Christina sucht das Paradies auf Erden. Christina de Buhr

Christina sucht das Paradies auf Erden - Christina de Buhr


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Sie fragt sich, warum zwei Menschen zusammenleben, wenn sie sich gar nicht lieben. Auch sie selbst fühlt sich von ihrem Vater nicht angenommen und geliebt.

      Doch ein kleiner Unfall ist die Ursache dafür, dass der Vater auf einmal seiner Tochter doch mehr Aufmerksamkeit zukommen lässt.

      Sein ganzer Stolz ist sein Motorrad. Das lehnte immer im Hof an der Veranda. Vor zwei Wochen verursachte dieses Motorrad eine Tränenflut ihrer Mutter. Sie wusste, dass Christina im Hof spielte. Auf einmal hörte sie ein Krachen und Bersten. Angstvoll lief sie schnell nach unten. Erst einmal war sie erleichtert, dass Christina gesund vor dem Motorrad stand. Doch dann stockte ihr der Atem. Sie sah, dass das schwere Motorrad umgefallen war. Doch zur anderen Seite. Als die Mutter sich aber vorstellte, in welcher Gefahr ihre Tochter sich befunden hatte, fing sie laut an zu weinen. Sie konnte gar nicht mehr aufhören.

      Christina ging erschrocken zu ihrer Mutter und bat um Aufklärung: „Liebste, liebste Mutti, bitte sage mir, warum Du so weinen musst. Ich habe doch gar nichts getan. Auch Papa ist doch gar nicht da.“ Sie fing auch an zu weinen.

      Mit einem kleinen Lächeln und mit Tränen in den Augen hatte ihre Mutter sie ganz fest umarmt. „Ich bin so froh, dass DIR nichts passiert es. DU könntest jetzt tot sein, wenn das Motorrad auf DICH gefallen wäre.“

      Als der Vater nach Hause kam, erzählte die Mutter ihrem Mann, was passiert war. Sie bat ihn: „Bitte Carl, stelle das Motorrad in den Schuppen. Frage Herrn Kaufmann, ob DU den Schuppen mieten kannst. Dann habe ich eine Sorge weniger.“

      Der Vater hatte auch erschrocken auf Christina geschaut und sie umarmt. Er hatte gemeint: „Ja, Christina, jetzt glaube ich fast, dass ein Engel auf DICH aufgepasst hat. Auch wenn ich bis jetzt nicht an solchen Unsinn geglaubt habe.“

      Dann hatte er sie nachdenklich gefragt: „Gibt es etwas, worüber DU DICH sehr freuen würdest?“

      Christinas Antwort:

      „Ich würde gern mit DIR zusammen DEIN Motorrad putzen.“

      Ganz erstaunt registrierte damals der Vater ihren Wunsch. Er hatte sie so innig an sich gedrückt, was ihn selbst und auch seine Tochter überraschte, und gab zur Antwort: „DEIN Wunsch ist mir Befehl.“

      Dieser Wunsch wird Christina nun öfters gewährt. Irgendwie ist der Vater jetzt liebevoller zu ihr.

      Christina genießt diese Zuneigung und das Miteinander mit ihrem Vater. Einträchtig wird das Blech von dem Motorrad ausgiebig von BEIDEN poliert.

      Der Vater sagt nie viel. Aber Christina fühlt sich in dieser gemeinsamen Zeit von ihm angenommen. Er behandelt sie nicht mehr wie ein kleines Mädchen.

      Ihr Geist und ihr Körper sendet ihr im Moment keine Warnsignale.

      4

       CHRISTINA IST FÜNF JAHRE – 1954/55

       SIE BESINNT SICH AUF DEN SINN IHRES LEBENS

      Im Dezember 1954 fühlt sich Christina von Claudia und ihren Eltern verletzt. Sie hatte gemerkt, dass ihre Eltern nicht mehr so einverstanden waren damit, dass sich Claudia fast jeden Abend um sie kümmerte. Trotzdem sie durch ihre Freundin so schnell sprechen und noch vieles anderes gelernt hat. Als ob ihre Eltern eifersüchtig waren. „Warum ist Claudia nicht ehrlich zu mir?“, fragt sie sich. Christina spürt, dass sie etwas bedrückte. Aber was? Claudia kam jetzt nur noch einmal in der Woche.

      Nach ihrer Arbeit. Diese Stunden waren dann immer besonders schön. Trotzdem vermisste sie Claudia an den anderen Tagen. Sie fühlt in sich eine tiefe Traurigkeit. Sie fragt sich:

      „Was ist die Ursache dafür?“

      Sie überlegt: „Gott hat versprochen, mir sofort ein SOS-Zeichen zu schicken, wenn ich von meinen gewünschten Weg abdrifte. Wenn also die Gefahr besteht, dass ich von meinem Kurs abweiche. Soll ich eventuell nicht mehr so viel mit meiner Freundin zusammen sein?“

      Sie grübelte mehrere Tage.

