Frieden - eine verlorene Kunst?. Stephan Elbern

Frieden - eine verlorene Kunst? - Stephan Elbern


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„Barbaren“ rächen sollte; zugleich wurden die Truppenkontingente der einzelnen Staaten festgelegt.

      Eine Vorhut war bereits nach Kleinasien entsandt, da fiel der Herrscher einem Attentat zum Opfer, hinter dem vielleicht seine verstoßene Gemahlin Olympias stand. Sein Sohn Alexander aber vollendete das Werk des Vaters und führte die griechischen Truppen und die hellenische Kultur bis an die Grenzen der Erde.

      Durch die Eroberung Siziliens wird Rom zur Vormacht im westlichen Mittelmeerraum; die Entscheidung zwischen beiden Großmächten fällt jedoch erst im 2. Punischen Krieg.

      Im Krieg gegen König Pyrrhos hatte Rom die süditalischen Griechenstädte unterworfen; sein Machtbereich grenzte nun an die Straße von Messina und damit an karthagisches Gebiet. Seither standen sich die beiden dominierenden Staaten im westlichen Mittelmeerraum unmittelbar gegenüber: Der römische Agrar- und Militärstaat, die bedeutendste Landmacht der antiken Welt, und das nordafrikanische Handelsimperium mit seiner gewaltigen Flotte (die sich allerdings im Krieg gegen Rom als erstaunlich wirkungslos erweisen sollte). Um 800 v. Chr. von phönizischen Siedlern gegründet (davon leitet sich die Bezeichnung „Punische Kriege“ ab), hatte Karthago („Neustadt“) große Teile der nordafrikanischen Küstenländer unterworfen; zu seinem Kolonialreich gehörten Stützpunkte in Spanien sowie Sardinien und der westliche Teil Siziliens. In wechselvollen, immer wieder aufflammenden Kriegen kämpften die Karthager gegen die dortigen Griechenstädte unter der Führung von Syrakus.

      Zu den bedeutendsten Gestalten des westlichen Hellenentums zählte Agathokles (um 360 – 289 v. Chr.), der nach dem Vorbild der Diadochen ein Königreich auf Sizilien und im südlichen Italien begründete. Als erster Europäer führte er im Krieg gegen Karthago ein Heer nach Afrika (allerdings endete das Ringen nicht durch diese Heldentat, sondern aufgrund der finanziellen Erschöpfung beider Kriegsparteien). Der Tyrann hinterließ Sizilien ein unseliges Erbe – seine italischen Söldner, „Mamertiner“ (Mars-Söhne) genannt. Diese besetzten Messana (j. Messina) und suchten von dort die Insel mit ihren Beutezügen heim. Nach einer Niederlage gegen Hieron II. von Syrakus rief ein Teil der Raubgesellen die Karthager zu Hilfe, andere dagegen die Römer; mit deren Eingreifen auf Sizilien begann der 1. Punische Krieg (264 – 241 v. Chr.).

      Die Insel wurde zum Hauptschauplatz der gewaltigen Auseinandersetzung, in der Rom schon bald eine eigene Seemacht aufbaute. Da sich die Legionen in offener Schlacht als überlegen erwiesen, führte Hamilkar Barkas („Blitz“), der Vater Hannibals, seit 247/​46 einen erfolgreichen Kleinkrieg gegen die Feinde; als Hauptstützpunkt diente ihm der Eryx (j. Erice), der beherrschende Felskegel des westlichen Sizilien. Solange die karthagischen Seestreitkräfte seine Versorgung gewährleisteten, blieb die römische Stellung auf der Insel bedroht. Nach der vernichtenden Niederlage der letzten punischen Flotte bei den Ägatischen Inseln wurde diese Position jedoch unhaltbar, denn nun waren die Ressourcen Karthagos erschöpft.

       Sizilien in römischer Hand – Karthago sinnt auf Revanche

      Daher wurde Hamilkar von seiner Regierung beauftragt, mit dem siegreichen Konsul C. Lutatius Catulus über ein Friedensabkommen zu verhandeln. Eine vorläufige Vereinbarung legte fest, dass die punischen Truppen Sizilien räumten; die demütigende Forderung nach einem Abzug ohne Waffen wurde gegen eine geringfügige Zahlung fallengelassen. Die kriegsgefangenen Römer kamen ohne Lösegeld frei, die Karthager durften losgekauft werden; die besiegte Stadt sollte 2.200 Talente in zwanzig Jahren als Kriegsentschädigung zahlen. In den Vertrag waren die jeweiligen Bundesgenossen einbezogen; in deren Gebiet wurde die Werbung von Söldnern untersagt, ebenso der Versuch, die fremden Verbündeten für das eigene Lager zu gewinnen (dies sollte zum Anlass für den 2. Punischen Krieg werden!).

