No worries, too easy. Sabine Koch

No worries, too easy - Sabine Koch


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Die Adresse liegt in einem Villenviertel, gepflegter englischer Rasen, in den Zufahrten und Garagen stehen Jaguar, Rolls Royces und S-Klassen.

      Einen kleinen Hügel hinauf und direkt vor dem Haus ist sogar ein Parkplatz für die Mini-Pistenkuh frei. Sira erwartet uns bereits und geleitet uns ins Wohnzimmer. Es ist eigentlich kein Zimmer, sondern ein offener Wohnbereich. Genial ist die Glasfront zum Ozean hin. Unverbaubare Aussicht. Der Blick schweift über den kleinen Vorort, über den Sandstrand und über schäumende Wellen bis zum Horizont. Sira öffnet das große Fenster und klatscht zweimal in die Hände, wir warten ein paar Sekunden. Kaum zu glauben, ein weißer Kakadu stürzt herbei um sich ein Stück Banane aus ihrer Hand abzuholen. „Das klappt nicht immer, aber wenn er in der Nähe ist und das Klatschen hört, holt er sich ein Stück Obst.“ Inzwischen hat Michael das Telefonat in seinem Büro beendet und kocht Kaffee für alle.

      Sira zeigt uns das Gästezimmer, eine kleine Suite mit eigenem Bad und kleinem Balkon mit Meerblick.

      Die Unterhaltung beim Kaffee mit Michael macht Spaß. Endlich jemand (der Erste), der nicht überängstlich ist und schon einiges selbst gefahren ist.

      Bisher waren die Informationen der Australier wenig brauchbar: „Ihr könnt die Simpson Desert nicht allein durchqueren, ihr braucht unbedingt ein zweites Auto, schließt euch einem Convoy an.“ Wir reisen grundsätzlich allein. Wir werden auch die Simpson Desert allein durchqueren.

      „Ihr braucht unbedingt eine Winch.“ Brauchen wir nicht.

      „Meldet euch bei der Polizei und hinterlasst dort euren Routenplan.“ Wir haben keinen Zeitplan und wenn doch, teilen wir das keinem mit.

      „Passt auf die Schlangen auf.“

      Solche Ratschläge kann man in die Tonne kloppen. Ihr Informationsgehalt ist gleich Null. Michael hingegen ist ein guter Informant, weil er viele Gebiete selbst abseits der Pisten gefahren ist. Von ihm bekommen wir die Infos, die wir brauchen: Wie hoch ist der Durchschnittsverbrauch seines Land Rovers in den unwegsamen Gebieten? Das erleichtert unsere Kalkulation für den Dieselvorrat.

      „Ich habe die GPS-Koordinaten der Camps der Madigan-Expedition, ist es möglich der Expeditionsroute mit einem Geländewagen zu folgen und gibt es dort Wasserlöcher, die nicht in den Detailkarten verzeichnet sind?“ Michael ist gut informiert, engagiert sich in einem Offroad-Club und ist jede freie Minute mit seinem Land Rover TD5 im Busch. Neben den Fakten sind vor allem seine Fotos sehr informativ. Wir können uns nun ein Bild von dem Gelände machen und so das Risiko besser einschätzen. Ähnliche Fragen haben Michael und Sira zu Afrika.

      Manly Sydney Harbour

      Die Glut leuchtet rot in der Dämmerung, Michael legt ein paar Filetsteaks auf den Grill und ein fast schwarz scheinender Rotwein kreist im Glas, in der Ferne rauscht das Meer.

      „Wie kommt man nach Manly?“, frage ich Michael, der wahrscheinlich Anfang 40 ist. „Mein Vater war Kampfjetpilot bei der Bundeswehr und während seiner Dienstzeit sowohl in England als auch in den USA stationiert. Ich wuchs dort zweisprachig auf, zu Hause sprachen wir Deutsch, in der Schule und mit Freunden Englisch.

      Später studierte ich in London Ökonomie, also Wirtschaft. Als Investmentbanker arbeitete ich zunächst in Frankfurt, dann in London und New York. Eine Bank in Sydney machte mir ein gutes Angebot und so kam ich nach Australien. Die Arbeitsbedingungen sind gut, hinzu kommt das angenehme Klima, die Freizeitmöglichkeiten und überhaupt der Lifestyle Australiens. In Sydney kaufte ich meine erste Eigentumswohnung, inzwischen sind noch ein paar dazu gekommen, die alle vermietet sind, und da war es doch nur konsequent, dass wenn ich hier lebe, hier arbeite, hier investiere, auch die australische Staatsbürgerschaft beantrage.“

      Sira ist chinesischer Abstammung, ihr Vater kam als Goldgräber nach Australien und hatte Glück. Ihre Familie besitzt ebenfalls ein paar vermietete Immobilien in Sydney. Sira pendelt zwischen Äthiopien, Brasilien und Guatemala, sie ist Rohkaffeeeinkäuferin für eine Rösterei. Das erklärt auch den guten Kaffee, den wir bei ihr bekommen haben.

