Mit intelligenten Kindern intelligent umgehen. Christa Rüssmann-Stöhr
Arbeitsbogen, auf dem verschiedene Gegenstände abgebildet sind. Eine Vorlage zeigt dem Kind, zu welchem Gegenstand welches Zeichen gehört. Das Kind soll die zugehörigen Zeichen so schnell wie möglich korrekt übertragen. Anschließend sollen die Zeichen frei erinnert werden.
→ Gibt Aufschluss über die Schnelligkeit der Informationsverarbeitung unter vorgegebener Zeit bei einfachen Aufgaben und überprüft die beiläufige Merkfähigkeit.
Dies ist ein wichtiger Untertest für die Differenzierung zwischen hoch intelligent und tatsächlicher Hochbegabung: Bei dieser anspruchslosen Aufgabe, die noch dazu als einzige unter Zeitbegrenzung durchgeführt wird, bringen Hochbegabte regelmäßig nur durchschnittliche Ergebnisse. Gleichförmige, sich wiederholende Aufgaben sind nichts für hochbegabte Kinder.
8. Antizipieren und Kombinieren
Das Kind soll einfarbige Puzzleteile zu einem Gegenstand/einer Figur zusammensetzen. Den Kindern ist nicht bekannt, was das Puzzle darstellen soll (zum Beispiel eine Giraffe).
→ Gibt an, inwieweit das Kind fähig ist, aus Einzelteilen das Ganze zu erkennen und herzustellen.
9. Funktionen abstrahieren
Dem Kind werden zwei Wörter vorgegeben (zum Beispiel Flugzeug und Schiff) und es soll die wesentliche Gemeinsamkeit erkennen (beides sind Fortbewegungsmittel).
→ Gibt an, inwieweit das Kind in der Lage ist, zwei unterschiedliche Dinge in Bezug auf ihre Funktionen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.
10. Analysieren und Synthetisieren
Das Kind soll vorgegebene Muster mit Würfeln nachbauen.
→ Gibt an, inwieweit das Kind dazu in der Lage ist, ein System zu analysieren und praktisch anzuwenden.
11. Soziales Erfassen und sachliches Reflektieren
Das Kind hat Fragen zu sozialen Regeln und Gewohnheiten in unserer Gesellschaft zu beantworten, zum Beispiel „Warum liegen Fleisch und Wurst im Supermarkt in einer Kühltruhe? Warum haben Wohnungs- oder Haustüren andere Schlösser als Zimmertüren?“
→ Gibt an, inwieweit das Kind die Hintergründe alltäglicher Begebenheiten und gesellschaftlicher Regeln versteht.
12. Formale Folgerichtigkeit
Das Kind muss mit Plättchen unterschiedlicher Größe, Form und Farbe logische Reihen fortsetzen.
→ Gibt an, inwieweit das Kind in der Lage ist, logische Gesetzmäßigkeiten zu erkennen und weiter zu führen. Der Untertest misst formal-logisches Denken.
Im rechts abgebildeten AID-Ergebnisbogen sind die Testergebnisse von zwei Kindern eingetragen. Die roten Kreuze gehören zu Kim, die schwarzen zu Joshua. Beide Kinder sind sechs Jahre alt. Beide Kinder haben den gleichen IQ von 127 und sind doch völlig unterschiedlich.
Das Profil ist wichtiger als der IQ-Wert
Joshua zeigt in den kritischen Untertests die typischen Ergebnisse von Hochbegabten. So kann er Zahlenreihen rückwärts besser wiedergeben als vorwärts.
Seine Denkstruktur ist nach unseren hiesigen Maßstäben als ungewöhnlich zu bezeichnen. Seine soziale Intelligenz liegt im Bereich einer Teilhochbegabung. Dies lässt erhebliche Probleme im Umgang mit Gleichaltrigen erwarten.
Diese Schlussfolgerung wird untermauert durch die Verhaltensbeobachtungen während der eineinhalbstündigen Testdurchführung und durch die Schilderungen der Eltern.
Kim ist ein hoch intelligentes Sonnenscheinchen, bei dem kaum Probleme und sicher sehr gute Schulleistungen zu erwarten sind.
Kurzzusammenfassung:
Joshua ist hochbegabt; Kim ist weit überdurchschnittlich intelligent.
