Illusion Tod. Johann Nepomuk Maier

Illusion Tod - Johann Nepomuk Maier


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Vorstellung, dass wir unabhängig voneinander sind. Sie finden, das Zusammenspiel ist das A und O von dem, was wir täglich erfahren. Man trägt es mit sich herum, aber man muss mehr Forschung treiben, damit wir das in den Griff bekommen.

      Ich bin ganz froh, dass das gar nicht geht, aber wenn wir unsere Zeit damit verschwenden wollen, können wir das ruhig tun.

       Überholte Weltbilder

      Wir müssen unsere alten Weltbilder über Bord werfen. Insbesondere das, dass wir uns Menschen als außerhalb der Natur betrachten. Das ist auch im Christentum ganz schön schwer. Im Christentum ist es so, dass der Mensch ganz besonders ist, und die Natur ist etwas, das ihm untergeordnet ist und das er behandeln muss. So ist es nicht, sondern wir sind Teil eines größeren Organismus. Wir haben schon unsere besonderen Eigenschaften, aber wir sind nichts total Anderes. Wenn man sich vorstellt, es gibt nur noch uns Menschen und die Pflanzen sind alle gestorben, können wir nicht sagen, tummeln wir uns allein auf der Erde herum. Und wer kocht was? Es gibt dann keine Nahrung mehr. Daran merken wir, wir sind ein Teil eines größeren Ganzen. Wir Menschen sind Teil eines Biosystems, in das wir eingebettet sind. Wenn wir das ruinieren, sind wir auch ruiniert. Das Biosystem ist eingebettet in ein System, das den ganzen Planeten ausmacht, angepasst an den Planeten in der Art und Weise, wie er ist, welche Stoffe er an der Oberfläche hat. Über 4 Milliarden Jahre ist es so gewachsen, dass es zusammen gehört. Wir sind ein Teil davon. Und nicht ein abgetrennter Teil, der bevorzugt andere Möglichkeiten hat, sondern wir sind mit beteiligt. Das sieht man so zunächst nicht.

      Man hat also gesehen, dass die einzige Art und Weise, wie wir aus dieser Betrachtungsweise herauskommen „Hier ist der Mensch, und dort alles übrige, und wir müssen den Menschen erziehen, wie er das um sich herum in den Griff bekommt, so dass es vor allem ihm nützt“, ein anderes Denken ist. Wir brauchen eine andere Art zu denken. Das ist besonders wichtig geworden, als Russel und Einstein 1955, ein Jahr, nachdem man herausgefunden hat, dass Hiroshima und Nagasaki kleine Bomben sind im Vergleich zu dem, was möglich wäre, davor warnten. Wenn wir das jetzt haben, bedeutet es, entweder, wir schaffen es, das aus dem Weg zu räumen, oder die Menschheit hat keine Zukunft mehr. Nämlich, wenn etwas passiert: Wir sind die Empfindlichsten in der ganzen Struktur, wir sind die ersten, die runterfallen.

      1955! Vor kurzem haben wir 50 Jahre gefeiert, und ich habe den Auftrag bekommen: Was hätten Russel und Einstein 50 Jahre danach gesagt? Die wären verzweifelt gewesen, weil wir null gelernt haben. Im Gegenteil, nicht nur die Bomben, alles läuft in die falsche Richtung. Was ist denn los mit uns Menschen, wo wir immer glauben, wir seien so toll, so lernfähig? Ich behaupte, wir sind es! Es sind nicht wir, die wir da sind, wir stehen unter einer Macht, die es uns gar nicht erlaubt. Ihr ist es schnurzegal, was in Zukunft passiert, die einfach sagt: „Du kannst ja Recht haben, dass es nicht geht, aber der Dinosaurier ist doch auch ausgestorben.“ Ja, er ist ausgestorben, aber erst nach 4 Millionen Jahren, und wir haben es noch längst nicht so weit gebracht. Und du bist nur 60 Jahre alt! Diese 30 Jahre, die noch vor mir liegen, um die kümmere ich mich nicht, aber einige von uns denken daran, was in den nächsten 100 Jahren passiert, wenn wir da überhaupt noch da sind.

      Wenn ich über die Zukunft spreche, ist nicht meine Zukunft gemeint, sondern eure Zukunft. Nachhaltigkeit ist das Wichtigste. Wir müssen alles tun, damit die Menschheit überhaupt eine Zukunft hat.

      Das Wort Nachhaltigkeit ist ein bisschen falsch. Wenn man vor jungen Leuten steht und von Nachhaltigkeit spricht, da schlafen ihnen die Füße ein. Nachhaltigkeit, da habe ich den Eindruck, ich kann mich tot hinlegen, und dann habe ich das erfüllt. Auf Englisch heißt Nachhaltigkeit „Sustainability“, die Fähigkeit, die Welt so zu lassen, wie sie ist. Am besten, ich sterbe gleich, dann bleibt sie, wie sie ist. Das ist nicht wirklich, was uns vorschwebt. Uns schwebt vor, dass wir eine Welt sind, wo das Lebendige eine große Rolle spielt, und nicht nur das Tote. Wo das Lebendige eine Rolle spielt, hat es die Eigenschaft, dass Kreativität, Vitalität und all diese Dinge sprühen. Es bedeutet letzten Endes, dass wir das Lebendige lebendiger werden lassen. Das ist für die jungen Leute besser, eher: „Ihr seid beauftragt, es nicht so zu lassen, wie es ist, sondern die Welt muss noch lebendiger werden“. Ihr müsst euch daran erinnern, dass wir vor dreieinhalb Milliarden Jahren eine chemische Soße gehabt haben, und jetzt sind dreieinhalb Milliarden Jahre vergangen, und alles ist so anders. In so kurzer Zeit! Aus einer Brühe einen Menschen zu machen, überhaupt das Lebendige zu machen. Wir sind hier in einer Entwicklung. Das einzige, was wir feststellen, ist die Evolution des Lebendigen.

