Mit intelligenten Kindern intelligent umgehen. Christa Rüssmann-Stöhr

Mit intelligenten Kindern intelligent umgehen - Christa Rüssmann-Stöhr


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andere menschliche Eigenarten bildet man die Verteilung des Intelligenzwerts mit der so genannten Gaußschen Normalverteilungskurve ab. Die Kurve besagt, dass es viele Menschen gibt mit einer mittleren Intelligenzausprägung, es gibt wenige mit einer sehr geringen Intelligenz und ebenso wenige mit einer sehr hohen Intelligenz.

      Bezogen auf durch Tests gemessene IQ-Werte legt man fest: 100 ist der Mittelwert und entspricht dem Durchschnitt der Altersgruppe. Bei einem IQ von unter 80 spricht man von Minderbegabung oder Lernbehinderung. Für Werte über 100 gilt:

      IQ ≥ 130

      Ab 130 liegt eindeutig Hochbegabung vor. Das sind immerhin gut zwei Prozent jedes Jahrgangs.

      IQ = 130

      Dieser Grenzwert von 130 ist verteilungsstatistisch (Unschärfe: 2,2 Prozent bei PR ≥ 97,8) begründet, nicht inhaltlich! Er ist eine willkürliche Konvention. Es gibt keinerlei Belege dafür, dass ein Mensch mit einem IQ von 132 anders denkt, lernt, handelt als ein Mensch mit einem IQ von 128.

      IQ ≥ 120 ≤ 130

      In dem Bereich zwischen 120 und 130 ist eine individuelle Interpretation der Teilergebnisse und der Verhaltensbeobachtung erforderlich, um eine eindeutige Diagnose zu erhalten, die Grundlage für zum Teil einschneidende Maßnahmen ist. Die individuelle Interpretation ist auch deshalb angeraten, weil der ermittelte IQ-Zahlenwert von beispielsweise 127 kein exakt feststehender Wert ist, sondern eine Wahrscheinlichkeit beschreibt.

      Das hat mit Testkonstruktion und Statistik zu tun: der mit einem Test ermittelte Wert von 127 kann bedeuten, dass der „wahre Wert“ im Bereich zwischen 117 (-10) und 137 (+10) liegt. Und dies gilt in aller Regel mit 95prozentiger Wahrscheinlichkeit („5 Prozent-Niveau“). Die Höhe des so genannten Vertrauensintervalls, im Beispiel ±10, ist von Test zu Test verschieden.

      IQ-Wert: lebenslang stabil?

      Die IQ-Werte bleiben nicht automatisch über Jahrzehnte stabil. Im frühkindlichen Entwicklungsalter schon gar nicht. Erst ab dem 5. Lebensjahr ist von einer gewissen Stabilität auszugehen. Dennoch gilt als Faustregel für die Grundschulzeit, dass Testwerte, die älter als ein Jahr sind, nur mit großer Vorsicht interpretiert werden sollten.

      WER SOLL TESTEN?

      • Wenn Sie sich dazu entschlossen haben, einen Test durchführen zu lassen, dann stellen Sie bitte in ureigenem Interesse sicher, dass Sie an eine(n) ausgewiesene(n) Fachfrau/-mann geraten. Die folgenden Fragen sollen Ihnen helfen, den erfahrenen, umsichtigen und problemlösungsorientierten Diagnostiker zu finden.

      • Welche Ausbildung hat Ihr Gesprächspartner?

      • Welche Erfahrung hat er auf dem Gebiet der Intelligenzdiagnostik und -beratung? Wie viele Kinder hat er bereits getestet?

      • Welche(s) Testverfahren setzt er bei welchem Kind mit welcher Begründung ein?

      • Fragt er Sie vorab nach Ziel und Zweck der Testung?

      • Bietet der Diagnostiker neben dem Test auch Beratung an?

      • Was genau ist in dem Preis enthalten, der Ihnen genannt wird?

      • Aus wie vielen Bausteinen besteht die Testsitzung (Vorgespräch, Anamnese etc.)?

      • Ist derjenige, der dann letztlich den Test durchführt, auch Ihr Gesprächspartner?

      • Was rät er Ihnen, wie Sie Ihr Kind auf die Testung vorbereiten sollen? Was sollen Sie Ihrem Kind zum Test selbst und zu dem Zweck der Testung sagen?

      • Wie geht der Diagnostiker vor dem eigentlichen Test auf Ihr Kind ein, damit es ausreichend motiviert ist mitzumachen? Hat er dazu ein Konzept?

      • Beschränkt sich der Diagnostiker auf nackte Zahlen oder gehen Verhaltensbeobachtungen mit in das Ergebnis ein? Verhaltensbeobachtung meint, wie der Diagnostiker Ihr Kind vor, während und nach der eigentlichen Testung erlebt hat.