      Auf einmal bekommt Christina hohes Fieber. Sie liegt nicht im Bett, sondern auf dem Sofa. Ihr Blick fällt immer auf die Wand, wo ein Bild von ihr hängt. Sie hat einen Mantel, eine Mütze und Stiefel an. In der Hand hält sie einen Besen. Sie sieht sich nun im Bild bewegen. Sie fegt die Straße. Sie denkt: „Ja, das ist besser, als mit Fieber auf dem Sofa zu liegen.“

      Es wird um sie herum dunkel. Auf einmal merkt Christina, dass sie sich wieder auf dem Sofa befindet. Sie spürt, dass ihr Vater sie berührt. Er prüft ihre Temperatur. Sie hört, wie er sich mit ihrer Mutter unterhält: „Sie hat immer noch Fieber.

      Die Kleine muss sofort abgehärtet werden. Nur kalte Wickel können ihr helfen. Bringe mir kaltes Wasser und die Bandagen.“

      Sie hört ihre Mutter antworten: „DU tötest sie noch mit DEINEN Männermethoden. Sie ist ein Mädchen. Nur, weil DU DIR immer einen Jungen gewünscht hast, ist das kein Grund, sie als Jungen zu behandeln. Ich helfe DIR ganz bestimmt nicht.“

      Ihr Vater wird zornig. Wie so oft. „Was ist denn mit DIR los?

      Ich glaube, ich werde nun andere Methoden aufziehen. DU bist doch zu nichts nütze. Hau bloß ab, sonst scheuer ich DIR noch eine. Gehe aus meinen Augen. Ich schaffe das auch allein.“

      Er geht in die Küche. Die Mutter verschwindet ängstlich aus dem Wohnzimmer. Christina freut sich aber, dass die Mutter sich verbal, sprachlich, gewehrt hat. Sonst war sie immer stumm und gehorsam.

      Der Vater kommt nun mit der Schüssel eiskaltem Wasser zurück. Er umwickelt Christinas Körper mehrmals mit den nassen Wickeln. Zwischendurch streichelt er Christina. Nun ist er mit dem Ergebnis zufrieden. Er zieht ihr einen warmen Schlafanzug an. Christina fühlt sich nicht mehr so fieberig und kann nun klarer denken: „Eigentlich meint mein Papa es doch gut.

      Vielleicht mag er mich doch, trotzdem ich nur ein Mädchen bin.

      Er freut sich doch immer, wenn ich mit ihm sein Motorrad putze. Aber warum meine Mutter sich nicht von ihm trennt, wird mir immer ein Rätsel bleiben. Sie lässt sich alles von ihm gefallen und reagiert ja so ängstlich, als ob sie abhängig von ihrem Mann ist.“

      Auf einmal merkt Christina ganz bewusst, was sie gerade gedacht hat. Als ob dieser Gedanke auf sie zugekommen ist. Sie denkt: „ABHÄNGIG. Das ist schon in allen meiner Leben auf der Erde mein Zauberwort gewesen. Nie von einem Lebewesen abhängig zu sein, habe ich mir stets als Aufgabe ausgesucht.

      Leider habe ich dieses Ziel nie ganz erreicht.

      Ganz bewusst spricht sie nun zu sich selbst: „Also, ich, Christina, bin nicht traurig, dass ich Claudia loslassen soll, sondern ich bin glücklich, das ich durch diese Freundin so viel lernen durfte.“

      Sehr nachdenklich und dann vor sich hin nickend:

      „Ja, nun ist es soweit, dass auch andere Menschen mich als Lehrer begleiten sollen. Das sollte mir das Warnsignal, das Fieber, sagen.“

      Christina fühlt sich auf einmal gesund. Entschlossen verlässt sie das Sofa und sucht ihre Mutter. Ganz aufgeregt fragt sie diese: „Mutti, darf ich schnell Claudia besuchen? Ich habe ihr etwas ganz wichtiges zu sagen!“

      „Christina, (sagt die Mutter entschieden) DU weißt doch, dass sie so beschäftigt ist. Wir haben DIR doch erklärt, dass sie wirklich nur einen Tag in der Woche noch für DICH Zeit hat.“

      Sie empört sich. „Wieso bist DU überhaupt aufgestanden? Lege DICH sofort wieder hin.“

      Christina denkt: „Jetzt werde ich ganz lieb sein.“

      Sie schaut ihrer Mutter zärtlich in die Augen: „Liebste, liebste Mutti, DU hast mich so sehr umsorgt, dass ich mich wieder ganz gesund fühle. Gerade eben ist mir klar geworden, dass ich außer Claudia gar keine anderen Freunde habe. Weil ich zu oft mit ihr zusammen bin. Ich möchte Claudia fragen, ob sie nicht zu traurig ist, wenn wir uns nicht mehr jede Woche sehen. Jeder von uns hat dann Zeit, auch noch andere Freunde zu finden.“

      Sie fängt


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