No worries, too easy. Sabine Koch
Trauer, nur wenige Monate vor Fertigstellung wurde in New York die Bayonne Bridge eröffnet, und die ist 60 Zentimeter länger.
Natürlich haben wir die Brücke bei der Reiseplanung auf vielen Bildern aus allen möglichen Perspektiven gesehen, aber in Realität ist sie beeindruckender, als wir sie uns vorstellten. Das will was heißen, oft ist die Realität kleiner und „normaler“, als sie von Fotografen dargestellt wird.
Ein paar Treppenstufen bringen uns auf die Brücke und beim Marsch auf die andere Seite haben wir unser nächstes Ziel, das weltberühmte Opernhaus, nur die „Opera“ genannt, immer im Blick. 45 Minuten später stehen wir vor dem Bauwerk mit der weltberühmten Dachkonstruktion.
Ich könnte mir vorstellen, dass es das Bauwerk ist, das Architekten und Bauherren die meisten schlaflosen Nächte bereitet hat. Sechs Jahre sollte der Bau dauern. Fünf Jahre dauerte es allein, die Dachkonstruktion zu planen und zu berechnen. Bei Baubeginn war keinem der Verantwortlichen klar, ob man das Dach überhaupt so bauen kann, wie es sich der Architekt vorstellte. Irgendwann gingen wohl die Nerven durch und man hat den 37-jährigen dänischen Architekten gefeuert. Sein berühmtes Bauwerk hat Jørn Utzon nie gesehen. Als man ihn rausschmiss, verließ er Australien und kehrte nie mehr zurück. Statt sechs baute man 15 Jahre, und die Hiobsbotschaften der Kostensteigerung werden den Stadtkämmerer wohl oft nachts senkrecht im Bett stehen lassen haben. Die Baukosten lagen 14 mal so hoch wie veranschlagt. Einwände wegen der Kosten wurden als Knickrigkeit bezeichnet.
Das Sydney Opera House
Wir könnten jetzt auf die Plattform des AMP Centrepoint Tower fahren und in 173 Metern Höhe eine Rundum-Aussicht über die Hochhäuser der Stadt genießen. Ja, könnte man machen, wir laufen jedoch zurück zu Millers Point, wo der kleine Toyota auf uns wartet. Unterwegs ein verlockendes Angebotsschild: “Only today, Fish and Chips five Dollar, take away.”
Okay, das nehmen wir mit. Kurz später sitzen wir mit zwei Riesenfischfilets und einem gigantischen Berg Pommes auf einer Parkbank vor unserem Auto. Im Blick die Skyline, Opera und Harbour Bridge. Sydney ist eine der schönsten Städte, die wir bisher gesehen haben, vielleicht die schönste Stadt der Welt. Ob die Bewohner von Sydney das wissen? Ahnen tun sie es bestimmt.
Aber die Stadt hat auch Schattenseiten. Diese Schattenseiten werden mit Videokameras bewacht und davon scheint es viele zu geben. Ständig haben wir das Gefühl, beobachtet zu werden, weil gerade irgendwo eine Kamera schwenkt. Und es ist tatsächlich so: Während wir unseren Fisch verdrücken, klettert ein junger Mann vielleicht Mitte zwanzig auf das Dach des Fähranlegers und macht einen Kopfsprung ins Hafenbecken. Vier Minuten später erreichen drei Polizeiwagen, aus unterschiedlichen Richtungen kommend, fast zeitgleich den Tatort und nehmen den Mann mit. Der Kopfsprung hat keine Minute gedauert, aber die Polizei kriegt es mit.
Auf Parkplätzen der Innenstadt ist die Parkzeit oft begrenzt, zum Beispiel auf zwei Stunden.
„Brauche ich eine Parkscheibe oder lege ich einen Zettel mit der Uhrzeit hinter die Scheibe?“, fragte ich beim ersten Mal noch irritiert einen Passanten. „No worries, stell dein Auto einfach ab, der Platz wird videoüberwacht und nach zwei Stunden wirst du abgeschleppt. Die Stadtverwaltung weiß genau, wie lange welches Auto wo steht. Too easy.“
Ihr werdet es mir nicht glauben, aber ich habe in Australien noch nie falsch geparkt. Die Strafen sind drastisch. Parkzeitüberschreitung in Brisbane: 160 Dollar. Kein Parkticket gelöst: 200 Dollar. Auf die Harbour Bridge geklettert: 3000 Dollar. Hundekot im Park nicht aufgesammelt: 500 Dollar. Die Strafen werden bei jedem Verbots- oder Gebotsschild gleich mit angeschlagen. Macht Eindruck, aber ich trete lieber mal in Hundescheiße, als durch einem Park zu laufen, wo jeder Hund beim Kacken videoüberwacht wird.