      Aber die endgültigen Friedensbedingungen konnten nur der Senat und das Volk von Rom festlegen; die Volksversammlung (Comitia centuriata) erhöhte die Reparationen auf 3.200 Talente in zehn Jahresraten und forderte außerdem die Abtretung der „Inseln zwischen Sizilien und Italien“.6 Der Vertrag stellte die „Freundschaft“ zwischen den Kriegsgegnern wieder her, d. h. man kehrte zu normalen völkerrechtlichen Beziehungen zurück; es war ein bewaffneter Konflikt zwischen gleichrangigen Großmächten gewesen (ähnlich wie im Zeitalter des Absolutismus) und keiner der Vernichtungskriege, die Rom später gegen seine Widersacher führen sollte.

      Mit dem Friedensabkommen hatten sich die Machtverhältnisse im westlichen Mittelmeerraum entscheidend verändert, ebenso die Organisation des römischen Staates, der mit dem karthagischen Besitz auf Sizilien seine erste „provincia“ gewann, mit Syrakus das erste Klientelkönigreich. Allerdings hatte das brutale Vorgehen gegen die dortige griechische Bevölkerung, etwa bei der Plünderung von Akragas (j. Agrigent), das internationale Ansehen Roms schwer geschädigt.

      Schon bald konnte die Tiberstadt ihren Machtbereich erneut erweitern; skrupellos nutzte sie die Schwächung Karthagos durch den Aufstand seiner unzufriedenen Söldner, um Sardinien zu besetzen und dem Gegner erneut den Krieg zu erklären; gegen eine Zahlung von 1.200 Talenten wurde der Friede „großzügig“ wiederhergestellt. Hier zeigte sich erstmals der nackte Imperialismus der Römer, der in den folgenden Jahrhunderten zur Verwüstung und Ausplünderung zahlreicher Länder führen sollte; erst später haben die Segnungen der „Pax Romana“7 ihre brutale Eroberungspolitik nachträglich gerechtfertigt.

      Rom steigt zur Weltmacht auf; die Niederlage Hannibals bei Zama besiegelt den Untergang Karthagos.

      Im 1. Punischen Krieg hatten die Karthager ihre Stützpunkte auf Sizilien, durch einen eklatanten römischen Rechtsbruch später auch Sardinien eingebüßt. Zum Ersatz für die verlorenen Gebiete begann Hamilkar Barkas mit dem Aufbau eines Kolonialreiches in Spanien, das wertvolle Silbervorkommen und gute Möglichkeiten für die Anwerbung von Söldnern unter den kriegerischen Stämmen des Landes bot. Zunächst musste Rom dem Machtzuwachs der Rivalin tatenlos zusehen, da der drohende Krieg gegen die Kelten in Oberitalien alle Kräfte erforderte. Sobald diese jedoch niedergeworfen waren, griffen die Römer in die spanische Interessensphäre Karthagos ein, wo inzwischen Hamilkars Sohn Hannibal die Machtstellung des Vaters übernommen hatte; sie putschten in der Stadt Sagunt ihre eigenen Anhänger an die Regierung (und verstießen damit gegen den Friedensvertrag von 241!). Diese griffen die benachbarten Verbündeten der Karthager an und stellten damit den jungen Heerführer vor ein Dilemma: Wenn er die Rechtsbrüche hinnahm, war die punische Machtstellung in Spanien erschüttert, da er seine Bundesgenossen offensichtlich nicht zu schützen vermochte; ein Angriff auf Sagunt musste hingegen zum Konflikt mit Rom führen. Die siegreichen Feinde haben Hannibal später als „Alleinschuldigen“ für den Kriegsausbruch abgestempelt; nach zahlreichen vergleichbaren Propagandamanövern im 20. und 21. Jh. kann dies nicht überraschen (im Irak suchen die Besatzungstruppen noch immer nach Saddam Husseins „Massenvernichtungswaffen“!). Tatsächlich blieb ihm keine andere Wahl, wenn er nicht die außenpolitische Handlungsfähigkeit des eigenen Staates aufgeben wollte. Daher löste er durch die Eroberung von Sagunt den 2. Punischen Krieg aus (218 – 201 v. Chr.). Seine ersten Jahre waren durch glänzende Siege des genialen punischen Feldherrn geprägt; mit der Vernichtung eines römischen Heeres von 80.000 Mann in der Schlacht bei Cannae (216 v. Chr.) schien der Krieg entschieden. Aber nun änderte der Gegner seine Strategie und bot Hannibal keine Gelegenheit mehr zur offenen Feldschlacht; auf den anderen Schauplätzen ging man jedoch offensiv gegen die Feinde vor. Mit den Erfolgen des jungen P. Cornelius Scipio in Spanien wandte sich das Kriegsglück; als dieser in Nordafrika landete und Karthago selbst bedrohte, wurde Hannibal aus Italien abberufen. Nachdem Verhandlungen mit dem römischen Heerführer gescheitert waren, mussten die Waffen entscheiden; bei Zama vernichtend geschlagen, riet der punische Feldherr selbst zum Frieden (202 v. Chr.).

       Sieg über Hannibal – Karthago zum Untergang verdammt

      Die dreißig Mitglieder des Ältestenrates begaben sich zu Scipio und nahmen die


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