Wörterbuch alttestamentlicher Motive. Группа авторов
Zusammenhang mit ltn finden. In den keilalphabetischen Texten aus Ugarit heißt es: „Als du schlugst Ltn (= Lotan/Leviatan), die entweichende Schlange,/vernichtet hast die sich windende Schlange,/den Mächtigen mit sieben Köpfen,/warst du entblößt,/lösten sich die Himmel/wie der Gürtel deines Gewandes“ (KTU 1.5 I,1–2; Übersetzung: LORETZ 1990, 92, vgl. DIETRICH/LORETZ/SANMARTÍN 21995). Jes 27,1 nimmt die mythische Überlieferung auf und überträgt sie auf geschichtlich fassbare Weltmächte, die auch künftig dem Gericht JHWHs unterliegen werden.
In Psalm 104,26 ist das Meer der Lebensraum des Leviatan, den er mit anderen Lebewesen und den Schiffen teilt. Leviatan hat hier insoweit eine besondere Stellung in der Schöpfung, als JHWH ihn gebildet hat, um mit ihm zu spielen. Das mythische Meeresungeheuer, das sonst die gefährliche Macht des Meeres verkörpert, ist nach Psalm 104 Geschöpf und damit entmachtet (vgl. dazu UEHLINGER 1991, 521f.; RIEDE 2009). Sein Dasein hat im Rahmen der von Gott geschaffenen Welt einzig den Sinn, dass er als exklusives Spielzeug Gottes ausersehen ist, „mit dem zu spielen sonst keinem geraten war (Hiob 40,29)“ (HÜBNER 1992, 24). In völ ligem Gegensatz dazu steht Ps 74,13f., denn hier ist Leviatan ein chaotisches Wesen, das im Rahmen des Chaoskampfes von JHWH besiegt wurde. Der Rekurs auf den urzeitlichen → Chaoskampf hat im Rahmen des Psalms modellhafte Funktion, in soweit „vergangene und aktuelle geschichtliche Kämpfe“ (UEHLINGER 1995, 80) damit gedeutet werden können: So wie JHWH dereinst Leviatan besiegt hat, so wird er auch den Kampf gegen die Feinde Israels, die aktuellen Chaosmächte, die den Bestand des Landes bedrohen, aufnehmen. Hiob 3,8 weist schließlich darauf hin, dass es Zauberer gebe, die es verstehen, Leviatan wieder aufzustören und so dessen Chaosmacht wieder zu beleben.
Krokodile gab es in alter Zeit nicht nur im Nil, sondern auch in Palästina, z.B. im Nahr ez-Zerqā südlich des Karmel. In Ägypten finden sich immer wieder Darstellungen der Krokodiljagd, z.B. im Papyrus des Cha (ca. 1430 v. Chr.; Vignette zu Totenbuch Spruch 31 vgl. HORNUNG 1975, 98). Hier wird gezeigt, wie das Krokodil von einem Mann mit einem Messer bedroht wird. Zugleich zieht er es mit einem Strick, der aus dem Maul des Krokodils hervorkommt, an sich heran – die hier dargestellte Fangmethode mithilfe eines Angelhakens ist in Hiob 40,25 wahrscheinlich vorausgesetzt. Auch die Krokodiljagd hatte in der ägyptischen Vorstellungswelt eine wichtige Funktion zur Aufrechterhaltung der Weltordnung, galt das Krokodil doch als Chaostier, das wie Behemot mit dem Gott Seth verbunden wurde. Vor allem dem Gott Horus wurde – ähnlich wie im Fall des Flusspferdes – zugetraut, dieses Chaoswesen zu besiegen.
Auch in Hiob 40,25–41,26 erscheint der im Bild eines Krokodils gezeichnete Leviatan als Repräsentant einer chaotischen, gegenmenschlichen Macht, die allerdings der Herrschaft JHWHs untersteht. Von diesem Wesen, das deutlich aggres sivere Züge zeigt als Behemot, wird gesagt, dass man es – anders als in den genannten ägyptischen Darstellungen gezeigt (vgl. auch Herodot, Historien II, 70) – nicht mit Seil und Angel fangen könne (Hiob 40,25). In den folgenden Versen werden weitere Aspekte genannt, die im Umgang mit Leviatan nicht möglich sind: Man kann ihn weder um Gnade bitten noch ihn besänftigen (V. 27), man kann ihn als Mensch – anders als Gott (Ps 104,26) – auch nicht als Spielzeug nehmen (V. 29), und in V. 30 ist er „(…) kein Objekt von Zunft- oder Jagdgenossen und auch kein Handelsobjekt von ‚Kanaanäern‘“ (EBACH 1996, 153). Die in Hiob 41 folgende Beschreibung unterstreicht einmal mehr den Schrecken, den Leviatan bei Menschen auslöst. Hier geht es zum einen um den Krokodilkörper (V. 5–16), zum anderen um die Wirkung, die das Auftreten des Leviatan erregt (V. 17–24; vgl. FOHRER 21988, 529f.). Die mächtigen Zahnreihen, der starke Panzer mit seinen Zacken, das Schnauben des Tieres, sein Nacken, das Fleisch, ja sogar das Herz (vgl. V. 5–16) zeigen die riesige Kraft an, die auch den Starken Angst einjagt (V. 17) und gegen die die stärksten Waffen nichts vermögen (V. 18–21). Mit dem unteren Teil seines Körpers plättet er den Boden, Wasserstrudel bilden sich, wenn er sich in den Fluss wälzt (V. 22). Die Beschreibung mündet in die Feststellung „nichts auf der Erde gleicht ihm“ (V. 25), und infolgedessen ist er „König über alle stolzen Tiere“ (V. 26). Auch wenn die Beschreibung sich an dem Aussehen und Verhalten von Krokodilen orientiert, so zeigen besonders die letzten Aussagen, dass Leviatan mehr ist als ein Tier.