Historisches Schiff
Alles unter Wasser
Nach tagelangem Dauerregen zurück an der Küste
Alles unter Wasser
Wir verlassen Sydney. Wieder bietet sich die Alternative, entweder die touristische Route entlang des Ozeans oder die abenteuerliche Route über die Great Dividing Range mit ihren riesigen Waldgebieten zu wählen. Strand und Ozean reizt uns nicht so sehr, also fällt die Entscheidung für den Dschungel. Das heißt, bevor die Kompassnadel das große S zeigt, fahren wir erst einmal knapp 200 Kilometer nach Westen. Graue Wolken hängen tief am Horizont und bald ziehen wir eine Gischtfahne hinter uns her. Der Scheibenwischer läuft auf Stufe zwei. Es ist der Beginn von tagelangem Dauerregen. Von wegen trockenster Kontinent. Wenn es mal eine halbe Stunde nur nieselt, statt zu schütten, hebt das gleich die Stimmung. In unserem kleinen Wohnmobil läuft das Kondenswasser innen an den Scheiben runter, die Handtücher trocknen nicht mehr, alles wird klamm und feucht. Vier Tage warten wir auf einer Lichtung im Wald auf besseres Wetter. Dann noch einmal drei Tage auf einem Caravan Park, aber nichts ändert sich. Dummerweise habe ich den Regenschirm, den unser Vorbesitzer im Land Cruiser gelassen hatte, gleich am ersten Tag weggeschmissen. „Den brauchen wir nie“. Jetzt habe ich bei BIG W einen neuen gekauft.
Schade, wir haben in einem Bildband so tolle Bilder von den „Three Sisters“, einer Felsformation ganz in der Nähe, gesehen, jetzt ist alles grau und in Nebel gehüllt. Nach sieben Tagen endet der Regen, der Nebel steigt auf, die Sonne scheint. Was tut das gut. Lüften, Bettzeug trocknen und ein paar Bilder von den „Three Sisters“ gelingen auch. Abends schüttet es schon wieder. Egal, jetzt reicht’s, wir setzten die Reise fort. Es geht über schlammige Waldwege, dem Land Cruiser macht’s Spaß und was dem Cruiser Spaß macht, gefällt auch uns. An den Stellen, wo wir unbedingt fotografieren wollen, warten wir mehrere Tage für ein paar Sonnenstrahlen, so zum Beispiel an den Kanangra Walls.
Die Three Sisters in den Blue Mountains
Blick in die Tiefe an den Kanangra Walls
Kanangra Walls
An der senkrechten Abbruchkante des Boyd Plateaus bietet sich ein spektakulärer Blick in die Schluchten und Canyons des Sandsteingebirges der Blue Mountains. Die Berge erscheinen tatsächlich blau, was auf die ätherischen Öle zurückzuführen ist, die die an den Hängen wachsenden Eukalyptuswälder an die Luft abgeben; diese Öle reflektieren das Blau des Himmels.
Die Nachrichten im Radio werden von Stunde zu Stunde dramatischer. Niederschlagsmengen werden bekanntgegeben und Ortschaften genannt, deren Bewohner sich zur Evakuierung vorbereiten müssen. Die Flüsse im Tal treten über die Ufer und die flachen Ebenen laufen voll Wasser. So gesehen, geht es uns hier oben auf dem Gebirgskamm ganz gut. Kein Australier hat zu dieser Jahreszeit solche Regenmassen erlebt. Normalerweise ist jetzt die Zeit der höchsten Waldbrandgefahr. Viele Waldgebiete werden dann gesperrt und einzelne Gehöfte vorsorglich wegen der Feuergefahr evakuiert. Jetzt stehen alle Indikatoren auf grün, das heißt, man darf im Wald sogar Lagerfeuer entzünden.
Infotafeln über das aktuelle Waldbrandrisiko
In Australien zeigen Tafeln die Waldbrandgefahr in sieben Stufen an. Jede Farbe bedeutet bestimmte Verhaltensregeln. Zum Beispiel grün: Waldbrandgefahr sehr gering, man darf fast überall Feuer machen, bis hin zu rot: katastrophal hoch, niemand darf in den Wald, und diejenigen, die ihre Häuser oder Wochenendhäuser im Wald haben, müssen diese verlassen. In den Ortschaften sind Schweißarbeiten und grillen auf Gas oder Kohle verboten.
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