Hintern zu schieben. Gestern Nacht hatte sie von einem Matrosen in Erfahrung gebracht, dass die Bezwinger allesamt im Haftturm saßen. Behandelte man so neuerdings die Leute, die sich aufgrund ihrer Leistungen für die Jorvenlande zu Legenden aufgeschwungen hatten?

      Aus Erfahrung wusste sie, dass es keinen Sinn machte, auf die Gerichtsverhandlung zu warten. Es war kein Geheimnis, dass König Egon der Dritte Gefangene oft ihrem eigenen Elend überließ. Seit die Nomadenstämme südlich von Wranis in einen Friedensvertrag eingewilligt hatten, schenkte er seine Aufmerksamkeit den Konflikten an der Nordgrenze zum Reich der Zwölf Stämme. Der Einfall der Barbaren vor zwanzig Jahren hatte deutlich gemacht, dass Tilayndor die Tundra des Nordens ernst nehmen musste. Wen kümmerten da schon ein paar inhaftierte Bezwinger? Wenn sie Glück hatte, fanden sich Wärter, die sich mit einem Extragroschen Bettgespielinnen oder andere Lustbarkeiten gönnen wollten. Sie sollte verdammt sein, wenn sie nicht diejenigen retten konnte, die Seite an Seite mit ihr gekämpft und geblutet hatten.

      Sie vermied es, die aschgrauen Stadtgardisten anzuschauen, die in Trupps aus jeweils sechs Mann über die Straßen patrouillierten. Es kam ihr recht, dass sie nach dem Beispiel der Einheimischen das Gesicht hinter dem Mantelkragen vergraben konnte. Besser, man sah ihre gebrochene Nase nicht, die so etwas wie ihr Markenzeichen war.

      Der Schneefall gewann an Dichte und dämpfte die Geräusche der Handwerker, die im Schmiedeviertel Hufeisen für Pferde, Töpfe und Pfannen, Kessel und andere Haushaltsgegenstände herstellten. Talisa spielte einen Augenblick mit dem Gedanken, ihre Rüstung an der Rückenplatte ausbessern zu lassen, allerdings verwarf sie ihn wieder, da sie vorrangig einen Handwerker suchte, der Waffen herstellen konnte.

      Vor einer Schmiede sortierte ein Lehrling Schwerter, Morgensterne und Äxte nach Größe und Form auf einem Gestell. Ihre Schneiden waren noch jungfräulich.

      »Meine Dame, willkommen in Darheisens Waffenkammer. Ihr habt den Blick einer Kennerin, darf ich Euch zu einem wranischen Florett raten?«, fragte der rotznasige Bengel. Er passte kaum in den Pelzmantel, den er vielleicht von seinem älteren Bruder geerbt hatte, dennoch konnte er schon schleimen wie ein Großer. Er schenkte ihr ein Schmunzeln, das ihm im Gesicht gefror, als Schmutzbart sich von hinten an ihre Seite stellte.

      Talisa sah das Sortiment durch. »Verhökere deinen Schrott an Einfältige, mein Junge, mich kannst du nicht hinters Licht führen. Ich will das gute Zeug, verstanden?« Sie zog den Kragen hinunter und entblößte ihre gebrochene Nase.

      Er schluckte. »Ja, natürlich, kommt rein in die Schmiede. Ich denke, Ihr fragt besser gleich den Meister.« Er zeigte auf einen vierschrötigen Mann.

      Schweiß glänzte auf Darheisens Muskeln, während er mit der Regelmäßigkeit eines Blasebalgs ein Stück Metall auf dem Amboss bearbeitete. Seine Schmiedeschürze glänzte im Schein orangefarbener Flammen. Das alles weckte Erinnerungen an Folter und Gefangenschaft in Talisa.

      Darheisen hob das glühende Metall, begutachtete es und warf es in eine Kiste mit Hufeisen und Pfannen. »Nicht alles, was als Erz bezeichnet wird, taugt auch was!«, schimpfte er und warf Talisa und Schmutzbart einen Blick zu.

      »Mein Freund hier braucht eine neue Waffe, etwas aus der Sammlung von Erensen wäre gut«, meinte Talisa.

      »Wenn ich etwas vom Meisterschmied Erensen besäße, dann würde ich nicht mehr arbeiten müssen. Was Ihr hier seht, ist die Arbeit meiner eigenen Hände, also echte Darheisen, wenn Ihr so wollt. Die Keule eures Freundes sieht nicht nach Schmiedekunst aus.« Er deutete auf das untere Stück der Keule, das unter dem Mantel von Schmutzbart herauslugte.

      »Vater Klein hält es für passend, grob und groß, so wie er selbst«, grollte Schmutzbart. Er überragte den Schmied um eine Kopflänge.

      Talisa inspizierte die Schmiede und deutete auf ein flammengeschwärztes Fass voller Waffen.

      Gute Krieger haben gute Ausrüstung.

      »Das da!«

      Darheisen zog einen Kriegshammer heraus und wog das Gewicht in seinen Schmiedepranken. »Sicher?«

      Schmutzbart nahm den Hammer am Holzgriff entgegen, machte ein paar Probeschwünge und ließ seine Fingerknöchel um den Schaft knacken. Es war nicht zu übersehen, dass er Zweihandwaffen gewohnt war. Dann betrachtete er den schweren Metallkopf, dessen linke Seite mit einer stacheligen Platte versehen war. Die andere lief in einen spitzen Dorn aus. »Wie gemacht um Rüstungen zu knacken und Knochen zu Mehl zu mahlen«, raunte Schmutzbart.


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