Stills Faszienkonzepte. Jane Stark

Stills Faszienkonzepte - Jane Stark


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Wie schon oben, im Abschnitt „Freunde“, erwähnt, waren auch mindestens zwei von Stills guten Freunden, Dr. F. A. Grove und Charlie Chinn, Freimaurer.

      Bei Stills Begräbnis leitete Richter Higbee, ehemaliger Großmeister der Freimauer in Missouri, die Zeremonie.198 In der Lokalzeitung stand seinerzeit: „Die Aufsicht über die Zeremonie, die der Gedenkfeier im Haus folgte, hatte die Bruderschaft der Freimaurer. Edward Higbee, State Grand Master of the F. and A. M. [der Freimaurer in Missouri, Anm. d. Übers.], veranstaltete eine beeindruckende Feier.“199 Ob es nun derselbe Edward Higbee war oder nicht: Jedenfalls gehörte ein E. H. Higbee neben William Smith, Fred Still, Herman Still und Grant Hildreth zur ersten Klasse von Graduierten an der ASO.200

      Befragt zu der Wahrscheinlichkeit einer freimaurerischen Zeremonie an Stills Grab sagte der britische Osteopath Steve Sandler: „Hätte man Still jemals aus der Loge ausgeschlossen, wären ihm solche Privilegien nie zuteilgeworden. Freimaurer besitzen im Allgemeinen ein langes Gedächtnis. Falls seine Mitgliedschaft wegen nicht bezahlter Beiträge geruht hat, konnte sie doch jederzeit wieder in Kraft gesetzt werden, sobald die Rückstände beglichen waren. Wie die Dinge stehen hätte er jemand schon über lange Zeit sehr verärgern müssen, um ausgeschlossen zu werden.“201 Von Interesse für die vorliegende Studie sind die in Stills Schriften verstreuten Hinweise auf das Verwenden freimaurerischer Terminologie: „Um fest zu stehen, musst du den Aufbau deines Fundament genau beobachten. Sieh zu, dass die Oberfläche waagerecht ist, die Seiten im rechten Winkel stehen und benutze dein Lot entsprechend.“202 „Vermesse den ganzen menschlichen Körper.“203 „Ein Osteopath muss genau die Ecken finden, die vom Göttlichen Vermesser gesetzt worden sind.“204 „Der Osteopath besitzt einen rechten Winkel, ein Lot und eine Wasserwaage.“205

      Sandler erklärte Stills allegorischen Gebrauch der freimaurerischen Terminologie anhand des folgenden Beipiels: „Wenn Still sagte: ‚Handele wie jemand, der vom rechten Winkel, dem Lot und der Wasserwaage der Vernunft geleitet wird, in dem Wissen, warum diese Wirkungen hervorgebracht worden sind‘, dann verwendet er ein direkt aus dem Freimaurer-Ritual ersten Grades entnommenes, auf die Arbeitswerkzeuge des eingetragenen Freimaurer-Lehrlings bezogenes Beispiel, in dem es heißt: ‚Der arbeitende Maurer benutzt den Messstab, um sein Werk zu messen. Der spekulative Maurer teilt den Messstab in drei Teile: ein Teil soll auf das Gebet verwendet werden, ein Teil auf Arbeit und Erholung, ein Teil auf die Hilfe für einen Freund oder Bruder in Not. Wobei dies nicht nachteilig für uns oder unsere Familien sein darf ‘. Genau das ist es, was Still getan hat.“206

      Zusammenfassung: Stills Leben

      Andrew Taylor Stills Eltern mit ihrer strengen Moral und ihrem unbeugsamen Pioniergeist waren ihm in seiner frühen Lebensphase Vorbild. Er stützte sich auf diese Kraft, um die Mühsal seiner vielfältigen Aufgaben als Farmer und Arzt im Grenzland vor und nach dem Bürgerkrieg zu ertragen. Sein Selbstvertrauen, seine Unabhängigkeit und sein pionierhafter Stoizismus ließen ihn später auch den Spott und Tadel hinnehmen, den ihm seine unkonventionellen medizinischen Überzeugungen und Praktiken einbrachten, und den Schmerz erdulden, den ihm der Verlust so vieler Familienglieder und lieber Freunde im Lauf seines Lebens bereitete.

      Durch alle schwierigen Lebensphasen begegnete er immer wieder geistig interessierten Menschen, die wie er ohne Rücksicht auf mögliche Konsequenzen nach Erkenntnis strebten. In seiner zweiten Frau, die an der Ostküste aufgewachsen war und einen entsprechenden Bildungshintergrund besaß, fand Still eine gleichgesonnene Lebenspartnerin und Unterstützerin.

      Viele seiner Erfahrungen, insbesondere aus der Militärzeit, aus der Beschäftigung mit Maschinen und aus der Freimaurerei, spiegeln sich in seinem allegorischen Schreibstil wider.