      • Inwieweit wird das Kind in die Besprechung der Testergebnisse bzw. in die Beratung mit einbezogen? Hat der Diagnostiker dazu ein Konzept?

      • Bekommen Sie ein schriftliches Ergebnis mit nach Hause?

      • Würde sich Ihr Gesprächspartner auch in der Schule Ihres Kindes engagieren, beispielsweise mit den Lehrern reden, an einer Schulkonferenz teilnehmen oder ähnliches?

      • Verfügt der Diagnostiker über Kontakte zu weiterhelfenden Institutionen (z.B. Therapie, Hochbegabtenförderung)?

      Persönliche Test-Vorbereitung

      Wenn Sie es einrichten können, kommen Sie zu zweit. Vater und Mutter sehen ihr Kind unterschiedlich und „hören auf anderen Ohren“. Und Sie vermeiden die Schwierigkeit, dem daheim gebliebenen Elternteil die Ergebnisbesprechung wiedergeben zu müssen.

      Erklären Sie Ihrem Kind den Zweck des Testtermins: „Wir fahren zu jemandem, der herausfindet, was du so alles drauf hast“; „der uns hilft, die richtige Schule für dich zu finden“; „der uns erklärt, warum du so oft vor der Schule Bauchschmerzen hast“. Bleiben Sie ganz dicht bei der Wahrheit. Ihr Kind spürt, wenn Sie flunkern.

      Erklären Sie Ihrem Kind im Groben, wie der Testtermin ablaufen wird. Vermeiden Sie den Begriff „Hochbegabung“ oder „Intelligenztest“. Ein Frage-und-Antwort-Spiel, ein Quiz mit Knobelaufgaben hört sich sowieso spannender an.

      Bereiten Sie Ihr Kind darauf vor, dass es eine zeitlang mit einem Fremden alleine sein wird und dass es während der Nachbesprechung eine Wartezeit hat.

      Wenn Sie – speziell bei einem kleineren Kind – davon ausgehen, dass Ihr Kind nach dem Test während der Besprechung des Befundes nicht alleine warten mag, bitten Sie jemanden, mitzukommen.

      Vorab Testaufgaben zu pauken, macht keinen Sinn.

      Vereinbaren Sie den Testtermin passend zu Ihrem Familienzeitplan, damit Ihr Kind normal in den Tag gehen kann, damit Sie gut Hin- und Rückfahrt organisieren können.

      Kalkulieren Sie den Zeitbedarf vor Ort großzügig. Planen Sie Luft nach hinten ein, damit Sie bei der Nachbesprechung nicht unter Zeitnot geraten. Dazu ist die Zukunft Ihres Kindes zu wichtig.

      Was halten Sie davon, den Testtermin in einen Familienausflug einzubinden und nach dem Test z.B. das Bergbau- oder Eisenbahnmuseum oder den Zoo am Testort Bochum zu besuchen?

      Denken Sie nicht nur an einen Talisman oder das die Wartezeit verkürzende Lieblingsspielzeug, sondern auch an einen Imbiss und Getränke. Sie werden vor Ort sicherlich etwas bekommen, aber möglicherweise nicht den Lieblingsdrink Ihres Kindes.

      Fahren Sie ohne Hektik los und seien so rechtzeitig da, damit Sie und vor allem Ihr Kind in Ruhe "ankommen" und begrüßt werden können.

      Keine Panik: Der Diagnostiker kann damit umgehen, dass Sie nervös sind und Ihr Kind möglicherweise ängstlich, schüchtern oder aufgedreht ist.

      Klären Sie mit Ihrem Kind ab, ob Sie während der eigentlichen Testzeit das Haus verlassen dürfen. Bitte rechtzeitig wieder zurück sein, Ihr Kind soll schließlich keine Verlassensängste entwickeln.

      Rechnen Sie mit jedweder Reaktion Ihres Kindes nach dem Test: traurig-weinend, weil es meint, viele Fragen nicht gewusst zu haben bis hellauf begeistert, weil es so toll war.

      Lassen Sie sich das zahlenmäßige Testergebnis gründlich erklären, ebenso das ermittelte Profil. Fragen Sie nach. Dumme Fragen gibt es nicht und schließlich sind Sie kein Testspezialist. Sie sollten eine klare Auskunft über die Stärken und Schwächen Ihres Kindes mit nach Hause nehmen.

      Falls Sie von dem Ergebnis überrascht, überwältigt oder erschlagen sein sollten, sind Sie nicht mehr konzentriert und aufnahmefähig. Vereinbaren Sie einen späteren Gesprächstermin.

      Fragen Sie auch nach Besonderheiten Ihres Kindes, nach Auffälligkeiten. Der Testdurchführer hat eben gerade


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