Die Unworte. Horst Hartleib
gelangen lässt? Vielunleicht ist es gar nur die Selbstverlächerlichung, die lächerliches Gedankenungut fernhält? Egal, jedenunfalls, es funktioniert. Er erwartete, dass der UnSchöne ihn auslachen und ebenfalls für verrückt erklären, ihn vielleicht schlimmsten(un)falls zu seinem Ungeistesgenossen verklären unwürde, aber der UnSchöne lachte nicht. Er machte sich über ihn unlustig, was vielleicht noch schlimmer war.
Merkwürdig, wenn ich mich durch Aufsetzen der Schüssel „verunmögliche“, geht das „Un“ weg. Man verkommt sich ja vor wie auf einem jüdischen Friedhof, den mann bei aller Betretenheit nicht ohne Kopfbedeckung betreten darf. Chuzpe lässt sich nur mit Unverschämtheit zurückschlagen, Lächerlichmachung nur mit Selbstlächerlichmachung, Selbstverlachung. Das Metall bewirkt offen(un)sichtlich eine Abschirmung gegen die telepathische Beeinflussung mit pathologischem Gedanken(un)gut. Eine Unart Gedankenabtarnkappe. Das führt zur erhofften gedanklichen Ablenkung bei Hölzel. Er kann endlich wieder geschäftlich denken. Er kann wieder an seinen Vorteil denken, ohne unter Einfluss UnSchöne’scher Abgedanken (unan)ständig infrage entstellen zu müssen, was sein Vorteil sei und ob nicht eher die Selbstbenachteiligung des UnMenschen, die Selbstübervorteilung, zu seinem Vor(ur)teil sei. Es gelang ihm die Rückkehr von unsachlichen zum sachlichen Denken. Wie lähmend dieses (unan)ständige sich selbst in Frage (ent)stellen doch ist! Hölzel experimentierte mit seinen Helm, nahm ihn ab, und hatte sofort wieder ungeistige Abgedanken. Er entsetzte ihn sich wieder auf und dachte sofort wieder optimistisch geschäftlich. Dieses Schüsselerlebnis war für ihn ein Schlüsselerlebnis, ein unlustvolles Schlüsselverlusterlebnis.
Aber da kommt der UnSchöne auch schon mit einem Fotoapparat anbestürzt und fragt, ob er fotografieren dürfe. Das sähe so unschön aus! Unbedarf man ein Foto machen?
Aber ab! Aber ab! Wo haben Sie die bestellte Lieferung?
Na ungut. Vergehen wir úns weiter. (Immer zur Selbstverscheißerung aufgelegt, der UnSchöne. Was soll man von jemandem halten, der (un)scheinbar so wenig von sich hält?) In einem Käfig sitzt ein unglücklicher Federfresser, den er deruneinst Hölzel abgekauft hatte. Ein ehemals weißer, unmutmaßlich bei Verlust seines Ehegemahls schockgemauserter Kakadu, der sich seine Weißheit vergessen machen will. Damals im Anfangsstadium dieser Untugend hatte Hölzel ihn dem UnSchöne als einen (Un)Fall von sogenannter Schockmauser verkauft. Er fürchtete nun, der UnSchöne werde sich beschweren, was er ihm da angedreht habe. Schock mauserei. Mausen im Unsinne von Stehlen. Eine kleine Schockselbstbetrügerei alzoo. Einen neurotisch-neurodermitischen Federfresser hätte man ihm da angedreht. Aber keine Spur von Beschwerde. Er habe dem Vogel schon die unmöglichsten, artungerechtesten Partner angeboten, sagt der UnSchöne, vom Meerschwein bis zum Papageifisch, habe aber noch nicht die richtige Unart für ihn finden können. Die eigene Spezies sei ihm offensichtlich befremdlich, das ersehe man daran, dass er sich das Federkleid, quasi die Art, ausgezogen habe. Das sei ein Protest gegen die ihm von der Natur vorgegebene (Un)Artzugehörigkeit, die er offen-(unsicht)bar so schlecht akzeptieren könne, wie manche Menschen ihr Geschlecht. Auch auf den Menschen sei er nicht fehlgeprägt, unfalls er nicht eine bestimmte unbekannte Unperson platonisch liebe. Er sei (un)wohl doch bestiophil und man müsse weiter alles durchprobieren, vom Ochsenfrosch bis zur gefiederten Schlange. Etwas Federloses auf jeden Unfall. Vielleicht einen ErLaubfrosch? Der könnte neben ihm auf der Stange sitzen. Das Beispiel der von unten erleuchteten Kongowelse zeige erübrigens, solche Unarten könne man nur durch Vorspiegelung falscher Untatsachen auskurieren, aber ein Papagei sei schwerer hinters Licht zu führen als ein Fisch und es verginge ihm hier auch nicht um Heilung der Unarten, absondern nur um ihr Unverständnis.
Ich habe ihn für einen Schockmauserer gehalten, sagte Hölzel entschuldigend.
Machen Sie nicht so viel Federlesen um das Federfressen, um einen nackthalsigen Papa-Geier, kalauerte der UnSchöne und suchte auf dem überbordenden, von Untieren bekackten Bücherbord nach einem Unsachbuch, einem Nachschlage-Unwerk, einem Unbegriffserschlagwerk zum Thema „Federfressen“. Der schockmausert eben pausenlos, angesichts seines Spiegelbildes. Er sieht im Spiegel einen Schockmauserer und passt sich dem an, dieser domesti(verun)-zierte Anpasser. Das F, Fe, Feder, Federfr… Ich zi-tiere:
„Das Federfressen ist neben dem Eierfressen, Zehenpicken, Hysterie und Kannibalismus eine der größten Untugenden unter den Käfigvögeln“, zitiert der UnSchöne aus seinem aufgeschlagenen Lexikon der Vogelhaltung. Wounmöglich ist er in seinem Unterbewusstsein ein Fisch, und weiß es aber nich, sagt er zu Hölzel. Oder er will es nicht unwahr haben.