      Die Sydney Harbour Bridge

       Sydney, die schönste Stadt der Welt?

      Nein, Sydney ist nicht die Hauptstadt, aber es ist die Stadt, die jeder kennt. Und was kennt man in Sydney? Eigentlich nur das Opernhaus.

      Dabei hat Sydney so viel zu bieten, dass man sich einen Satz Schuhsohlen ablaufen könnte. Man könnte sich den Fischmarkt ansehen, in Chinatown asiatische Spezialitäten probieren, die dort auf engstem Raum angeboten werden. Man könnte durch den Botanischen Garten spazieren, sich im Paddy’s Market über drei Etagen durch billigen Kleinkram, Klamotten und Souvenirs drängen. Man könnte auch was für die Bildung tun, sich das Nationalmuseum ansehen oder das Aboriginal Kunstmuseum oder das Powerhouse Museum. Natürlich auch durch die Kirchen laufen, das Theater und den Zoo besuchen und die Bücher der Stadtbibliothek lesen.

      Interessant wäre vielleicht auch das Rotlichtviertel Kings Cross, zum einen wegen der Mischung aus Bahnhofsviertel und Reeperbahn, aber vor allem weil es hier eine Tiefgarage gibt, in der Traveller ihre gebrauchten Schlitten und andere Reiseausrüstung verscherbeln.

      Wäre unsere Tochter dabei, wäre natürlich das Nationalmuseum Pflicht. Aber so können wir uns auf das Wesentliche konzentrieren: Opernhaus, Harbour Bridge, Skyline und Fish and Chips.

      Bei Sira und Michael sind wir erst nachmittags aufgebrochen. So geht es erst mal darum, in Sydney einen kostenlosen Platz für die Nacht zu finden. „Lass uns zum Zoo fahren, da gibt es bestimmt nachts jede Menge freie Parkplätze“, mutmaßt Sabine. Nur wenige hundert Meter entfernt bietet sich eine bessere Möglichkeit. In einem Ausflugslokal bei Bradleys Head wird Hochzeit gefeiert. Der öffentliche Parkplatz steht voller Autos und mit Sicherheit werden hier in den frühen Morgenstunden, wenn die Feier sich dem Ende neigt, einige mit dem Taxi nach Hause fahren. Unsere Mini-Pistenkuh wird gar nicht auffallen. Von Bradleys Head ist der Blick auf Sydney beeindruckend. Opernhaus, Skyline und Harbour Bridge auf einem Bild. Die Sonne verschwindet unspektakulär im Dunst hinter den Hochhäusern. Das Grau am Firmament wechselt zu Schwarz und immer mehr Lichter erleuchten die Metropole.

      Skyline in der Dämmerung

      Seltsame Hochzeitsfeier oder wird in Australien immer so gefeiert? Die Hochzeit ist pompös aufgezogen, drei schwarze Maserati Limousinen, Fotografen und Filmcrew, doch ab 22 Uhr leert sich der Parkplatz. Eine Stunde später ist unser lila Toyo der einzige Wagen auf der Teerfläche, unsere Tarnung ist abgereist (später erfahren wir, dass viele Restaurants nur eine Öffnungslizenz bis 23 Uhr haben, Feierlichkeiten daher oft sehr früh enden).

      Aber Tarnung wäre gar nicht erforderlich gewesen. Es stört keinen und es kommt keiner, der Parkplatz ist auch von der Straße nicht einsehbar, man (Polizist) müsste schon gezielt fahnden, ob dort jemand die Nacht verbringt. So schlafen wir dort auch die folgenden beiden Nächte.

      Standesgemäßer Parkplatz unter der Harbour Bridge

      Am nächsten Morgen parken wir den Toyo unter der Harbour Bridge. Der Parkplatz ist mit 60 Cent pro Stunde billig und man darf sieben Stunden parken. Von hier kann man zu Fuß über die gigantische Stahlbrücke gehen. 30.000 Tonnen wiegt allein der Stahlbogen, nur zur Vorstellung, das sind etwa 30 komplette Güterzüge. 1923 wurde beschlossen, die Brücke zu bauen. Neun Jahre war das Schlagen der mehr als sechs Millionen Nieten zu hören. Die Brücke sollte aber nicht nur den Hafen überspannen und eine wichtige Verkehrsanbindung


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