Privat- und Prozessrecht. Peter Förschler

Privat- und Prozessrecht - Peter Förschler


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eigene Gesetze, teilweise sogar noch das direkt aus dem alten römischen Recht übernommene (all-)„gemeine“ Recht. Zur Vereinheitlichung und Vereinfachung wurde dann die Schaffung eines umfassenden Gesetzeswerkes für das gesamte Privatrecht in Angriff genommen, das im Jahr 1896 fertig vorlag und im damaligen Reichsgesetzblatt verkündet wurde. Am 01.01.1900 ist es als Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Kraft getreten.

      Dieses Bürgerliche Gesetzbuch hat, obwohl sich seit seiner Schaffung die gesellschaftlichen Verhältnisse nachhaltig verändert haben, die verschiedenen politischen Systeme in Deutschland vom Kaiserreich über die Zeit der Weimarer Republik und der Diktatur des Hitlerregimes bis zur heutigen Bundesrepublik überdauert. Bis 1976 hat es auch in der ehemaligen DDR gegolten und wurde dann dort durch ein neues Zivilgesetzbuch (ZGB) ersetzt. Seit der Wiedervereinigung gilt das BGB wieder in ganz Deutschland.

      Das Bürgerliche Gesetzbuch ist in fünf Bücher eingeteilt, die jeweils eigene Rechtsbereiche behandeln.

      1. Allgemeiner Teil: Das erste Buch des BGB enthält allgemeine Rechtssätze, die für alle Rechtsbereiche Bedeutung haben.

      Die Geschäftsfähigkeit (§ 105 BGB) ist gleichermaßen Wirksamkeitsvoraussetzung für den Abschluss eines Kaufvertrages (Schuldrecht), für die Eigentumsübertragung (Sachenrecht), für die Eheschließung (Familienrecht) wie für die Mitwirkung bei einem Erbvertrag (Erbrecht).

      2. Schuldrecht: Im zweiten Buch des BGB finden sich die Bestimmungen über das Entstehen und die Erfüllung von schuldrechtlichen Verpflichtungen.

      Der Käufer einer Sache schuldet den Kaufpreis (§ 433 Abs. 2 BGB); wer Rechte, Rechtsgüter (Eigentum, Körper, Gesundheit) oder Interessen eines anderen verletzt, ist diesem zum Schadensersatz verpflichtet (§§ 280 Abs.1, 241 Abs. 2, 823 Abs. 1 BGB).

      3. Sachenrecht: Im dritten Buch sind die rechtliche Zuordnung von Sachen zu einer Person (Eigentum) und sonstige Rechte an Sachen (Wegerecht, Pfandrecht, Hypothek, Grundschuld) geregelt. Man spricht insoweit auch von „dinglichen“ Rechten, weil sie in Bezug auf ein „Ding“ bestehen und nicht gegen eine bestimmte Person gerichtet sind.

      § 903 BGB regelt, welche Befugnisse der Eigentümer einer Sache hat: Er kann mit ihr nach Belieben verfahren, sie selber nutzen, sie anderen ausleihen, sie zerstören. § 854 BGB zeigt, wie man Besitz erlangt.

      4. Familienrecht: Das vierte Buch des BGB regelt die Rechtsverhältnisse in Ehe und Familie. Dazu gehören neben den Regeln über die Verwandtschaft auch die personen- und güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe, die Ehescheidung, die Scheidungsfolgen sowie Bestimmungen zum Unterhalt und zur elterlichen Sorge für minderjährige Kinder.

      Leben Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, so muss bei Beendigung der Ehe ein Zugewinnausgleich stattfinden (§§ 1363, 1373 BGB). Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind in gerader Linie verwandt (§ 1589 BGB).

      5. Erbrecht: Das fünfte Buch des BGB behandelt die Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Nachlass eines Verstorbenen, die gesetzliche Erbfolgeregelung, die Möglichkeit der Regelung der Nachlassverteilung durch Testament oder Erbvertrag, die Auseinandersetzung unter Miterben sowie das Pflichtteilsrecht.

      Von vornherein wurde das gesamte Handelsrecht, obwohl es auch zum Bereich des Privatrechts gehört, aus dem BGB ausgeschieden und als Sonderprivatrecht der Kaufleute im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt.