Ergebnisbogen aus dem AID 3-Test (mit freundlicher Genehmigung des Beltz-Verlages)
Ergebnisbogen aus dem AID 3-Test für Tristan Y
Das Testprofil vom sechsjährigen Tristan ist „zackig“, es zeigt extreme Stärken und extreme Schwächen. Das spiegelt sich im IQ jedoch nicht wider. Der IQ, als Durchschnittswert aus allen Untertests, liegt mit 106 im unauffälligen Normalbereich. Dieser IQ-Wert ist zwar das gebräuchlichste Testergebnis, aber oft nur wenig aussagefähig. Die vorhandenen Extreme werden nicht abgebildet.
In dem Testprofil-Ergebnisbogen von Tristan Y. sind weitere Kennwerte angegeben. Der „maximale T-Wert“ (81) gibt den höchsten Messwert an, den Tristan in einem der Untertests erreicht hat. Der „minimale T-Wert“ (20) gibt den niedrigsten Messwert an, den das Kind erreicht hat. Dieser Minimalwert stellt die untere Grenze der Intelligenzquantität da, sozusagen die kognitive Mindestfähigkeit. Die „Range der Intelligenz“ mit 61, also die Differenz zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Messwert, hat bei Tristan einen Prozentrang (PR) von 100. Das heißt, dass nahezu alle vergleichbaren Kinder weniger extreme Werte haben, dass es sich um ein äußerst seltenes Testergebnis handelt.
Der sogenannte „Primär-IQ“ ist der nach der Bedeutung der einzelnen Untertests gewichtete Wert. Der Primärfaktor setzt sich aus den fünf Untertests 1, 3, 6, 9 und 11 zusammen; diese Untertests sind für die Bestimmung der kognitiven Begabung besonders wichtig. Dieser Primär-IQ liegt mit 132 im Bereich der Hochbegabung.
Vergleich Testalter – Befähigungsalter
Eine weitere Darstellungsweise der Testergebnisse ist der Vergleich zwischen Lebensalter und Intelligenzalter. Tristan Y. ist 6 Jahre, 3 Monate alt, das Intelligenzalter in den AID 3-Untertests schwankt zwischen 4 Jahren und 13 Jahren.
Ungefähres Intelligenzalter in Jahren:
DER WISC-V-TEST
Seit September 2007 gibt es den HAWIK IV, der 2011 in WISC-IV umbenannt und neu normiert wurde. 2017 ist der WISC-V mit erweiterten diagnostischen Möglichkeiten erschienen.
Diagnostische Möglichkeiten
• Es gibt sieben Untertests, die standardmäßig zur Ermittlung des IQ ausreichen.
• Es gibt drei weitere Untertests, die für die komplette Ermittlung der fünf Indices benötigt werden. Die sogenannten Indices sind die Hauptfaktoren, aus denen sich die in diesem Test gemessene kognitive Befähigung zusammensetzt: das Sprachverständnis, die visuell-räumliche Verarbeitung, das fluide Schlussfolgern, das Arbeitsgedächtnis und die Verarbeitungsgeschwindigkeit.
• Für tiefergehende Analysen stehen weitere fünf Untertests zur Verfügung. Sie können eingesetzt werden, wenn bestimmte Vermutungen vorhanden sind oder Verhaltensauffälligkeiten vorliegen.
• Es gibt Erweiterungen bewährter Untertests (z.B. beim Zahlen nachsprechen), die bei der Diagnose hilfreich sind.
• Über die in der Übersicht aufgeführten Testergebnisse hinaus können weitere diagnostische Kennwerte ermittelt werden (z.B. die Honorierung von Teilleistungen im Mosaiktest).
Untertests und Indices des WISC-V
MT: Mosaik-Test
Es müssen quadratische Muster mit zweifarbigen Würfeln nachgebaut werden.
→ Erkennen von systematischen Strukturen im anschaulichen Bereich. Anschaulich-analytisches Denken und räumliches Vorstellungsvermögen.
GF: Gemeinsamkeiten finden
Dem Kind wird ein Wortpaar vorgegeben. Es muss die wesentlichen Gemeinsamkeiten finden. „Was ist bei beiden