      Evolution ist eigentlich nicht das richtige Wort. Evolution heißt Auswickeln. Da entsteht der Eindruck, es ist alles da, und jetzt wird es ausgewickelt und – ah, toll, jetzt kommt ein Mensch raus!

      Nein, es ist wirklich etwas Kreatives im Hintergrund. Die Vorstellung von Evolution ist im Wesentlichen so: Am Anfang steht der Big Bang, den hat jemand gemacht – der liebe Gott hat bei den Physikern nicht eine Woche Zeit, sondern nur eine Millionstel Sekunde. Und dann wickelt sich alles aus – das reicht uns doch nicht.

      Es wird sich herausstellen, dass die Kreativität Teil des Systems ist. Deshalb ist auch der Ausspruch wichtig: Das Lebende lebendiger werden lassen. Ich zitiere auch immer gerne den Albert Schweitzer: „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.“

      Das kommt meinem Gefühl entgegen, dass wir Teil sind von einem viel größeren Ganzen. Und damit hat er eigentlich auch Recht.

      Etwas, wovon heute keiner spricht, ist, dass wenn wir von unserer Freiheit sprechen, wir den Menschen die Möglichkeit geben müssen, möglichst frei, ungebremst zu sein – das kann gar nicht gut gehen. Solange er nicht auch das Ganze im Auge hat. Die Meisten sehen nicht, dass, wenn sie hier auf unserem Planeten sitzen, sie nicht alles machen können. Wir können nicht einfach Rohstoffe beliebig verbrauchen, denn es gibt einen Erhaltungssatz für Materie. Materie verschwindet nicht und entsteht nicht, aber wenn ich sie verstreue, ist es, als ob es sie nicht gibt. Energie verschwindet auch nicht, sondern geht verloren. Sie wird zu Wärme in einer Form, in der sie uns nichts mehr nützt.

      Wir müssen also jetzt auf diesem Planeten sehen, wie wir nicht nur 30 Jahre leben können, sondern wir haben noch etwa viereinhalb Milliarden Jahre Zeit, bis die Sonne explodiert. Aber das kümmert mich ehrlich gesagt nicht.

      Das ist also eine ganz wichtige Sache. Hier will ich Ihnen auch sofort sagen, weil es eine ganz große Rolle spielt, weil wir so viel über Energie sprechen: Nicht nur die Materie bleibt gleich, auch die Energie bleibt gleich. Die Sonnenenergie, die einfällt, muss wieder in den Weltraum zurückgestrahlt werden. Sonst würden wir allmählich flüssig werden, dann gasförmig, und dann wären wir weg. Wenn wir sagen, wir brauchen Energie, ist dies eigentlich eine falsche Bezeichnung. Wir nennen es in der Physik Exergie, eine geordnete Form der Energie, die wir brauchen und die für das Leben unverzichtbar ist. Diese Form ist es, die überhaupt die Entwicklung des Lebendigen erst möglich macht. Es ist nicht die Energie selber.

      Nur ein Viertausendstel der Sonnenenergie wird von den Pflanzen aufgesammelt und ist der Träger des ganzen Biosystems. Ein Viertausendstel! Das Übrige ist Sonnenlicht, das als Wärme wieder zurückgestrahlt wird.

      Wenn jemand sagt, wir wissen nicht, wie wir unsere Energieprobleme lösen sollen – das stimmt nicht! Wir müssen uns einfach ein bisschen anstrengen. Es hat nichts damit zu tun, dass es nicht geht, sondern dass wir einfach nicht interessiert sind an etwas, das von der Sonne kommt. Jeder kann die Sonne anzapfen, er braucht nur nach oben gucken. Wir wollen aber etwas haben, wo man dauernd betteln muss: Mach doch die Energie etwas billiger! Ich nehme die Sonne, wo sie kommt, das heißt, wir werden unabhängiger und kommen dem näher, was wir anstreben wollen. Nämlich, dass der Mensch in der Demokratie nicht nur einen Wahlzettel weiterreicht, und dann wird ein Millionär Führer, sondern dass wir wirklich beteiligt sind an der Zukunft. Und das hat man nur, wenn man direkt auf die Dinge zugreifen kann, die wir brauchen, um das Leben fortzuführen.

      Die Pflanzen sind schon toll! Mit 42 Schritten nehmen sie das Sonnenlicht so, dass die Ordnung nicht kaputt geht. Es wird immer wieder weitergereicht, bis man am Schluss Glucose hat. Das ist ein chemisch stabiler Zucker. Das bedeutet, es ist Sonnenlicht, das aufgefangen wurde.

      Die


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