3 Chaosmächte
Innerhalb der zweiten Gottesrede des Hiobbuches wird am Beispiel des Behemot und des Leviatan demonstriert, dass auch die Wesen in der Welt, „die dem Menschen gefährlich, chaotisch oder gar dämonisch vorkommen – und es zuweilen auch sind“ (JANOWSKI 2009, 13), in der Schöpfung von Gott einen Platz eingeräumt bekommen. Gott hält diese Wesen im Zaum und sorgt so dafür, dass die Erde nicht dem Chaotischen preisgegeben wird.
Die Motive von Leviatan und Behemot haben eine reiche Wirkungsgeschichte. In der Apokalyptik erscheinen sie als mythische Endzeitwesen und werden allegorisch gedeutet (vgl. 4 Esra 6,49–52; äthiopisches Henochbuch 60,7–10.24f.; syrische Baruch-Apokalypse 29,4; vgl. dazu und zu weiteren Belegen aus der jüdisch-christlichen Literatur LIPIŃSKI 1984, 527).
4 Literatur
BATTO, Bernard F. (21999): Behemoth, in: K. van der Toorn, B. Becking, P.W. van der Horst (Hrsg.): Dictionary of Deities and Demons in the Bible, Leiden/New York/Köln, 165–169.
BOTTERWECK, G. Johannes (1975): bəhemāh, in: Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament I, 523–536.
EBACH, Jürgen (1984): Leviathan und Behemot, Paderborn.
EBACH, Jürgen (1995): Streiten mit Gott: Hiob, Teil 1: Hiob 1–20, Neukirchen-Vluyn.
EBACH, Jürgen (1996): Streiten mit Gott: Hiob, Teil 2: Hiob 21–42, Neukirchen-Vluyn.
FEIX, Josef (Hrsg.) (62001): Herodot, Historien Griechisch–Deutsch, Düsseldorf.
FOHRER, Georg (21988): Das Buch Hiob. Kommentar zum Alten Testament XVI, Gütersloh.
FUCHS, Gisela (1993): Mythos und Hiobdichtung. Aufnahme und Umdeutung altorientalischer Vorstellungen, Stuttgart.
GÖRG, Manfred (1995): Leviatan, in: Neues Bibel-Lexikon II, 625f.
GRADL, Felix (2001): Das Buch Ijob. Neuer Stuttgarter Kommentar AT XII, Stuttgart.
HENRY, Marie-Luise (1962): Behemot, in: Biblisch-historisches Handwörterbuch I, 212f.
HERRMANN, Wolfram (1992): Eine notwendige Erinnerung, in: Zeitschrift für die Alttestamentliche Wissenschaft 104, 262–264.
HERRMANN, Wolfram (1995): Nilpferd, in: Neues Bibel-Lexikon III, 928f.
HORNUNG, Erich (1975): Das Totenbuch der Ägypter, Zürich.
HORST, Friedrich (41983): Hiob (1–19). Biblischer Kommentar AT XVI/1, Neukirchen-Vluyn.
HÜBNER, Ulrich (1992): Spiele und Spielzeug im antiken Palästina, Fribourg/Göttingen.
JANOWSKI, Bernd (2009): „Die Erde ist in die Hand eines Frevlers gegeben“. Zur Frage nach der Gerechtigkeit Gottes im Hiobbuch, in: H. Lichtenberger, H. Zweigle (Hrsg.): Wo ist Gott? Die Theodizee-Frage und die Theologie im Pfarramt, Neukirchen-Vluyn, 1–18.
KATER, Thomas (22007): Leviathan, in: M. Keuchen u.a. (Hrsg.): Die besten Nebenrollen der Welt. 50 Porträts biblischer Randfiguren, Leipzig, 165–167.
KEEL, Othmar (1978): Jahwes Entgegnung an Ijob. Eine Deutung von Ijob 38–41 vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Bildkunst, Göttingen.
KEEL, Othmar (1981): Zwei kleine Beiträge zum Verständnis der Gottesreden im Buch Ijob (XXXVIII 36f.; XL 25), in: Vetus Testamentum 31, 220–225.
KEEL, Othmar (1992): Das Recht der Bilder gesehen zu werden, Fribourg/Göttingen.
LIPIŃSKI, Edward (1984): liwjātān, in: Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament IV, 521–527.
LORETZ, Oswald (1990): Ugarit und die Bibel. Kanaanäische Götter und Religion im Alten Testament, Darmstadt.
MANHART, Henriette; VON DEN DRIESCH, Angela (2003): Bronze-