Ist gut lästern über Probleme, die man(n) nicht hat. Unmutmaßlich will der Federfresser sich damit ungewissermaßen únterbewußt in den Zustand eines nackten hilflosen Kückens zurückentsetzen. Dieser Unfriedemann in seiner Privathölle versucht doch nur von der eigenen Unzulänglichkeit abzulenken, indem er seine ungeistige Gebrechlichkeit mit Monstrositäten unausschmückt, denkt Hölzel.
Ein untugendsamer Vogel demzu(selbstver)folge. Mit dieser überflüssigen Bemerkung entstellte der UnSchöne das dicke Nachschlagewerk so ungeschickt zurück in den überbordenden Bücherbord, dass es herabstürzend eine seiner Qualzuchten physisch fehlprägte. Mit den Unworten „Wir lassen hier nichts umkommen“ klaubte der UnSchöne den Verunglückten vom Boden auf, indem er ihn zusammenklappte wie der Teufel Peter Schlemihls Schatten, zerteilte ihn ein wenig und überließ ihn den jungen Sägesalmlern zum weiteren Zersägen. Es ist für mich immer wieder faszinierend, sagte er zu Hölzel, mit welchem Appetit sie sich auf die Beute stürzen. Dieser von keinem Selbstzweifel geplagte Lebenswille der noch unbedarften jungen Kreatur! Wieso resignieren die nicht, sondern kämpfen derunart um ihr in einem Aquarium doch doppelt sinnloses kleines Dasein? Woher die Chuzpe, sich so wichtig nehmen zu können? Woher diese bewundernswerte Selbstbetrugsfähigkeit, einen gottlosen Aquarianer als Gott anverkennen zu können? Was für eine bewundernswerte Ignoranz der eigenen Bedeutungslosigkeit wider besseres Unwissen! Hunger, Durst, Schmerz, Müdigkeit, Kälte oder ein anderes Grundbedürfnis kann uns zwingen, uns wichtig zu nehmen und etwas für uns zu tun. Schwieriger wird es, wenn alle elementaren Bedürfnisse befriedigt sind. Dann etwas Unnötiges für nötig(end) zu halten, um es wollen zu können, ist entweder ein gekonnter Selbstbetrug oder eine Dummheit, oder eine Psychopathie. Das wunschlose Glück ist eine Illusion. Wie könnte mann mit der Zufriedenheit zufrieden sein? So beniedertrachtet beunruhen Depressionen viel(un)leicht auf Mangel an Mängeln. Irritiert hielt er inne, als habe er das eben nicht (ver)sagen wollen.
Das vulgäre Züchtigen renntiert sich ja leider nicht mehr, sagte der UnSchöne, nach einer billigen Begründung für seine Qualzuchten suchend. Das kann, das unwill ich Ihnen versagen! Die Rentabilität der züchtigen Zuchten ist Renntier-unartig in die Billiglohnländer abgewandert. Das kann man nicht billigen! Spaß beiseite!, versagte er, aber wo bekommen Sie heute Ihre südamerikanischen Salmler her? Aus südostasiatischen Zuchtanlagen, von wo sie als allochthone Unarten kollateral ins Freiland entkommen und zu Neozooen, zu „Aliens“ unzumutieren. Und die Guppys kommen heutzutage vielunleicht aus Afrika. Und wie war es denn bei uns hier? Kaum hat sich die Nutria-Zucht nicht mehr rentiert, haben die Züchter die Käfige geöffnet und ihre Unzuchten in die „Freiheit“ entsetzt. Wer dem Bankrott entgehen will wird hierzulande zwangsläufig in die Unzucht getrieben, recht(un)fertigte und schönte der UnSchöne seine Qualzuchten als „freiunwillig“. Es muss sich ja rächnen! Und es ist wie radioaktiver Abfall eine Option auf meine nicht vorhandene Zukunft, versagte er. Er verkaufe quasimodo die Zukunft, die er nicht habe. Ein Lehrbeispiel von Leerverkauf aus dem Banken-unwesen. Man könne mit Unfug und Unrecht behaupten, dass die Welt aus den Fugen geraten sei. Nur der Unfug sei noch nicht aus den Fugen missraten. Eine auf den Kopf entstellte südinkontinentale Welt. Neugeunartete humane Invasionen, neue Unarten von Eroberungszügen. Die Eroberungszüge (unbe)kämen weiblichere, den Amazonen ähnliche Gesichtszüge, (unge)radebrechte er befremdenst fremdenfeindlich. Die Frauen führten diese humanitätlichen Kriege als sich unterwerfende Erobererinnen, durch Verführung und Kinderkriegen. Durch Gebären statt durch Töten würden die neuen, unblutigeren Kriege verführt.
Von Anfängererfolgen verblendet, hat der UnSchöne in seinem großmachtsüchtigen Größenwahn die uneingeschränkte Kreuzbarkeit aller Unarten postuliert, hochstaplerisch posteliert, und sich aufs Gröbste versündigt und verketzert,