      Um zügige Geschäftsabwicklungen zu ermöglichen, erfordert kaufmännische Geschäftstätigkeit teilweise vom bürgerlichen Recht abweichende Sonderregelungen. Zum Teil handelt es sich aber auch um Übungen und Bräuche, die sich in der Geschäftspraxis der Kaufleute untereinander herausgebildet und die allgemeine Anerkennung gefunden haben.

      1.2.2.1 Anwendungsbereich des HGB

      Die Anwendung des HGB setzt voraus, dass mindestens einer der Akteure ein Kaufmann ist (sog. „subjektives“ System). Bei Rechtsgeschäften genügt also grundsätzlich ein einseitiges Handelsgeschäft, wenn nicht ausnahmsweise und ausdrücklich in einem bestimmten Paragrafen des HGB für dessen Anwendbarkeit ein beiderseitiges Handelsgeschäft zwischen zwei Kaufleuten gefordert ist (§§ 343, 345 HGB).

      1.2.2.2 Charakteristika des Handelsrechts und Verhältnis zum BGB

      Die im BGB geregelten Vertragstypen beherrschen auch den kaufmännischen Geschäftsverkehr. Auch der Kaufmann verkauft und kauft, mietet und vermietet, besorgt Geschäfte für andere.

      Die Regelungen des BGB eignen sich aber nicht in allen Fällen auch für Kaufleute. Im HGB wird daher den besonderen Bedürfnissen des Handelsverkehrs Rechnung getragen nach zügiger Abwicklung von Geschäftsvorgängen des Handelsverkehrs (z. B. unverzügliche Untersuchung gelieferter Ware auf Mängel und deren unverzügliche Rüge, andernfalls Verlust aller Gewährleistungsansprüche, § 377 HGB), den erhöhten Sorgfaltsanforderungen und dem geringeren Schutzbedarf dieser Personengruppe (z. B. formfreie Bürgschaftsübernahme, §§ 350 HGB, 766 BGB; keine Möglichkeit der gerichtlichen Herabsetzung überhöhter Vertragsstrafen, §§ 348 HGB, 343 BGB) sowie dem Prinzip der Entgeltlichkeit gewerblicher Leistungen (z. B. erhöhter gesetzlicher Zinssatz, § 352 HGB; Fälligkeitszinsen, § 353 HGB).

      Das HGB gilt für Kaufleute ergänzend zum allgemeinen bürgerlichen Recht, ändert das BGB aber auch punktuell ab.

      Während dem Gewährleistungsanspruch des Käufers bei Mängeln der gelieferten Ware im BGB nur die Verjährung gefährlich werden kann, verliert der Kaufmann bei einem beidseitigen Handelsgeschäft jegliche Mangelansprüche schon dann, wenn er die gelieferte Ware nicht unverzüglich untersucht und einen vorhandenen Mangel nicht unverzüglich beim Verkäufer rügt (§ 377 HGB ergänzend zum BGB: Kaufmännische Rügeobliegenheit).

      Anders als nach § 766 BGB bei „normalen“ Bürgen bedarf die von einem Kaufmann übernommene Bürgschaft zu ihrer Wirksamkeit nicht der Schriftform, der Kaufmann kann die Bürgschaft daher auch mündlich übernehmen (§ 350 HGB in Abänderung von § 766 BGB).

      1.2.2.3 Handelsbrauch und Handelsklauseln

      Weit mehr als im allgemeinen bürgerlichen Recht haben sich im Handelsrecht Gebräuche und Verkehrssitten entwickelt, die bei der Geschäftstätigkeit unter Kaufleuten allgemein Beachtung finden und auch bei gerichtlichen Entscheidungen berücksichtigt werden (§ 346 HGB).

      Während im allgemeinen Rechtsverkehr durch Schweigen regelmäßig keine Rechtsfolgen ausgelöst werden, gibt es unter Kaufleuten die Regel, dass Schweigen auf ein Bestätigungsschreiben, das den Inhalt eines vorausgegangenen Vertragsschlusses zusammenfasst, als Zustimmung zum fixierten Inhalt des Bestätigungsschreibens gilt. Der Empfänger des kaufmännischen Bestätigungsschreibens muss also ausdrücklich und unverzüglich widersprechen, wenn er den mitgeteilten Vertragsinhalt nicht gelten lassen will (vgl. Einzelheiten in Скачать книгу