      Still nannte den April 1855 als den Zeitpunkt, wo er „begann … Gründe für mein Vertrauen in die Gesetze des Lebens zu erschließen, die den Menschen, den Welten und den Lebewesen vom Gott der Natur gegeben worden sind.“207 Zwei Jahrzehnte danach gab er öffentlich seine Entdeckung einer ganz neuen, medikamentenlosen Behandlungsart kund, die er allerdings erst einige Jahre später Osteopathie nannte. Die letzten 43 Jahre seines Lebens verbrachte er in Kirksville, wo er eine Schule und ein Krankenhaus eröffnete, Osteopathie lehrte und seine Aufsätze und Bücher schrieb. Er starb 1917 im Alter von 89 Jahren.

       „Wenn ihn nur jeder kennen würde! Wenn nur jeder sehen und begreifen könnte, was unter seiner schlichten äußeren, scheinbar so alltäglichen Art alles verborgen liegt! Wie viel höher wäre dann die Wertschätzung für ihn und wie viel umfassender und besser die Auffassung von Osteopathie!“208

      In diesem Abschnitt wird versucht, die Leitfigur Still als Mensch und Person darzustellen, damit der Leser, wenn es in der vorliegenden Studie um die Still’schen Faszienkonzepte geht, ein lebendiges Bild vom Schöpfers dieser Konzepte vor Augen hat.

      Charakteristisches

      „ Auch die beste Charakteranalyse hinterlässt immer eine gewisse Kälte und Flachheit. Aus diesem Grund beziehe ich mich auf einige persönliche Charaktereigenschaften.209 „ Stills Charakter hat sich in seinem Gesicht und seiner physischen Erscheinung widergespiegelt.“210

      Andrew Taylor Still, von anderen als „großer, majestätisch wirkender Mann“ mit „eindrucksvoller Präsenz“211 geschildert, beschrieb sich selbst als „5 Fuß und 11 Dreiviertelzoll groß212 mit dunklem Haar, dunkler Hautfarbe und dunkelgrauen Augen.“213 Häufig verglich man ihn aufgrund seiner Erscheinung und seines Charakters mit Abraham Lincoln,214 denn er war „ein großer, knochiger Mann, der ungefähr 60 zu sein schien, dessen Haar aber noch so schwarz war wie das eines 50-Jährigen und dessen scharfe und forschende Augen die eines 40-Jährigen hätten sein können.“215 Über Stills Ähnlichkeit mit Lincoln schrieb Edwin C. Pickler:

       „Unter den großen Männern unseres Landes ragen als Befreier und Wohltäter der menschlichen Rasse zwei deutlich heraus. Mir scheinen diese beiden in ihren physischen, mentalen und moralischen Charakterzügen sehr ähnlich zu sein. Alle, die sie und ihr Werk kennen, lieben und respektieren sie. Der eine ist Abraham Lincoln, der andere Andrew Taylor Still.“216 „Seine [sc. Stills] Veranlagung wird beispielhaft bestätigt durch seine Gestalt, gütige Gesichtszüge, einen durchdringenden Blick, eine wunderbar vollkommene Stirn, eine römische Nase und einen nicht sehr bestimmenden Kiefer. Mit seiner edlen Seele geht eine leicht zu erkennende und wahrzunehmende spirituelle Einsicht in die Mysterien des Lebens einher, wie sie nur wenigen Individuen gewährt wird. Dazu kommen Lebensfreude, Humor, Witz und eine poetische Ader. Man kann sich dem Eindruck, mit ihm einen ungewöhnlich starken, unabhängigen und originellen Denker vor sich zu haben, nicht entziehen. 217

      Der gealterte Still wurde von Ernest Tucker D.O. so beschrieben: „Er trug einen grauen Backenbart und unter wild wachsenden Augenbrauen blickten graue, braun gesprenkelte Augen forschend durch graue Brillengläser.“218

       „Seine Stirn war gewölbt wie das Knospenende einer Wassermelone und er hatte eine unglaublich scharfe Nase. … Sein Schnurrbart half – wie soll ich sagen – seine Nase zu normalisieren. Schnurrbart und Backenbart sorgten für eine harmonische Einbeziehung von Nase und Stirn.“ 219

       „Seine Hände waren groß, flach und ohne Zweifel sehr kräftig. Seine Ohrläppchen hingen großzügig herunter. Achten Sie doch mal auf die Ohrläppchen starker Führungspersönlichkeiten. Seine Haut wirkte düster, was zweifellos an seinem Alter, aber auch an der Gemütsverfassung lag. An den Augenwinkeln hatte er zahlreiche Lachfalten.“ 220

      „Seine Stimme war heiser, so als ob sie von woanders herkäme, weit entfernt, oder von jemand anderem … Oh, er konnte schon kraftvoll sprechen – Heiserkeit – das hatte so was Intimes – eine Art von Nur-wir-beide-Effekt.“ Er ging „sich auf seine Zehen erhebend“, was


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